TV-L: Streikbereit!

Seit unserer letzten Tarifrunde sind die Preise um 13,5% gestiegen. Ob Lebensmittel, Energie oder Mieten – viele von uns können sich schon jetzt nicht mehr das „normale Leben“ leisten, von notwendigen Anschaffungen oder gar Urlaub mal ganz abgesehen. Unsere Kernforderung nach 10,5% Lohnerhöhung (mindestens 500€) ist so gesehen schon ein Kompromiss und die volle Durchsetzung für viele von uns bittere Notwendigkeit.

Dieser Text wurde von SAV-Mitgliedern im öffentlichen Dienst geschrieben und wird auf den Warnstreik-Demos als Flyer verteilt.

Gleichzeitig sehen und hören wir von Arbeitgeberseite das Übliche: Es sei kein Geld da, die Kassen seien leer, man könne nix machen. Nein, eigentlich ist es noch dreister: Während ein Sondervermögen von 100 Milliarden für Aufrüstung in Nullkommanix beschlossen werden konnte sagen uns die Arbeitgeber „Krieg macht alle arm“ – als könnte man nicht googlen, welche Unsummen die Rüstungskonzerne an der Aufrüstung und die Supermarktketten an den Preiserhöhungen der letzten zwei Jahre gescheffelt haben. Und dann ist es unser Problem, wenn der Staat solche absurden Privatprofite nicht ausreichend besteuert, um öffentlichen Angestellten vernünftige Löhne zu bezahlen? Wir verstehen: Panzer und Profite sind hier wichtiger als Daseinsvorsorge und Kindererziehung.

Hohngeldangebot? – Unsere Antwort: Streik!

Aber Verhandlungsführer Dressel hat den Vogel abgeschossen, als er Beschäftigten aus dem SuE-Bereich den netten Tip gegeben hat, doch Wohngeld zu beantragen, wenn das Geld nicht zum Leben reicht. Einen Vorteil hat das Ganze: Der „Hohngeldvorschlag“ hat vielen Kolleginnen gezeigt, was wir den Arbeitgebern wert sind und direkt zu einer sichtbar höheren Streikbeteiligung geführt. 2000 Kolleg*innen vor der zweiten Verhandlungsrunde in Potsdam, 4000 statt erwarteten 1500 beim Streik in Hamburg am 7.11., 50% der Berliner öffentlichen Kitas dicht am 2.11… wir Kolleg*innen sind streikbereit!

Nicht auseinanderdividieren lassen!

Aber es gibt zwei sehr konkrete Gefahren in der Tarifrunde: Schon in der TVöD-Tarifrunde haben wir gesehen, dass die Arbeitgeberseite gerne Sonderzahlungen (“Inflationsprämie”) vereinbaren möchten, die keine tabellenwirksamen Erhöhungen sind. Was heißt das? Dass wir ein paar Monate lang Einzelzahlungen bekommen, die uns als “x Euro mehr im Monat” verkauft werden – in Wahrheit aber bedeuten, dass wir am Anfang der nächsten Tarifrunde mit noch abgehängteren Armutsgehältern starten.

Vor allem aber kann es sein, dass die Arbeitgeber versuchen werden, uns auseinanderzudividieren. Es gibt in der Tarifrunde mehrere Forderungen, die Einzelbereiche betreffen. So sind viele Kolleg*innen motiviert, für eine Stadtstaatenzulage von 300€ zu kämpfen – nachvollziehbar, weil man sich z.B. bei einem Hamburger Gehalt in Hamburg quasi keine Wohnung leisten kann und viele Kolleg*innen in den (ohnehin tariflich besser bezahlten) TVöD im Umland abwandern. Aber z.B. Städte wie Stuttgart oder Freiburg, die keine Stadtstaaten sind haben teilweise ähnlich hohe Mieten. Und man kann sich sehr gut vorstellen wie Dressel sagt „na gut, wenn wir eine Stadtstaatenzulage zahlen dann können wir aber in den ersten x Monaten nicht tabellenwirksam erhöhen oder keinen TVStud abschließen“. Deswegen ist es zentral, dass wir keine Kompromisse bei der Gesamtforderung und der Laufzeit zulassen, die uns alle betreffen, egal wo wir wohnen.

