Berlin: Widerstand gegen Rassismus, Sparzwang und Verdrängung!

Foto: Georg Kellner
Foto: Georg Kellner

Für eine oppositionelle, kämpferische und sozialistische LINKE

Wahlaufruf der SAV Berlin zu den Abgeordnetenhauswahlen 2016

„Unser Programm: Berlin“ mit diesem Motto geht die SPD in den Wahlkampf zu den Abgeordnetenhaus- und Bezirksverordnetenwahlen am 18. September. Doch was für ein Berlin hinterlässt die SPD-CDU-Koalition? Eine Stadt der FlaschensammlerInnen und der Edel-Boutiquen, der Obdachlosen und der Luxuslofts. Eine Stadt, die es nicht schafft einen Flughafen zu Ende zu bauen oder hilfesuchenden Geflüchteten Sicherheit zu bieten. Die Probleme in Berlin sind ein Spiegelbild der Probleme des Kapitalismus 2016 in Deutschland. Prekäre Beschäftigung und Armut, steigende Mieten, die für viele immer schwieriger zu bezahlen sind und ein völlig kaputtgesparter Öffentlicher Dienst. Gleichzeitig bietet Berlin für die Reichen und Mächtigen diverse Möglichkeiten, sich durch Bau- und Prestigeprojekte wie Luxuswohnungen, BER, Staatsoper und Stadtschloss, oder durch die Ausbeutung von prekär Beschäftigten ihre Nase noch weiter zu vergolden. Nicht erst seit dem im Spätsommer 2015 mehr Geflüchtete nach Berlin gekommen sind, zeigt sich, wie Sparzwang und Schuldenbremse die soziale Infrastruktur in Berlin untergraben haben.

Die SAV wird sich in den Abgeordnetenhaus-Wahlkampf einbringen, für sozialistische Politik als Alternative zum Einheitsbrei der bürgerlichen Parteien und für eine starke LINKE in der Opposition eintreten. Wir werden uns der Gefahr von Rechts durch AfD, NPD und Co. entgegenstellen. An exemplarischen Fragen stellen wir hier ein Programm für sozialistische Politik für Berlin vor.

Steigende Mieten und steigende Profite

4,8 Milliarden Euro kostete der BER bisher. Falls er im Oktober 2017 eröffnen sollte, wird er 5,4 Milliarden Euro kosten, eröffnet er 2018, werden es schon 6,6 Milliarden. Die Kosten der Staatsoper-Sanierung belaufen sich auf circa 400 Millionen, die Kosten des Stadtschlosses auf 590 Millionen. Doch für den Neubau von dringend benötigtem günstigen Wohnraum ist nicht ausreichend Geld da. Nach einer aktuellen Studie von Andrej Holm im Auftrag der Berliner Linksfraktion fehlen in Berlin zurzeit absolut 125.000 Wohnungen. Allein 2015 ist die Miete bei Neuvermietung um durchschnittlich 5 Prozent auf neun Euro pro Quadratmeter gestiegen. In den Innenstadtbezirken sind die Mietsteigerungen noch deutlich höher. Mitte April verkündete der Senat 20.000 Wohnungen jährlich bauen zu lassen. Von denen sollen nur ein Drittel „Sozialmieten“ zwischen 6 und 7,50 Euro pro Quadratmeter anbieten. Nach den konservativen Schätzungen des Senats wird Berlin bis 2020 um 190.000 Einwohner wachsen. Damit würde der Neubau nicht mal den Zuzug abdecken. Dass von SPD über CDU bis zu den Grünen alle im Interesse von Immobilienhaien handeln, zeigen auch die Spenden von Bauunternehmer und Gegner des sozialen Wohnungsbaus Groth, der an alle diese Parteien gespendet hat, um seine Interessen vertreten zu sehen. Im aktuellen Wahlkampf fielen vor allem seine gestückelten Spenden von fünf mal 9950 Euro an die SPD auf. Während zwei Spenden zurückgegeben wurden, hat der Kreisverband von Bausenator Geisel in Lichtenberg die Spenden behalten.

