LINKE: Welche Schlussfolgerungen aus den stalinistischen Äußerungen von Christel Wegner?

Die Ansichten der niedersächsischen Landtagsabgeordneten Christel Wegner über die DDR stehen im grassen Gegensatz zu grundlegenden Zielen von SozialistInnen. Das spricht jedoch keineswegs dagegen, KandidatInnen aufzustellen, die nicht der Partei DIE LINKE angehören. Es spricht nur dafür, eine offene Diskussion über sozialistische Demokratie zu führen, bevor KandidatInnen zu Wahlen aufgestellt werden.


 

von Heino Berg, Bremen

Die Äußerungen von Christel Wegner (bisher Fraktion DIE LINKE, jetzt fraktionslos) zur Mauer und zu früheren Machthabern der DDR, zum Beispiel zu Margot Honecker, schaden nicht nur der Partei DIE LINKE, sondern allen Bestrebungen zur Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsordnung.

Diese nachträglichen Verbeugungen vor dem Stalinismus sind gerade für SozialistInnen, die die sozialistische Demokratie gegen die Diktatur von Kapitalisten und Bürokraten verwirklichen wollen, vollkommen indiskutabel und eindeutig zurückzuweisen.

Wegner hat sich mittlerweile von ihrer Äußerung zur Staatssicherheit distanziert. Andere Aussagen hat sie nicht zurückgenommen, zum Beispiel: „Der Bau der Mauer war in jedem Fall eine Maßnahme, um zu verhindern, dass weiterhin Westdeutsche in die DDR konnten.“ Oder: „In der DDR gab es auch Wahlen, und da haben sich 98 Prozent der Menschen beteiligt!“

Wegner bleibt mit ihren Bekenntnissen der unrühmlichen Rolle treu, die die Anhänger des Stalinismus (in der DKP ebenso wie in der SED) bereits vor der Wende gespielt hatten: Sie diskreditiert die Ziele des Sozialismus. Damit hilft sie denjenigen Kräften innerhalb und außerhalb der Partei DIE LINKE, die mit dem Hinweis auf die unbestreitbaren Verbrechen der stalinistischen Bürokratie den Kapitalismus als "kleineres Übel" erhalten und die LINKE durch Regierungszusammenarbeit in das bestehenden System integrieren wollen.

Damit spielen Wegner und andere Neostalinisten gerade in einer Situation, wo das Kapital und seine Manager das bestehende System in eine tiefe „Legitimationskrise“ geführt und sozialistische Alternativen in der Bevölkerung populärer gemacht haben, den Neoliberalen in die Hände.

Die Parteispitze der LINKEN will nun die Situation nutzen, um die Partei auf die bestehende Gesellschaftsordnung festzulegen und jede Alternative zur Herrschaft der Konzerne mit der Diktatur einer Bürokratie wie in der DDR gleich zu setzen: "Es gibt für uns keinen Weg zurück zur DDR. Es gibt für uns keinen Weg zur Verstaatlichung der Produktionsmittel«, so Gysi laut Pressemeldungen vom vom 15.2.08.

Außerdem sollen offene Listen unterbunden werden.So kündigte Bodo Ramelow an, der Parteivorstand werde den Landesverbänden beim nächsten Bundesparteitag empfehlen, keine sogenannten Crossover-Kandidaturen mehr zuzulassen. Damit soll der Fall Wegner genutzt werden, um linken Wahlbündnissen und KandidatInnen von „außen“ eine Absage zu erteilen.

Die Tatsache, dass Wegner von der Partei "DIE LINKE" für den niedersächsischen Landtag nominiert wurde, obwohl ihre Ansichten über die DDR und deren Unterdrückungsapparate im Widerspruch zu grundlegenden Zielen von SozialistInnen stehen, spricht jedoch keineswegs gegen linke Wahlbündnisse oder die Aufstellung von Kandidaten, die nicht der Partei angehören, sondern nur dagegen, sie ohne eine offene Diskussion über diese programmatischen Ziele und über die Systemfrage in die Parlamente zu entsenden.

Wie sich erneut gezeigt hat, ist es sinnlos und gefährlich für die LINKE, wenn sie einer Debatte über die traditionellen Ziele der Arbeiterbewegung und darüber, woran ihre Verwirklichung in der jüngeren Vergangenheit gescheitert ist, ausweicht. Jeder Versuch, die strittigen Kernfragen der Linken über eine demokratisch kontrollierte Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien auszuklammern (wie es z.B. der Landesvorstand der Bremer LINKEN mit seinem nichtssagenden Leitantrag für den kommenden Landesparteitag durchsetzen will), wird nur die Glaubwürdigkeit linker Systemopposition beschädigen und spätestens durch Nachfragen der gegnerischen Presse auf die gesamte Partei zurückfallen.

Die Konsequenz aus den Vorgängen in den Parlamentsfraktionen von Niedersachsen und Bremen kann nicht in betretenem Schweigen oder gar in pauschalen Ausgrenzungen bestehen, die sich in Zukunft auch gegen trotzkistische Gegner und andere Antikapitalisten richten wird. Nur die offene Diskussion über die programmatischen Ziele in Verbindung mit einer schonungslosen Bilanz dessen, was der Stalinismus in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung aus sozialistischer Sicht angerichtet hat, wird einen Weg nach vorn weisen.