Was ist eigentlich dieser TVStud?

Halt: Leider bis jetzt nicht wirklich alle: 300.000 studentische Beschäftigte an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen haben, außer in Berlin, bis jetzt keinen Tarifvertrag. Und das heißt nicht nur teilweise ein absurd niedriges Gehalt, das heißt vor allem: Fast keinen arbeitsrechtlichen Schutz, miserable Mitbestimmungsrechte und häufig keine Weiterbeschäftigung  während der Semesterferien! Deswegen kämpfen wir für die Aufnahme der studentischen Beschäftigten in den TV-L – und sind begeistert von den energischen Streikbeteiligungen der studentischen Kolleg*innen nicht nur an Hochschulaktionstagen wie am 20.11. sondern bei all unseren Streiks. Wir stehen zusammen!

Branchenübergreifend Organisieren, Erzwingungsstreiks vorbereiten 

Aber ob allgemeine TV-L oder TVStud: Wir müssen wissen, dass zwei oder drei Warnstreiktage nicht ausreichen werden um die Arbeitgeber in die Knie zu zwingen. Gerade weil unsere verbeamteten Kolleg*innen nicht streiken dürfen, müssen wir jeden Streiktag nutzen um mehr Kolleg*innen in die Gewerkschaft zu bekommen. Die Kolleg*innen der Uni-Kliniken in NRW haben mit ihrem 11-wöchigen Streik für einen Tarifvertrag Entlastung (TVE) letztes Jahr beeindruckend gezeigt, was Entschlossenheit, Streikdemokratie und Durchhaltevermögen bewirken können. In der letzten TVöD-Tarifrunde sind über 100.000 Kolleg*innen neu eingetreten – das sollte uns alle motivieren, heute ein paar Mitgliedsbögen mitzunehmen. Und gerade für Kolleg*innen, die den Mut zu streiken erst finden müssen, braucht es große und gemeinsame Mobilisierungen statt einer Streiktaktik der vielen kleinen Nadelstiche. 

Auch gemeinsame Streiktage mit den Kolleg*innen im Handel und der Bahn würde unsere Kraft erhöhen. Denn wie auch die Kolleg*innen im Hamburger Hafen bei ihrem wilden Streik gegen den Verkauf der HHLA gezeigt haben: Solidarität ist unsere größte Stärke und unsere schärfste Waffe.

Wir haben etwas Besseres verdient!

Schon in dieser Tarifrunde haben sich viele Kolleg*innen dafür ausgesprochen, die Forderung nach einem Indexlohn aufzustellen. (Einer automatischen Anpassung unserer Löhne an die Inflation, wie sie z.B. in Belgien gesetzlich verankert ist). Aber wir von der SAV kämpfen auch außerhalb von Tarifrunden für eine bessere Gesellschaft als den Kapitalismus. Eine Gesellschaft, in der nach den Bedürfnissen der Beschäftigten und nicht nach Profitmaximierung gehandelt wird. In der wir nicht alle Jahre wieder dafür streiken müssen, dass es überhaupt eine vernünftige öffentliche Daseinsvorsorge gibt. In der die ganzen verrückten Privatisierungen unseres Gesundheitswesens oder unserer Bildungssysteme endlich Geschichte sind. In der Geschlechtergerechtigkeit entstehen kann, weil es mehr Ressourcen für die gesellschaftliche Organisierung von Erziehung, Bildung, Haushalt usw.  gibt. Und der Kampf für diese Gesellschaft hört nicht auf, wenn wir unseren Tarifvertrag unterschrieben haben. Wenn du mit uns gemeinsam dafür aktiv sein willst: Meld dich bei uns und mach mit bei der SAV!