Genauso wie die Bezahlbarkeit ist für viele BerlinerInnen die Gestaltung ihrer Lebensräume und Kieze wichtig. Durch Luxussanierungen und Prunkbauten wie einem neuen Einkaufs- und Veranstaltungszentrum am ehemaligen Postbahnhof müssen gewachsene Freizeit- und Kulturangebote der durchgestylten und kommerzialisierten Unterhaltungs- und Tourismusindustrie weichen. Diese können sich die meisten nicht nur leisten, sondern es ist auch eine Verdrängung alternativer Schaffensräume. Nicht zuletzt sind besetzte Häuser und selbstverwaltete Projekte wie die Rigaer Str. 94 oder das M99 Investorenfirmen und damit ihrer Senatsverwaltung ein Dorn im Auge. In den aktuellen Auseinandersetzung zeigt sich, wie hart vor allem die CDU da für Profitinteressen und die Bereinigung der hochpreisigen Wohngebiete vorgeht.

Um die aktuelle Wohnungsnot zu stoppen, braucht es ein Sofortprogramm, das langfristig guten Wohnraum für alle schafft, unmittelbar für neuen bezahlbaren Wohnraum sorgt und Schluss macht mit Mietsteigerungen und Wuchermieten.

  • Beschlagnahmung von spekulativem Leerstand und von Ferienwohnungen, Entschädigung nur bei erwiesener Bedürftigkeit
  • Rekommunalisierung der privatisierten Wohnungsbaugesellschaften ohne Entschädigung für die Eigentümer
  • Wohnungsbaugesellschaften in demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die Beschäftigten, der Stadt und VertreterInnen von Mietern
  • Bau von 30.000 Wohnungen jährlich durch städtische Wohnungsbaugesellschaften
  • Sofortiger Mietpreisstopp, Schluss mit dem System von Vergleichsmieten und Mietspiegel
  • Sofortige Einführung einer reglementierten und kontrollierten Miete von vier Euro kalt pro Quadratmeter. Alle Vermieter müssen, wie früher bei Sozialwohnungen, eine Kostenaufstellung als Grundlage für die Miethöhe liefern.

Flüchtlingskrise? Krise der sozialen Infrastruktur!

Dass die Versorgung von Geflüchteten am Lageso und in den Erstaufnahmestellen und Notunterkünften im Herbst/Winter 2015/16 nicht vollständig zusammen gebrochen ist, war vor allem den vielen freiwilligen HelferInnen zu verdanken. Das ist auch nicht verwunderlich, nachdem in den letzten zehn Jahren 32.000 Vollzeitstellen im Öffentlichen Dienst in Berlin gestrichen wurden. Das Chaos am Lageso ist ein reales Versagen der Senatsverwaltung. Doch zeigt sich im Umgang mit Geflüchteten vor allem die rassistische Politik der SPD-CDU-Koalition. Es ging und geht nicht darum, den ankommenden Geflüchteten bestmöglich zu helfen und die Versorgung zu organisieren. Es geht darum, Geflüchtete zu kontrollieren, in Kriegs- und sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ einzuteilen, um diejenigen, die aus ihrer Sicht wirtschaftlich nicht nutzbar sind, wieder abschieben zu können. Auch wenn jetzt mehr und mehr Turnhallen geräumt werden, bedeutet die Unterbringung von Geflüchteten in Massenunterkünften, wie im ehemaligen Flughafen Tempelhof, eine massive Einschränkung der Privatsphäre und eine beginnende Ghettoisierung.

