US-Wirtschaft auf Crashkurs

Krisensignale mehren sich
Ende März beschlossen die USA Strafzölle gegen Papierimporte aus China. Die Wirtschaftspolitiker in Washington haben dabei bestimmt nicht daran gedacht, dass vor fünfzig Jahren der chinesische Staatschef Mao Tse-tung meinte, die USA seien nur ein Papiertiger.
 

Das ist sicher nur eine kleine Ironie der Geschichte. Aber diese Strafzölle, die ersten der USA gegen China seit den achtziger Jahren, sind ein Symptom für tiefer liegende Probleme der US-Wirtschaft.

von Tommy Lindquist, Berlin

Probleme, die Auswirkungen auf die ganze Welt haben können. Denn die Weltwirtschaft konnte bisher immer auf die Importe der USA bauen. Die Vereinigten Staaten waren in den letzten Jahren die zugkräftigste Lokomotive der Weltwirtschaft. Eine Lokomotive, die gerade Bremsspuren zeigt.

Handels- und Haushaltsdefizit

Die US-Wirtschaft steht auf keiner soliden Basis. Das spiegelt sich vor allem im riesigen Handelsbilanzdefizit wider. Statistisch gesehen werden für zwei Waren, die von den USA exportiert werden, drei Waren importiert. 2006 betrug das Defizit im Außenhandel 764 Milliarden Dollar.

Auch die öffentlichen Kassen und die privaten Haushalte sind hoch verschuldet. Eine Zeit lang konnte eine Spekulationsblase, vor allem im Immobiliensektor, den Konsumaufschwung künstlich verlängern. Private Verbraucher nahmen hohe Kredite auf, als „Sicherheit“ dienten ihre überbewerteten Eigenheime. Das wird jetzt zum Bumerang.

Immobilienblase

„Wir hatten es wie vor sieben Jahren mit einer zerplatzenden Blase an den Märkten für Vermögenswerte zu tun. Damals waren es Aktien, diesmal sind es Immobilien“, so Stephen Roach, Chefvolkswirt der Investmentbank Morgan Stanley (FAZ vom 19. März). „Und wenn diese Stütze der Wirtschaft bricht, kann das ganz gewiss eine Rezession auslösen.“

Die Hauspreise, die beispielsweise 2005 um 15 Prozent stiegen, sind zuletzt gesunken. Das hat Auswirkungen auf den Finanzmärkten. Anfang März musste die Hypothekenbank New Century, eine der ganz großen in diesem Geschäft, Insolvenz beantragen. In den zwei Monaten davor hatten bereits mehr als 20 unabhängige Immobilienfinanzierer Konkurs angemeldet.

In diesem Frühjahr kam es in vier Wochen zweimal zu Turbulenzen an den Weltbörsen. Bevor die Zahlungsunfähigkeit der Hypothekenbank New Century für Unruhen sorgte, hatten die Aktien Ende Februar, Anfang März 1,5 Billionen Dollar an Wert verloren. Dabei kam es zum größten Kursverlust an der Wall Street seit dem 11. September 2001. Auch in diesem Fall waren die Krisentendenzen in den USA ein wichtiger Faktor. So orakelte der ehemalige US-Notenbankchef Alan Greenspan von einer möglichen Rezession in den USA.

Windböen vor dem Sturm?

In den USA kam es wie in anderen Teilen der kapitalistischen Weltwirtschaft zu einer Schatzbildung durch verschärfte Ausbeutung. Auf dieser Basis konnten die Profite saniert werden. Künstlich verlängert wurde der Aufschwung durch die Verschuldung der privaten Haushalte. Hierbei spielte die Aufblähung der Immobilienpreise eine große Rolle. Die Folge: Durchgehend negative Sparraten der privaten Haushalte seit April 2005, vier Billionen Dollar offene Konsumentenkredite, 13 Billionen Dollar Hypothekenschulden (84 Prozent aller Immobilien sind belastet). Mittlerweile hat auch die Gewinndynamik an der Wall Street kräftig nachgelassen.

Die Probleme der US-Wirtschaft sind strukturell. Sie gehen einher mit den Problemen des US-Imperialismus international: Das Fiasko in Afghanistan und Irak, die Konflikte mit Iran, die Ölpreise, die drei mal so hoch sind wie vor dem 11. September.

Natürlich werden protektionistische Maßnahmen der USA, wie die Strafzölle gegen China, von den konkurrierenden Wirtschaftsmächten nicht schweigend hingenommen, sondern früher oder später mit Gegenmaßnahmen beantwortet werden.

Eine tiefere Krise in den USA würde die Instabilität weltweit verschärfen. Niemand kann sagen, ob das, was wir jetzt an wirtschaftlichen Problemen in den USA sehen, der Anfang einer tieferen, unmittelbar bevorstehenden Krise ist. Oder ob sich eine schwere wirtschaftliche Rezession erst in den nächsten Jahren entfalten wird. Eine dritte Alternative gibt es aber nicht.

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