Kanada – Notstandsgesetze gegen rechte Proteste

Von Nils Ellerbrock, Hamburg

Die Konvoi-Proteste begannen am 22. Januar, dem Tag, an dem die Impfpflicht für den Grenzverkehr verpflichtend wurde. Einige Tage später erreichten die LKWs Ottawa und blockierten Teile der Innenstadt. Auch in anderen Städten kam es zu ähnlichen Protesten, welche sich aber nicht festsetzen konnten. Anders sah dies an vier wichtigen Grenzübergängen zwischen Kanada und den USA aus. Unter anderen wurde auch die Verbindung nach Detroit blockiert. Über diese werden 25% des Grenzhandels abgewickelt. Dies führte zu Produktionsdrosselungen in mehreren Autowerken in den USA. Als Reaktion darauf holte die überforderte Regierung Notstandsgesetze aus der Mottenkiste. Alle Blockaden wurden bis Mitte Februar von der Polizei geräumt.

Rechts beeinflusst 

LKW-Fahrer*innen machen nur einen Teil der Protestierenden aus, viele haben sich auch gegen diese Proteste gestellt. Gesichert ist allerdings, dass rechte Kräfte einen großen Einfluss auf diese Bewegung haben. Sowohl in den Protesten als auch unter den Unterstützenden. In Ottawa selbst wurden nicht nur Flaggen von rassistischen Gruppen und Hakenkreuze gesichtet, auch einige der Organisator*innen sind als Rechtsextreme bekannt. Hinzu kommen Schilderungen von Schikanen gegenüber Frauen und erkennbaren Minderheiten durch Protestteilnehmer*innen.

Auch eine große Crowdfunding-Kampagne, bei der über acht Millionen US-Dollar gesammelt wurden, offenbart, woher die Unterstützung kommt. Die Daten zeigen unter US-amerikanischen Unterstützer*innen, welche 55% ausmachten, große Überschneidungen zu Trump-Unterstützer*innen.

Gefahr Notstandsgesetze

Die Aktivierung der Notstandsgesetze zeigt, wie überfordert die Regierung mit der Situation ist.  Einerseits ist es fraglich, ob die Lage überhaupt ausreicht, einen Notstand auszurufen, da eigentlich eine ernsthafte Bedrohung von Sicherheit, Gesundheit oder Leben vorliegen müsste. 

Die Folgen sind dafür umso weitreichender. Mit diesem Gesetz ist unter anderem das Recht zu Protestieren eingeschränkt. Festgenommene können zu erhöhten Gefängnisstrafen verurteilt werden. Auch wird es von der Regierung verwendet, um die Konten von Unterstützer*innen einzufrieren und die Versorgung der Ausharrenden einzuschränken.

Es kann davon ausgegangen werden, dass nachdem dieses Gesetz einmal genutzt wurde, es auch in Zukunft gegen andere Proteste und Bewegungen genutzt werden wird. Zum Beispiel gegen indigene Gruppen, die sich mit zivilem Ungehorsam gegen neue Pipelineprojekte in ihren Gebieten wehren.

Wie werden die Proteste enden?

Ottawa wurde mittlerweile von der Polizei durch 100 Checkpoints abgeriegelt, der öffentliche Nahverkehr wurde eingestellt und die Organisator*innen sowie die letzten Blockierer*innen verhaftet. Die Polizei hat die Blockade aufgelöst und Teile der Stadt abgeriegelt. Die Rechten werden weiter die angeblichen mangelnden Freiheiten in Kanada monieren, obwohl auch dort ein Ende der meisten Corona-Maßnahmen angekündigt wurde, während sich die Anwohner*innen freuen, dass die Belagerung ihrer Stadtteile endlich ein Ende hat.

Einzelne Beispiele aus Toronto und Vancouver zeigen, wie Proteste auch zu stoppen gewesen wären: Hier versammelten sich größere Gegendemonstrationen, um die heranrollenden Konvois aufzuhalten und ihre Solidarität mit Beschäftigten im Gesundheits- und Pflegebereich auszudrücken. In Ottawa ist dies nicht passiert, was dazu führte, dass es dort nur bei einem Machtspiel zwischen Rechten und der Regierung geblieben ist.