Vor allem hat der Senat alles unternommen, um den Protest und die Selbstorganisation von Geflüchteten mundtot zu machen und zu ignorieren. Im Protest für Bleiberecht, Recht auf Arbeit und menschenwürdigen Wohnraum haben Geflüchtete 2014 den Oranienplatz 550 Tage lang besetzt. Als ihnen eine Einzelfallprüfung mit Bleiberechtsperspektive in Aussicht gestellt wurde, hat ein Teil den O-Platz freiwillig verlassen und ein anderer Teil wurde geräumt. Kurze Zeit später wurden alle Anträge auf Bleiberecht abgelehnt und die Geflüchteten aus ihren Unterkünften in die Obdachlosigkeit und Illegalität entlassen. Zusammen mit der Aktion gegen die BesetzerInnen der Gerhart-Hauptmann Schule konnte hier der rot-schwarze Senat seine harte Haltung gegen Flüchtlingsproteste gemeinsam mit dem von Grünen geführten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg beweisen.

Wir sagen: Nein zu Abschiebungen – Bleiberecht für Alle – Schließung der Abschiebegefängnisse in Berlin-Brandenburg

Herstellung eines wirklichen Asylrechts: Grundrecht auf Asyl, wenn Leib und Leben aufgrund von politischer und gewerkschaftlicher Betätigung, nationaler, religiöser oder ethnischer Zugehörigkeit, sexueller Orientierung, Geschlecht, Krieg, Umweltzerstörung und sozialer Not, durch staatliche und nichtstaatliche Verfolgung gefährdet sind
Geflüchtete sollten dezentral in Wohnungen untergebracht werden und die Möglichkeit bekommen, selbstbestimmt zu leben. Solange aus logistischen Gründen zentrale Anlaufstellen unvermeidlich sind, müssen alle damit verbundene Aufgaben in öffentliche Hand und unter demokratische Kontrolle unter Einbeziehung der Geflüchteten
Gewerkschaftliche Organisierung von Geflüchteten, migrantischer ArbeiterInnen und Erwerbsloser in den DGB-Gewerkschaften zur Verhinderung von Lohndumping – gemeinsamer Kampf gegen die sozialen Ursachen von Rassismus

Armut, Prekäre Beschäftigung, Bildungsnotstand

Zum ersten Mal seit der Wiedervereinigung ist die offizielle Erwerbslosigkeit mit 181.166 Menschen auf eine Quote von knapp unter 10 Prozent gefallen. Dass diese Zahl eine Erfolgsmeldung ist, zeigt den Zynismus des Kapitalismus. Denn seit 1990 wurden über 100.000 Arbeitsplätze in der Industrie vernichtet. Die Mehrheit der jetzt neu geschaffenen Arbeitsplätze sind prekäre, schlecht bezahlte Jobs. Über 60.000 Menschen müssen in Berlin zum Jobcenter, um ihren Lohn mit Hartz IV aufzustocken. Dabei macht das Land Berlin bei der Politik, die Menschen in prekäre Beschäftigung treibt, selbst mit. Die Ausgliederung von Berlin Transport bei der BVG und die Ausgliederung von ServicearbeiterInnen und TherapeutInnen bei Charité und beim landeseigenen Klinikkonzern Vivantes hat zu Lohnkürzungen, prekärer Beschäftigung und starken Lohnunterschieden zwischen KollegInnen geführt.

Neben den Krankenhäusern spüren kaum andere Einrichtungen die Unterfinanzierung so sehr wie Berliner Bildungseinrichtungen samt ihren Lehrenden und Lernenden. Seit Jahren kämpfen Angestellte Lehrkräfte für eine gleiche Bezahlung aller KollegInnen und eine angemessene Personalausstattung. Wir unterstützen die LehrerInnen bei ihrem Kampf um mehr und vor allem besser bezahlte KollegInnen.

Ohne Migration werden bis 2020 40.000 zusätzliche SchülerInnen erwartet. Dies wird bei der jetzigen Politik bald einen völligen Zusammenbruch des Schulsystems bedeuten. Mit ihm werden die maroden Schulgebäude einstürzen, die nach letzten Schätzungen einen Sanierungsbedarf von mindestens fünf Milliarden Euro aufweisen. Dafür braucht es schnell ein staatliches Investitionsprogramm. Dass mehrere Parteien im Abgeordnetenhaus nun planen, dem durch Ausgründung und privaten Kapitalanleihen nachzukommen, wird Privatisierung im Bildungswesen die Tür öffnen und Mitbestimmung verringern.

