G20 – Erfahrungsberichte, Austausch, Alternativen & wie weiter

Erfolgreiche Veranstaltung der SAV Hamburg mit rund 35 TeilnehmerInnen

Die G20 sind nicht mehr in unserer Stadt, aber die Folgen werden uns noch lange beschäftigen. Nach einer erfolgreichen Woche voller Proteste, Massendemos, Veranstaltungen auf der einen Seite aber auch massiver Polizeirepression, Riots und Berichten über ein „brennendes Hamburg“ auf der anderen, haben wir als SAV Hamburg eingeladen um sich über das Erlebte auszutauschen und zu diskutieren was wir in den kommenden Wochen tun müssen um nicht den Herrschenden, den Duddes, Grotes & Co die alleinige Bewertung zu überlassen. Aber auch um über Alternativen zu einer Welt der G20 zu sprechen.

Viele verschiedene Leute kamen zu unserer Veranstaltung und diskutierten rege mit. Über die Hälfte waren nicht bei der SAV organisierte AnwohnerInnen und Menschen die an verschiedenen Protesten teilgenommen haben. Für alle war es wichtig, dass man die Möglichkeit hat sich kollektiv auszutauschen, gerade wegen der größtenteils einseitigen Berichterstattung und dem Versuch gegen alle Linken zu hetzen und demokratische Rechte einzuschränken. Die persönlichen Erlebnisse stehen im absoluten Gegensatz zu Olaf Scholz` Behauptung, dass es keine Polizeigewalt gegeben hätte. Ein großes Bedürfnis war die gemeinsame Aufarbeitung der Geschehnisse. Einige TeilnehmerInnen fragten sich ob kleine Anfragen gestellt werden können, ob ein Untersuchungsausschuss gebildet werden sollte und welche rechtlichen Mittel einem zur Verfügung stehen. SAV-Mitglieder betonten, dass kollektives Handeln wichtig ist. Eine unabhängige Untersuchung der Geschehnisse durch Anwohner, Gewerkschaft und anderen Vertreter der Hamburger Bevölkerung ist notwendig. Sammelklagen können ggf. Sinn machen und sollten am besten mit Solidaritätsorganisationen wie der Roten Hilfe abgesprochen werden. Es ist wichtig und gut, dass die LINKE in Hamburg bereits Anfragen stellt und ihre Rolle im Parlament nutzt um aufzuklären.

Zwei Erlebniswelten und Gegenöffentlichkeit

Große Zustimmung fand die Aussage, dass es gerade zwei Erlebniswelten gibt: Einerseits von denjenigen die auf den Protesten waren, von AktivistInnen, von AnwohnerInnen die Zeuge der Polizeigewalt, Proteste und Solidarität wurden und den Ausnahmezustand schon Wochen vor dem G20-Gipfel miterleben mussten, und anderseits von denjenigen die ihre Infos vor allem aus der öffentlichen Berichterstattung erhalten und seit Tagen mit Horrorbildern einer brennenden Schanze und Hetze gegen Linke bombardiert werden. Allen war es ein Bedürfnis: Wir müssen Gegenöffentlichkeit organisieren, wir müssen darüber berichten was tatsächlich passiert ist. Wir müssen fragen was die Rolle der Polizei beim G20-Gipfel und in diesem Staat ist und wieso derartig eskaliert wird. Wir müssen auch diskutieren was wir gegen die G20 und dieses System machen können!

