Hamburg: 5000 Menschen auf der Straße gegen Verschwörungsideologien und für eine solidarische Corona-Politik

Am 15.1. haben in Hamburg bis zu 5000 Menschen gegen die Querdenker*innen demonstriert, die seit einigen Monaten wöchentlich Großdemos und kleinere „Spaziergänge“ in der Stadt veranstalten. Zur Demo aufgerufen hatte das Hamburger Bündnis gegen Rechts unter Beteiligung unter anderem der DGB-Gewerkschaften und der Partei DIE LINKE. Im Rahmen ihres Hygienekonzepts war die Demo in verschiedene Blöcke unterteilt, die unter anderem von der IL, den Omas gegen Rechts, dem DGB, der LINKEn, einem autonomen Antifabündnis und Fridays for Future gestellt wurden.

Die Demo begann um 12:30 am Dammtorbahnhof und lief von dort auf direktem Weg zum Jungfernstieg. Entlang dieser sehr kurzen Route gab es zwei Zwischenkundgebungen, so dass die Demo deutlich öfter stand als sich zu bewegen. Dadurch fiel es phasenweise nicht leicht, kämpferische Stimmung zu erzeugen. Sinn dieser Route war ursprünglich, möglichst lange an bzw. auf der üblichen Route der Querdenker*innen zu bleiben und ihnen so den Raum zu nehmen. Da die Querdenker*innen aber wegen eines Verbots gar nicht versuchten, durch die City zu laufen wäre vielleicht sinnvoll gewesen, die Route etwas zu verlängern.

In zahlreichen Reden wurde neben Verschwörungsideologien und Impfgegnertum auch die Corona-Politik der Bundesregierung und allgemein der Umgang mit der Pandemie unter kapitalistischen Bedingungen kritisiert. Redner*innen vom Verband Demokratischer Ärztinnen und Ärzte und von der Poliklinik Veddel sprachen über die Profitorientierung des Gesundheitssystems, in Beiträgen von Medico International und dem Asta der Uni Hamburg wurde die Aufhebung der Patente für Corona-Impfstoffe gefordert. Für einen großen Teil der Demo waren die Reden wegen der Masse der Teilnehmer*innen und der notwendigen Abstände leider kaum zu hören.

Wir als SAV verteilten Flyer auf der Grundlage unserer aktuellen Statements gegen Querdenken und forderten mit Schildern kostenlose PCR-Tests und FFP2-Masken für alle, die Aufhebung der Impfstoffpatente und die Überführung der Pharmaindustrie und des Gesundheitswesens in die öffentliche Hand.

Versammlungsverbot: Verwirrung unter Linken

Der Hamburger Landesverband der LINKEn hatte nach dem Verbot der Querdenkerdemo erklärt, dass präventive Versammlungsverbote abzulehnen sind und gefordert, stattdessen die Hygieneauflagen gegen die Querdenker*innen durchzusetzen. Darauf reagierten manche Linke auf Twitter mit einem Shitstorm und behaupteten, durch die Kritik am Demoverbot solidarisiere sich die Partei mit den Schwurbler*innen – obwohl sie selbst zur Gegendemo aufrief. Diese Kritik zeigt zunehmende Verwirrung in Teilen der linken Szene über die Rolle des Staates und der Polizei. Aufgabe von Linken ist nicht, Verwaltung und Polizei aufzufordern die Aktionen der Querdenker*innen zu verbieten. Es ist absehbar, dass solche Verbote genutzt werden um in Zukunft Repression gegen Linke zu rechtfertigen. Schon am 1. Mai 2021 gab es in Hamburg ein präventives Verbot fast aller Demos und Kundgebungen „wegen Corona“. Dass die Cops nicht unsere Freund*innen und Helfer*innen sind, haben sie auch am 15.1. wieder gezeigt, als sie den Antifa-Block einkesselten und kurz vor Ende der Route versuchten, die Demo zu spalten und die Situation zu eskalieren. Erst nachdem klar wurde, dass der vordere Teil der Demo nicht weiter gehen würde und der Block sich nicht provozieren ließ zogen sie sich zurück.

Im letzten Redebeitrag der Demo ging das Hamburger Bündnis gegen Rechts selbst auf die Kritik am Verbot ein und betonte zu Recht, dass wir uns beim Kampf gegen Verschwörungsideolog*innen und Rechte nicht auf den Staat verlassen können, sondern selbst aktiv werden müssen.

Nach mehreren Monaten mit sehr wenigen sichtbaren linken Aktivitäten war die große Demonstration ein guter Schritt in diese Richtung.