Ob marode Infrastruktur, Wohnungsmangel, Personalmangel in den sozialen Berufen: Es ist genug Arbeit da. So wie der Reichtum in der Stadt, ist sie nur falsch verteilt. Was es braucht, ist die Schaffung von neuen Jobs im Öffentlichen Dienst und Ausbildungsplätzen für alle, die sich dafür qualifizieren wollen – egal ob für Geflüchtete oder schon länger hier Lebende. Der Arbeitsdruck für die, die eine Vollzeitstelle haben, ist oft enorm, während viele Geflüchtete nicht arbeiten dürfen und Erwerbslose keine Arbeit finden. Deshalb braucht es eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden pro Woche bei vollem Lohn und Personalausgleich.

  • Rücknahme der Ausgliederung von öffentlichen Unternehmen und Stopp aller weiteren Privatisierungen
  • Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit – tariflich entlohnte Arbeitsplätze für Alle!
  • Für ein milliardenschweres, öffentliches Investitionsprogramm in den Bereichen Bildung, Soziales, Gesundheit, Verkehr und Wohnen zur Schaffung von zehntausenden neuen Arbeitsplätzen
  • Einstellung von 5.000 Lehrkräften bis 2020 und eine Reduzierung der Klassenstärke auf maximal 20 SchülerInnen