Solidarität

Besonders beeindruckend waren die Berichte der Solidarität in vielen und insbesondere den „betroffenen“ Vierteln. Eine ältere Anwohnerin die für Demonstranten einen riesigen Topf Suppe gekocht hat. Menschen, die Angereiste in ihrer Wohnung haben übernachten lassen weil die Camps rechtswidrig geräumt wurden. Beim Infotisch in Altona wurden uns 20 frisch zubereitete Lahmacun gebracht mit der Aussage: „Wie finden toll was ihr macht und wollen das unterstützen!“. Aber auch in den beängstigenden Situationen haben zum Teil AnwohnerInnen und DemonstrantInnen kleine Läden und ihre Wohnungen gemeinsam geschützt. Dabei war klar: die Polizei hilft in der Regel nicht, sondern eskaliert und war auch für AnwohnerInnen eine Bedrohung. Von SAV-Mitgliedern wurde die Idee von Nachbarschafts-Komitees eingebracht. Ansätze gab es bereits. Eine demokratisch organisierte Nachbarschaft ist die beste Möglichkeit Situationen zu deeskalieren, geplant und gemeinsam gegenseitigen Schutz und Hilfe zu organisieren.

Die Erfahrungen der SAV-AktivistInnen war, dass es beim Infotisch wie den verschiedenen Protesten eine große Offenheit gab über Alternativen zu G20 und Kapitalismus zu diskutieren. Die Proteste waren kämpferisch.

Eine Frau berichtete, dass sie sehr beeindruckt von der Großdemo am Samstag war, eine der größten Demos an der sie je teilgenommen hat. Ein anderes Bild stellte sich ihr dann am Abend in der Schanze dar. Mehrere Anwesende erzählten, dass sie auf friedlichen Demos teilgenommen haben, teilweise mit Peacezeichen-Fingern und erhobenen Armen ruhig durch die Schanze gingen oder einfach nur rumsaßen. Die Polizei übte hingegen ohne jegliche Vorwarnung massive Gewalt aus. Wer versuchte zu fliehen wurde mit Schlagstöcken, Wasserwerfer und Pfefferspray eingehüllt.

Wieso hat die Polizei derartig eskaliert?

Ein SAV-Mitglied betonte, dass es weniger um die einzelnen Polizisten ginge, einige davon hatten sicherlich Spaß an der Gewalt und müssen für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden (aktuell laufen 35 Ermittlungsverfahren gegen Polizeibeamte), andere standen aber auch kurz vorm Zusammenbruch. Wichtiger ist, dass von Dudde, Grote & Co eine bewusste Eskalationsstrategie gefahren wurde um im Nachhinein das massive Vorgehen zu rechtfertigen. Wie Anwohner der Schanze auf dem Treffen berichteten, vergingen am Freitag Stunden mit kleineren Scharmützeln bei denen die Polizei nicht eingriff, obwohl Kräfte vor Ort waren. Sie wollten diese Bilder, damit die mörderische Politik von Merkel, Trump, Erdogan, Putin und Co in den Hintergrund rückt. Aufgabe der Polizei ist die Aufrechterhaltung des Status Quo und die Verteidigung der Herrschenden. All diejenigen, die sich dagegen auflehnen werden als Gefahr betrachtet.

Wir müssen uns dagegen organisieren: gegen einen Staat der friedliche Demonstranten knüppelt, demokratische Rechte massiv einschränkt, Pressefreiheit bedroht, während für Kriegstreiber, Klimakiller und Anti-Demokraten der rote Teppich ausgerollt wird. Wir müssen uns aber auch organisieren um für eine Welt ohne Hunger Krieg, Armut und Polizeigewalt zu kämpfen.

Auf dem Treffen herrschte Einigkeit, dass ein erster Schritt in der aktuellen Situation ist auch die Leute zu erreichen und zu informieren, die bisher nur auf Medienberichte zurückgreifen können. Die SAV Hamburg hat ein A3-Plakat und ein Flugblatt gemacht, welches in Hauseingänge gehängt werden kann und verteilt werden soll um Gegenöffentlichkeit zu schaffen und Diskussionen anzuregen. 180 Plakate wurden zum Verteilen direkt nach der Veranstaltung mitgenommen, 500 weitere werden in den nächsten Tagen aufgehängt. Kommt zu unseren Treffen jeden Donnerstag um 19:00 Uhr im Centro Sociale (Sternstr. 2) und macht mit!

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