„Nationaler Sozialismus“ = Kapitalismus

Die Demagogie der Nazis
Die NPD mobilisiert mit der Parole „Es gibt keine gerechte Globalisierung“ nach Schwerin zu einer Demonstration gegen das G8-Treffen in Heiligendamm. Die Neofaschisten geben sich scheinbar antikapitalistisch und reden vom „Nationalen Sozialismus“.
 

von Andreas Schmidt, Hamburg

Für den 1. Mai wurde in Erfurt eine Demonstration unter dem Motto „Zukunft statt Globalisierung – Arbeit für Millionen statt Profite für Millionäre“ angesetzt. Veranstalter waren nicht die Gewerkschaften oder ein linkes Bündnis, sondern die NPD. Im Internet rufen Kameradschaften zu Kampagnen wie „AG Antikap“ oder „Das System ist der Fehler“ auf. Der Bundesgeschäftsführer der NPD, Frank Schwerdt, ließ in der ARD verlauten: „Wir bevorzugen eher das sozialistische Modell, das soziale Modell in diesem Land, allerdings einen Sozialismus, der sich hier auf dieses Land bezieht, auf die Nation. Deswegen sagen wir Nationaler Sozialismus.“

Anfang der neunziger Jahre schien die Idee des Sozialismus erledigt zu sein. Der Zusammenbruch der angeblich sozialistischen Länder Osteuropas, die in Wahrheit stalinistische Staaten waren, beschleunigte die Verbürgerlichung der sozialdemokratischen Parteien. Die extreme Rechte versucht, dieses politische Vakuum zu füllen.

Dazu der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Gansel: „Begünstigt durch die linke Preisgabe der sozialen Frage werden Nationalisten zukünftig noch leichter die Position des Antikapitalismus aus den Traditionsbeständen der Linken herausbrechen und mit nationalen Inhalten aufladen können.“

Weder neu noch sozial…

Das alles ist nicht neu, sondern knüpft an Methoden und Propaganda der NSDAP an. Damals wurden Symbole der Arbeiterbewegung kopiert, pseudosozialistische Propaganda verbreitet und eine „Nationalsozialistische Betriebszellen-Organisation“ gegründet, um Einfluss in der Arbeiterklasse zu gewinnen.

Nach der Machtübernahme 1933 zeigte sich, was mit „Nationalem Sozialismus“ wirklich gemeint war. Sämtliche Arbeiterorganisationen wurden zerschlagen, Sozialdemokraten, Kommunisten, Gewerkschafter wurden verhaftet, gefoltert und ermordet. In den Betrieben ließ man ein totalitäres Führerprinzip einführen. Während die Reallöhne sanken und die Wochen-Arbeitszeit von 41,5 auf 47 Stunden erhöht wurde, sprudelten die Gewinne der Unternehmer. Die Kapitalisten verdienten selbst noch an der Lieferung der Uniformen, in denen die Arbeiter steckten, als sie auf den Schlachtfeldern des II. Weltkrieges in den Tod geschickt wurden.

Auch heute tun die Nazis alles, um den Interessengegensatz zwischen Kapitalisten und Beschäftigten zu verschleiern. „Ziel nationaldemokratischer Wirtschaftspolitik ist die Synthese von unternehmerischer Freiheit und sozialer Verpflichtung. Deshalb bekennt sich die NPD zu einem freien und sozialverpflichteten Unternehmertum.“ Im Kapitalismus gibt es aber nur eine Pflicht für die Unternehmer: ihren Profit zu maximieren.

… geschweige denn antikapitalistisch

Wo das Programm der Neonazis konkreter wird, zeigt sich dessen wahrer Charakter: „Alle Global Player auf deutschem Boden müssen stillgelegt, enteignet und durch deutsche Unternehmer ersetzt werden“ (www.antikap.de). Ja, bei deutschen Unternehmern laufen die Fließbänder natürlich langsamer. Wir sehen ja tagtäglich, wie sozial deutsche Unternehmer bei Siemens, Telekom oder der Deutschen Bank sind. So ein Schwachsinn kommt heraus, wenn man behauptet, dass es nur Nationen und keine Klassen gibt.

„Die Bedeutung von Volkstreue, selbstloser Weltanschauung sowie von nichtmaterialistischer Bindung vieler Menschen verkennt der Marxismus genauso wie den Stellenwert der biologischen, geschichtlichen, kulturellen und seelischen Einbindung der Menschen aller „Klassen” in die Volksgemeinschaft.“ Diese Zeilen aus dem „Politischen Lexikon“ der NPD sollen alle, die von ihrer Firma auf die Straße geworfen worden sind, keinen Ausbildungsplatz finden oder sich für wenig Geld kaputt arbeiten müssen, einwickeln. Ja, wozu noch Klassenkampf für Arbeit, Einkommen, ein besseres Leben, bei „selbstloser Weltanschauung“ und „seelischer Einbindung“ in die „Volksgemeinschaft“?

Der „Nationale Sozialismus“ der NPD will nicht die Grundpfeiler des kapitalistischen Systems, wie das Privateigentum an den Produktionsmitteln, antasten, sondern nur einen „Austausch der Mächtigen“ (Punkt 1 im NPD-Programm). Zu ihren Verbündeten zählen Unternehmer wie Gerhard Frey oder reiche Bonzen wie Jürgen Rieger. Wer auf die Propaganda der NPD hereinfällt, macht sich zum nützlichen Idioten des Kapitals. Das hilft nur den Kapitalisten. Denn wenn die Beschäftigten und Erwerbslosen glauben, das Problem seien die Ausländer, können die da oben Lohndrückerei und Sozialabbau durchsetzen.