Gefahr von Rechts entgegentreten

Der Aufstieg von AfD, Pegida und Co hat auch in Berlin zu einem massiven Anstieg rechter Gewalt geführt. 143 Gewalttaten wurden 2015 registriert – ein Drittel mehr als 2014. Vor allem in den Randbezirken – aber nicht nur hier – ist für MigrantInnen, People of Color, FlüchtlingshelferInnen, Andersdenkende und -fühlende Gewalt von organisierten FaschistInnen und von RassistInnen zur täglichen Bedrohung geworden. Beinahe täglich gibt es rassistische Mobilisierungen in verschiedenen Teilen der Stadt von AfD, NPD und Co. Jeden Montag demonstrieren am Hauptbahnhof bei „Bärgida“ rechte Hooligans, Identitäre, Mitglieder von NPD und AfD. Um die FaschistInnen zu stoppen, müssen wir uns ihren Aufmärschen und Demonstrationen entgegenstellen. Dabei darf es nicht bei symbolischen Kundgebungen fernab der rechten Demos stehen bleiben, sondern müssen Blockaden organisiert werden. Denn Faschismus ist keine Meinung sondern Terror und Einschränkung der Meinungsfreiheit. Die SAV beteiligt sich an der Organisation der wöchentlichen NoBärgida-Demonstrationen am Hauptbahnhof, hat sich an der Mobilisierung gegen die „Merkel muss weg“-Aufmärschen am 12. März und 07. Mai beteiligt und wird sich ihnen am 30. Juli wieder in den Weg stellen. Die AfD, die berlinweit bei Umfragen im Moment bei bis zu 15% liegt, wird den Wahlkampf nutzen, um ihre Hetze gegen Flüchtlinge und den Islam zu verbreiten. Doch sie werden sich auch als Vertreter des „kleinen deutschen Mannes“ darstellen. Dabei geben sie sich als einzige Oppositionskraft gegen die Politik des Senats und versuchen das Versagen des Senats in der Flüchtlings- und Sozialpolitik für sich zu nutzen. Sie behaupten, die Geflüchteten seien Schuld an der Wohnungsnot, den beschlagnahmten Turnhallen und dem Geldmangel der Bezirke und nutzen so die gesellschaftliche Unterfinanzierung für ihre Propaganda. Der Rassismus und die Islamfeindlichkeit der AfD müssen wir selbstverständlich angreifen. Vor allem müssen wir ihrer Hetze aber auch den Boden entziehen, indem wir potentiellen WählerInnen der AfD zeigen, dass eben nicht die Geflüchteten Schuld sind an den gesellschaftlichen Problemen. Wir müssen erklären, dass das kapitalistische System und ihre Verwalter im Bundestag und im Roten Rathaus unfähig sind und kein Interesse daran haben, guten Wohnraum, Arbeit und eine soziale Infrastruktur für alle bereitzustellen. Doch wir müssen uns nicht nur dem Rassismus von NPD, AfD & Co entgegenstellen, sondern auch dem staatlichen Rassismus, der sozialen Ausgrenzung und Sozialabbaus des aktuellen und kommenden Senats. Der Rassismus der bürgerlichen Parteien und die Hetze in den Medien haben den Angriffen der FaschistInnen und der antimuslimischen Hetze der AfD den Boden bereitet. Von Januar bis Ende Juni 2016 wurden 1.068 Menschen aus Berlin abgeschoben – fast drei mal so viel wie im gleichen Zeitraum 2015. Innensenator Henkel (CDU) kommentiert: „Der Bund hat eine Verdoppelung der Abschiebungen als Zielmarke ausgegeben. Berlin liegt bislang deutlich über dieser Erwartung“ Er kündigte an, weiter „konsequent auf Abschiebungen zu setzen“. Die Abschiebung von Menschen in Armut, Diskriminierung und Verfolgung wird bei den etablierten bürgerlichen Parteien nicht wie bei AfD und NPD zur Verteidigung des Volkes erklärt, sondern zur kalten Zielzahl der Verwaltung. Eine Stimme für DIE LINKE ist auch eine Stimme gegen die AfD und gegen Rassismus. Wer von den Verhältnissen und von den Parteien im allgemeinen abgegessen ist und überlegt einfach gar nicht zur Wahl zu gehen, stärkt die AfD und NPD, wenn diese ihre WählerInnen mobilisieren. Jeder Sitz der durch LINKE-Abgeordnete besetzt ist, kann nicht mehr von der AfD für ihre Hetze benutzt und ihre Position nicht zur Stärkung ihres Apparates genutzt werden. Wenn DIE LINKE zusammen mit SPD und den Grünen die Regierung stellen sollte, wir dieser Effekt jedoch ins Gegenteil verkehrt. CDU und AfD als alleinige Oppositionsparteien hätten ein leichtes Spiel die neue Regierung von Rechts anzugreifen. Die AfD könnte sich als Verteidigerin des kleinen deutschen Mannes darstellen. Gleichzeitig würde eine rot-rot-grüne Regierung die Abschiebepolitik weiter fortsetzen, so wie die rot-rote Landesregierung im Moment in Thüringen.

Sozialistische Politik für Berlin

Egal ob Müller, Henkel oder Pop den Senat führen werden, sie werden eine Politik im Interesse des Kapitals und der Immobilienwirtschaft betreiben, und es sich im Schwitzkasten der Schuldenbremse und der Sachzwänge gemütlich machen. Denn wenn bürgerliche PolitikerInnen erklären wollen, warum in Berlin nichts funktioniert, sind immer die knappen Kassen und die hohen Schulden Grund für die Misere. Wenn man dieser Logik folgt, wird für dringend notwendige Finanzausgaben kein Geld da sein. So wurde in den letzten Jahren, trotz einer wachsenden Stadt und wachsender sozialer Aufgaben Berlins der Schuldenstand gesenkt. Immer noch hat Berlin knapp 60 Milliarden Euro Schulden und zahlt jährlich 1,7 Milliarden Euro an Zinsen an die Banken. Das ist Geld, das nicht zur Tilgung von Schulden verwendet, sondern den Banken ganz einfach geschenkt wird.

Dringend notwendige Investitionen, die mehr sind als die Wahlkampfversprechen von SPDCDUGRÜNE sind nicht mit dem jetzigen Haushalt möglich. Geld ist genug da: Bei den Millionären in Berlin. Darüber hinaus müssen aber auch die Zuwendungen des Bundes an Berlin erhöht werden.

