Eine Hitzewelle ist nicht sexistisch – der Kapitalismus schon

Flutwellen, Wirbelstürme, Dürren Klimaextreme unterscheiden nicht, wen sie treffen. Aber sie treffen verschiedene Teile der Gesellschaft unterschiedlich hart.

Von Verena Saalmann, Müllheim

Die reichsten Menschen der Welt arbeiten daran, neue Lebensräume im Weltall zu schaffen. Als Refugium, wenn die Erde unwirtlich werden sollte. Damit praktizieren sie im Extrem, was jetzt schon auf der Welt passiert: Es rette sich, wer kann.

Durch Extremwetter werden ganze Regionen schwer bewohnbar. Sie vertrocknen durch Dürren, versinken in Fluten oder im oder werden durch Waldbrände vernichtet. Wer es sich leisten kann, schützt sich vor diesen Folgen der Klimakrise, etwa durch stabilere Häuser in höheren Lagen, oder einen Umzug in weniger gefährdete Regionen. Die meisten Menschen, wie einfache Bäuer*innen und Arbeiter*innen, haben diese Möglichkeit in der Regel nicht.

Frauen als Versorgerinnen der Klima-Opfer

Frauen leiden noch stärker unter den Folgen der Klimakatastrophe. Der Sexismus, der sie ohnehin benachteiligt, wird in der Klimakrise zu einem tödlichen Handicap: 2004 starben bei einem Tsunami in Asien 5 mal so viele Frauen als Männer.

In vielen Ländern ist traditionelle Frauenkleidung so geschnitten, dass sie sich schlecht schnell darin bewegen können. Aufgrund ihres oftmals geringeren Einkommens leben Frauen öfter in Behausungen, die nur geringen Schutz gegen Naturkatastrophen bieten. Sie sind für die Pflege von Alten, Kranken und Kindern zuständig, und können mit diesen nur langsam oder gar nicht fliehen. Dasselbe gilt für Schwangere, wenn sie z.B. höher liegende Gebiete erreichen müssen.

Wenn bei Dürren die Wasserquellen versiegen, sind es meistens die Frauen und Mädchen, die in armen Regionen zum Wasserholen noch weitere Strecken zurücklegen müssen. Die Wege sind gefährlich, und je länger sie werden, desto höher steigt das Gewaltrisiko.

Liegt die Schule zu weit, endet für viele Mädchen die Schulzeit, stattdessen müssen sie die Familie mitversorgen. Vor allem, wenn es gilt, Kranke zu versorgen, die infolge von Umweltschäden verletzt werden oder erkranken. Wenn Wasser durch den steigenden Meeresspiegel, Überschwemmungen oder andere Umweltprobleme verschmutzt wird, kommt es häufig zu Durchfallerkrankungen.

Hitze macht besonders den Schutzbedürftigen der Gesellschaft zu schaffen: Alten Menschen, kleinen Kindern und Kranken drohen Überhitzung, Dehydrierung und andere gesundheitliche Probleme bis hin zum – im schlimmsten Fall der Tod.

Wird die Nahrung knapp – sei es durch Dürren, Starkregen oder Überschwemmungen – sind es wiederum oft die Mädchen und Frauen, die zuerst hungern. In vielen Regionen dürfen sich Männer beim Essen traditionell zuerst bedienen ihr Wohlergehen hat gesellschaftlich mehr Wert. Hunger führt auch dazu, dass die Zahl der Kinderehen steigt – teils, weil die Familie im Austausch für das Mädchen Vieh erhält, teilweise, weil die Familie auf einen Ernährer für das Mädchen hofft. Oder einfach nur, damit eine Esserin weniger im Haus ist.

Frauen und Kinder zuletzt

In vielen armen Regionen ist es Männern möglich, in eine Stadt zu gehen, oder zum Beispiel eine Arbeit in einer Mine anzunehmen, wenn ihr Heimatort unwirtlich wird – Frauen sind wegen ihrer traditionellen Rolle jedoch oft mit den Kindern an den Heimatort gebunden. In 31 Ländern der Welt haben die Ehemänner sogar das Recht, zu entscheiden, wo sich die Ehefrau aufhält. So ist es Frauen oft nicht möglich, ihre unwirtliche Heimat legal zu verlassen. Dennoch sind 80% der Menschen, die vor der Klimakrise fliehen, Frauen. Viele mit ihren Kindern, um die sie sich kümmern müssen. Sie sind besonders von Gewalt und Menschenhandel bedroht.

Auch in Flüchtlingsunterkünften und -lagern sind sie besonders betroffen. Ein Mangel an Hygiene ist besonders für Menstruierende, Schwangere und Stillende ein Problem. Wöchnerinnen und Stillende sind besonders anfällig für – teils tödliche – Krankheiten durch schlechte hygienische Zustände, natürlich auch ihre Neugeborenen.

Aber auch wenn das alles nicht so wäre, könnten sie sich die allermeisten von uns noch immer kein Refugium leisten, wo uns die Klimakatastrophe nichts anhaben kann. Deswegen müssen wir den Klimawandel soweit verhindern, wie es geht – gegen die superreichen Profiteure der Katastrophe, wie z.B. Elon Musk, und das kranke System, dass sie hervorbringt.