Mit Planinsolvenz zu Billiglöhnen?

Devise von Schlecker: Sparen ohne Gnade


 

„Schlecker ist pleite“ titelten die Tageszeitungen Ende Januar. Fast zeitgleich wurde bekannt, das Deutschlands größte Drogeriemarktkette in die sogenannte Planinsolvenz geht. 47.000 Beschäftigte, davon 30.000 in Deutschland, stehen vor einer ungewissen Zukunft. Klar ist aber, dass massiv Märkte dicht gemacht und Tarifverträge geschleift werden sollen.

von Krischan Friesecke, Berlin

In den letzten Jahren geriet der Schlecker-Konzern verstärkt unter Druck. Während die Konkurrenten dm und Rossmann ihre Jahresumsätze steigern konnten, ging der Schlecker-Umsatz 2010 um 650 Millionen auf 6,55 Milliarden Euro zurück, 2011 war der Umsatz ebenfalls rückläufig. Wobei „Schlecker Zahlen zum Gewinn oder Verlust traditionell nicht nennt“ (SPIEGEL ONLINE vom 20 Januar), also Vorsicht angebracht ist, was die genaue Lage angeht.

Offensichtlich ist, dass Schlecker seit Jahren klagt, um auf Kosten der Beschäftigten massiv zu sparen. Mit dem Versuch, bestehende Märkte durch „XL-Märkte“ zu ersetzen (in denen die Beschäftigten ohne Tarifvertrag und ohne Betriebsrat arbeiten sollten), fiel der Konzern 2010 auf die Nase. Beschäftigte und ver.di leisteten Gegenwehr und erreichten, dass in den XL-Märkten die gleichen Gehälter wie bisher gezahlt werden.

Filialschließungen

Als das nicht klappte, ersann sich die Familie Schlecker eine neue Idee. Es begann eine großangelegte Serie von Filialschließungen, auf die ver.di mit einem Beschäftigungs- und Sozialtarifvertrag antwortete (wobei dadurch nicht der Jobverlust verhindert wird). Allein im letzten Quartal 2011 wurden 800 Filialen dicht gemacht. Im ersten Quartal 2012 sollen weitere 600 (von noch 7.000) Filialen schließen. Doch das reicht nach Sicht der Schlecker-Familie nicht aus.

Planinsolvenz

Der nächste Schritt ist jetzt die „Planinsolvenz“. Diese ermöglicht es der bisherigen Geschäftsführung, im Amt zu bleiben. Außerdem spekuliert Schlecker darauf, bestehende Tarifverträge für null und nichtig zu erklären. Denkbar, dass die Familie Schlecker die Planinsolvenz nutzen will, um den Konzern „gesund zu schrumpfen“.

Die Gewerkschaft ist jetzt gefordert. Ein erster Schritt könnte eine zentrale Demonstration vor der Konzernzentrale in Ehingen sein, wie von Horst Gobrecht (Gewerkschaftssekretär im Fachbereich Handel des ver.di-Bezirks Südhessen) vorgeschlagen. Des Weiteren sind konzernübergreifende Mobilisierungen (denn auch den Beschäftigten von dm und Rossmann kann so etwas irgendwann drohen), eine öffentlichkeitswirksame Kampagne und Arbeitskampfmaßnahmen notwendig. Das Privatvermögen der Schlecker-Familie beträgt laut „manager-magazin“ 11/2011 1,95 Milliarden Euro. Dieses muss herangezogen werden, damit kein Job verloren geht und kein Lohn gedrückt wird.