  • Anhebung des Gewerbesteuersatzes auf das Potsdamer Niveau von 450 Prozent
  • Nein zur Schuldenbremse
  • Keine Geldverschwendung für Prestigeobjekte wie das Stadtschloss, BER oder Ausbau der A100
  • Einstellung der Zinszahlungen an die Banken
  • Für einen bedarfsgerechten Haushalt und eine drastische Erhöhung der Bundeszuschüsse an Berlin, finanziert durch Banken, Konzerne und Vermögende
  • Für eine radikale Steuerreform auf Bundesebene: Für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, die Anhebung des Spitzensteuersatzes und eine starke Progression im Steuersystem

Unser Mittel der Wahl: Widerstand

Egal wer nach der Wahl ins Rote Rathaus einziehen wird, wir müssen aktiv werden für unsere Rechte, für bessere Arbeitsbedingungen, bezahlbare Mieten und gegen den Rassismus von FaschistInnen und AfD auf der einen Seite und dem staatlichen Rassismus auf der anderen. Dass das möglich ist, haben in den letzten Jahren auch zahlreiche Kämpfe gezeigt. Es gab und gibt zahlreiche Proteste von Geflüchteten und gegen Rechts. Für die Nichtbebauung des Tempelhofer Feldes und gegen Privatisierung wurde sich mit mehreren Volksbegehren gewehrt. Das Volksbegehren für die Verbesserung des Fahrradverkehrs und der Sicherheit der FahrerInnen hat in Rekordzeit Stimmen sammeln können. Es gibt viele Themen, bei denen die Bevölkerung Berlins große Bereitschaft zeigt, selbst aktiv zu werden. Besonders hervorzuheben ist der Streik der Beschäftigten an der Charité für mehr Personal im Krankenhaus. Die Durchökonomisierung der Krankenhäuser hat zu einem Personalmangel von 162.000 Beschäftigten bundesweit geführt. Nach den erfolgreichen Streiks für mehr Lohn 2006 und 2011 waren die Beschäftigten an der Charité bundesweit die ersten, die für mehr Personal im Krankenhaus gestreikt haben. Nach Warnstreiks und anderthalb Wochen Erzwingungsstreik, musste die Klinikleitung erst Eckpunkten und dann dem Tarifvertrag im Frühjahr 2016 zustimmen. Wie die Zugeständnisse des Arbeitgebers in der Praxis umgesetzt werden, können die Beschäftigten jetzt bewerten. Sollte sich die Situation nicht bessern, können sie ihren Kampf wieder aufnehmen. Der Druck wird auch erhöht durch die Beschäftigten in den Vivantes-Krankenhäusern, die jetzt für ähnliche Forderungen den Kampf begonnen haben

Die SAV unterstützt im Betrieb und im Bündnis „Berlinerinnen und Berliner für mehr Personal im Krankenhaus“ die Auseinandersetzung an der Charité und bei Vivantes und setzt sich für eine Ausweitung auf andere Krankenhäuser und andere Bereiche ein.

Gegenwehr auf der Straße – und im Parlament

Um Kämpfe zu unterstützen und zu verbinden, braucht es eine starke linke Partei mit einem Programm, das aufzeigt, wie diese Kämpfe gewonnen werden können und wie eine sozialistische Politik für Berlin aussehen kann. Eine Partei, die zu jeder Zeit an der Seite von denen steht, die in Betrieben und auf der Straße für ihre Interessen kämpfen und diese Kämpfe auch ins Abgeordnetenhaus tragen.

