Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Lokführer streiken für mehr Geld und einen Flächentarifvertrag


 

„Und wieder einmal ist es die GDL, die Ärger macht.“ So die Reaktion eines Lehrers am Rande einer Kundgebung im Rahmen der Tarifrunde für die Beschäftigten der Länder. Was er damit meinte, war: Wenigstens eine Gewerkschaft versteht es zu kämpfen.

von Steve Kühne, Dresden

Nicht alle Funktionäre der DGB-Gewerkschaften sind über diesen Umstand so erfreut. Tatsächlich, der Arbeitskampf der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) polarisiert. Im Grunde kämpft die GDL für einen gewerkschaftlichen Grundsatz: „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“.

Mehr als ein Lohnkonflikt

Es geht um fünf Prozent plus bei der Deutschen Bahn. Und es geht um einen Flächentarifvertrag, also darum, dass alle Lokführer, egal in welchem Unternehmen, gleich bezahlt werden. Bei einigen Privatbahnen verdienen Lokführer 200 Euro weniger als bei der Deutschen Bahn (DB). Auch die DB AG bildet verstärkt Tochtergesellschaften, in diesen GmbHs gibt es dann ebenfalls niedrigere Gehälter. Ein Beispiel dafür ist der Großraum Dresden: Dort soll demnächst genau das passieren. Es geht also darum, zu verhindern, dass es Lokführer erster und zweiter Klasse gibt.

Und es geht ums Tarif- und Streikrecht – ein urdemokratisches Recht, welches DGB-Bürokraten und Arbeitgeberverbände einschränken wollen. So haben sie im Sommer 2010 eine Gesetzesinitiative gestartet, die Spartentarifgewerkschaften wie die GDL schwächen soll. Zudem schloss die neue Bahngewerkschaft EVG an den LokführerInnen vorbei einen Branchentarifvertrag für den Schienennahverkehr ab, der sechs Prozent unterhalb des Deutsche-Bahn-Niveaus liegt. Dagegen geht die GDL jetzt an. Den Arbeitgebern ist die GDL ein Dorn im Auge, weil sie kämpft. Den DGB-Spitzenbürokraten aus demselben Grund. Denn die Lokführer-Gewerkschaft zeigt, dass man kämpfen kann. Anders als die ver.di-Führung in der Tarifrunde der Länder.

Doch es geht auch um die Fahrgäste. Denn nur ausgeruhte LokführerInnen, die ordentliche Schichtzeiten haben, die sich keine Sorgen um ihr Auskommen machen müssen, bringen uns sicher und gesund zum Arbeitsplatz, nach Hause oder in den Urlaub. Der GDL-Streik sagt im Endeffekt auch: Schluss mit dem Sparwahn. Ihr spart dort, wo es um unser aller Sicherheit geht, das lehnen wir ab!

Wenn es der GDL gelingen sollte, für alle LokführerInnen einheitliche Löhne durchzusetzen, dann würde sie damit auch weitere Ausgründungen unattraktiv machen. Das wäre ein bedeutende Schritt gegen die peu à peu betriebenen Privatisierungsmaßnahmen, da Lohnkosten nicht mehr so einfach gespart werden können.

Kampfkraft nutzen

Die GDL-Spitze betrachtete zum Redaktionsschluss den Fortgang der Verhandlungen mit der Deutschen Bahn als Erfolg. Diese habe ihr zugesichert, dass der „Lokomotivführertarifvertrag (BuRa-LfTV) in Verknüpfung mit dem Haustarifvertrag der DB ohne Einschränkung gilt“, wie der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky verlauten ließ. Und obwohl es noch keine Angebote bei der Frage der Altersversorgung der DB-Lokführer und der Nachtschichtzulagen bei der Usedomer Bäderbahn (Tochter der DB AG) gibt, beschloss die GDL Ende März, auf Streiks bei der Deutschen Bahn erst mal zu verzichten. Zum Redaktionsschluss setzte die GDL nur auf Streiks bei Regionalzug-Konkurrenten der DB. Die privaten Betreiber weigern sich zu verhandeln, sie erkennen teilweise die GDL nicht als Verhandlungspartner an. Ein Beispiel hierfür ist die Nord-Ostsee-Bahn (NOB).

Die Gefahr besteht, dass man sich so verzettelt. Besser wäre es, die ganze Kampfkraft in die Waagschale zu werfen und gemeinsam zu streiken. Auch die Vorbereitung eines Vollstreiks sollte deshalb ernsthaft in Betracht gezogen werden.

Öffentlichkeit ansprechen

Die GDL kämpfte in den letzten Jahren beispielgebend. Dennoch geht sie im Moment das Risiko ein, sich zwischen Privatbahnen und der DB AG aufzureiben. Die privaten Betreiber setzen durch ihre Politik Lohnsenkungen durch und schaffen dadurch ein Einfallstor für Lohnkürzungen bei der DB AG. Also ist es sinnvoll, überall zu streiken. Das wäre auch im Sinn der Fahrgäste, die von einem potenziell kürzeren, entschlossenen Kampf (mit höheren Erfolgsaussichten) mehr hätten als von einem langgezogenen Konflikt. Die GDL sollte bei den nächsten Arbeitsniederlegungen mehr als bisher auch Öffentlichkeitsarbeit leisten und mit Flugblättern, Plakaten und Kundgebungen die Anliegen der Lokführer erklären. Zudem sollte sie die Börsenbahn, die abgehobenen, überbezahlten Bahn-Manager und die Profitorientierung auf der Schiene offensiv ins Visier nehmen. Wichtig ist es auch, dass innerhalb der DGB-Gewerkschaften ebenfalls für Solidarität mit den GDLern geworben wird.