Doch DIE LINKE in Berlin wird derzeit diesem Anspruch kaum bis gar nicht gerecht. Das hat vor allem mit ihrer Regierungsbeteiligung in Berlin von 2001 bis 2011 zu tun, wo sie in der Regierung, wie jetzt auch in anderen Bundesländern, für Sozialkürzungspolitik mitverantwortlich war. „Haushaltskonsolidierung“ und Schuldenabbau wurden als nicht veränderbare Sachzwänge des Kapitalismus hingenommen, die durch die Beteiligung der PDS/Linkspartei sozial gerecht gestaltet werden sollen. Ergebnisse davon sind unter anderem die Privatisierung von über 100.000 Wohnungen, die extreme Mietsteigerungen und Verdrängung zur Folge hatten und der Abbau von 35.000 Stellen im Öffentlichen Dienst, der mit zu dem aktuellen Behördenchaos geführt hat sowie Lohn- und Gehaltskürzungen im öffentlichen Betrieben wie bei der BVG. Für Ausgründungen und Tarifflucht wie bei der Charité Facility Management CFM trägt sie eine Mitverantwortung. Dieser kleine Ausschnitt aus der Bilanz von zehn Jahren Rot-Rot zeigt, dass es keine „sozial gerechte“ Verwaltung der kapitalistischen Misere in einer Koalition mit einer Sozialkürzungspartei wie der SPD geben kann.

Die Bilanz im Landeswahlprogramm der LINKEN Berlin sieht anders aus: Nach einer notwendigen, wenn auch vielleicht manchmal zu harten, Sanierung des Landeshaushalts sei jetzt wieder Spielraum für neue Investitionen da, der in einer neuen Regierung mit SPD und Grünen genutzt werden muss.

Dabei hatte die falsche Politik nicht in erster Linie etwas mit der Kassenlage oder schlechtem Verhandlungsgeschick in Koalitionsverhandlungen zu tun, sondern mit dem Charakter des Koalitionspartners. Eine wirklich sozialistische Politik würde schnell an die Grenzen der vermeintlichen Sachzwänge, des Privateigentums der Banken und Konzerne und Bundesgesetze stoßen. So eine Regierungspolitik ist mit Parteien wie der SPD und den Grünen nicht zu machen. Bis es eine Mehrheit für wirkliche sozialistische Politik gibt, sollte DIE LINKE aus der Opposition dafür werben und die bürgerlichen Parteien angreifen.

Die Sozialkürzungspolitik unter Rot-Rot haben wir als SAV auch nach fünf Jahren großer Koalition nicht vergessen. Und auch die BerlinerInnen, die unter der Sozialkürzungspolitik gelitten haben, haben sie nicht vergessen. Doch viele Berlinerinnen und Berliner werden die LINKE dennoch wählen, weil eine Stimme für die LINKE – auch in Berlin – am ehesten als Stimme gegen Sozialabbau, Krieg, Rassismus und Hartz IV gesehen wird.

DIE LINKE ist und bleibt bundesweit der derzeit wichtigste politische Ansatzpunkt einer Interessenvertretung für Lohnabhängige, Erwerbslose und Jugendliche gegen die Interessen des Kapitals. Sie ist die einzige Partei, die konsequent gegen TTIP steht. Sie lehnt als einzige Partei Militäreinsätze der Bundeswehr und Rüstungsexporte ab und steht bei zahlreichen Arbeitskämpfen an der Seite der Beschäftigten. Sie ist die einzige im Bundestag vertretene Partei, die den Anspruch hat, den Kapitalismus zu überwinden.

DIE LINKE ist für verschiedene Kämpfe ein wichtiger Bezugspunkt und kann eine Rolle bei ihrer Unterstützung spielen. Der Kampf der Beschäftigten an der Charité für mehr Personal im Krankenhaus wurde von der Bundestagsfraktion der LINKEN unterstützt, indem sie einen Antrag auf gesetzliche Personalbemessung im Bundestag eingebracht hat. Die Fraktion DIE LINKE in der Bezirksverordnetenversammlung Neukölln hat sich trotz der sehr beschränkten Möglichkeiten der BVV immer wieder für die Interessen von MieterInnen für eine konsequente Umsetzung des Milieuschutzes eingesetzt und die Spenden vom Baulöwen Groth auch an die Neuköllner SPD öffentlich gemacht.

Deshalb werden wir am 18. September die LINKE wählen. Ein starkes Stimmenergebnis für die LINKE wäre eine Niederlage für den aktuellen Senat und seine Politik.

Eine schwache LINKE würde nicht als Kritik an der Führung der LINKEN Berlin verstanden werden, weil es anders als 2006 keine Alternative von links gibt und diese Kritik keinen Ausdruck finden würde. Vor allem angesichts der starken Umfrageergebnisse von AfD ist eine starke LINKE auch ein Signal gegen Rassismus und eine Ermutigung für die vielen Menschen, die sich aktuell für Geflüchtete einsetzen und dabei sowohl von AfD und Co angegriffen werden, als auch vom Senat Steine in den Weg gelegt bekommen. Letztendlich kommt aber grundlegende Veränderung nicht durch Wahlen sondern nur wenn wir selbst aktiv werden und die Kräfteverhältnisse ändern.

Die SAV setzt sich innerhalb der LINKEN aktiv für einen kämpferischen, bewegungsorientierten und oppositionellen Kurs der Partei und gegen Regierungskoalitionen mit bürgerlichen Parteien, ob im Land oder im Bund ein. Dafür braucht es gerade in Berlin eine organisierte innerparteiliche Opposition, die dem Kurs der Führung von Klaus Lederer und Harald Wolf Alternativen entgegen stellt. Die Regierungspolitik hat nicht „nur“ zur Verschlechterung für die Arbeitenden und Armen Berlins, sondern auch zu einer Halbierung des Stimmenergebnisses geführt. Wir treten dafür ein, dass die LINKE auch in Berlin ihren Platz an der Seite von Bewegungen gegen Sozialabbau, Verdrängung, Abschiebung, Lohndumping etc. einnimmt und die Ressourcen der Partei und die Ressourcen der Abgeordneten einsetzt, diese zu unterstützen. Wir fordern deshalb alle auf, die eine kämpferische, antikapitalistische LINKE wollen, mit uns in der Partei aktiv zu sein und sich mit uns für einen sozialistischen Kurs einzusetzen.

Die SAV wird im Wahlkampf mithelfen, den Forderungen der Beschäftigten an der Charité, bei Vivantes und den jeweiligen Tochtergesellschaften Gehör zu verschaffen, Mietsteigerungen zu bekämpfen und Widerstand gegen Verdrängung und anderem bekannt zu machen. Wir stellen uns dem rassistischen Wahlkampf von AfD, NPD & Co. aktiv entgegen. Dafür machen wir uns in den Basisorganisationen der LINKEN, der AKL und den Gruppen der linksjugend [‘solid] stark. Schließ dich uns an und mach mit.

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Sarah Moayeri, SAV-Mitglied und Direktkandidatin im Wahlkreis 1 in Neukölln:

„Die Kürzungspolitik äußert sich überall in der Stadt: Es mangelt an bezahlbarem Wohnraum, an guter Bildung, an Stellen im Öffentlichen Dienst. Geflüchtete werden in Massenlagern untergebracht, Rassismus geschürt, indem Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Es wird behauptet, es sei kein Geld da, während die elf reichsten Berlinerinnen und Berliner ein Vermögen von knapp zehn Milliarden Euro besitzen. Neonazis profitieren davon; fast täglich gibt es rassistische Angriffe und Aufmärsche. Doch wenn wir uns gemeinsam wehren, können wir etwas an den Verhältnissen ändern. Ich finde, DIE LINKE muss dabei in Opposition zu SPD und Grünen stehen, die die Interessen der Konzerne und Superreichen vertreten, und sollte sich nicht wieder an einer Regierung mit diesen beteiligen. Der Kapitalismus hat der Mehrheit der Bevölkerung nichts zu bieten. Ich kämpfe für ein sozialistisches System, in dem demokratisch entschieden und nach den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt produziert wird. Abgeordnete sollten keinerlei Privilegien haben, sondern einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn erhalten. Deshalb werde ich bei einer Wahl ins Abgeordnetenhaus das Geld, was über dieser Summe liegt, an soziale Bewegungen und für politische Arbeit spenden, um Gegenwehr von unten zu stärken.“