Schröders Arbeitslosengeld II

Massenarmut und moderne Sklavenarbeit
 
Bislang erhielten Erwerbslose in der Regel ein Jahr Arbeitslosengeld. Danach Arbeitslosenhilfe, die unter dem Arbeitslosengeld, aber über der Sozialhilfe liegt. Mit Arbeitslosenhilfe wird es ab dem nächsten Jahr vorbei sein.
Die 2,3 Millionen ArbeitslosenhilfebezieherInnen und die eine Million „erwerbsfähigen“ SozialhilfebezieherInnen erhalten dann ein unter dem heutigen Sozialhilfeniveau liegendes Arbeitslosengeld II oder fallen ganz raus.
– Hunderttausende werden keine Leistungen mehr bekommen, weil das Einkommen von Ehepartnern angerechnet wird
– Der Mietzuschuss beträgt nur noch 210 Euro
– Der anrechnungsfreie Zuverdienst wird von 165 auf 60 Euro reduziert
– Die einmaligen Leistungen entfallen größtenteils

Existenzminimum

Unter Kohl und Schröder wurde Armut wieder zu einem Massenphänomen. Jedes siebte Kind wächst heute am Rande des Existenzminimums auf. Mit Hartz IV soll die Kinderarmut laut deutschem Kinderschutzbund bundesweit um eine halbe Million zunehmen.
2005 sollen Empfänger von Arbeitslosengeld II von pauschal 345 (im Westen) beziehungsweise 331 Euro (im Osten) leben beziehungsweise ums nackte Überleben kämpfen. Davon soll auch noch für eine neue Waschmaschine oder Kleidung gespart werden. Die Höhe der Mieten kann auf abgesenktem Niveau pauschalisiert werden. Bald sind dann nur noch Wohnklos drin.
Billigjobs
Die Arbeitslosigkeit ist auf einem Rekordstand. Nur der Niedriglohnsektor hat Konjunktur. Im ersten Quartal kamen 300.000 neue Billigjobs dazu. Allein in Westdeutschland erhält ein Drittel aller Vollzeitbeschäftigten, das sind 6,3 Millionen Menschen, einen Niedriglohn (weniger als 75 Prozent des durchschnittlichen effektiven Vollzeitverdienstes).
Beim Arbeitslosengeld II werden die Zumutbarkeitsregelungen auf ein Minimum reduziert. Jugendliche bis 25 Jahren erhalten bei der Ablehnung eines Jobs gar kein Geld mehr.

Steuerpolitik

Zwei oder drei Euro im privaten Sicherheitsdienst oder als Friseur im Osten – nach unten gibt es bald keine Grenzen mehr. Die Gewerkschaften sollten sich für eine vernünftige Mindestsicherung für alle stark machen. Angesichts von Teuro und Mietwucher ist ein Betrag von 750 Euro netto plus Warmmiete nötig. Für Vollzeitbeschäftigte sollte ein Mindestlohn von brutto 2.000 Euro im Monat gelten. Würde der DGB offensiv für solche Forderungen eintreten, könnten Beschäftigte und Erwerbslose für einen gemeinsamen Kampf gewonnen werden.
Es stimmt: die öffentlichen Kassen sind leer. Aber wer hat sie geleert? Die Lohnabhängigen bringen drei Viertel aller Steuereinnahmen auf. Tendenz steigend. Die Reichen und Superreichen stehlen sich davon. Dabei wäre jede Menge zu holen: die Vorstandschefs der Großkonzerne kassieren im Schnitt zwei Millionen Euro pro Jahr. Nötig wäre eine stark progressive Besteuerung der Einkommen und Vermögen. Nötig wäre auch eine massive Anhebung der Unternehmenssteuern. Jahrelang haben Konzerne wie Siemens oder DaimlerChrysler weniger Steuern gezahlt als eine Verkäuferin oder ein Bauarbeiter.

Eigentumsfrage

Aber reicht die Forderung nach Umverteilung aus? Wäre eine andere Steuerpolitik genug? Wenn Banken und Konzerne aus Konkurrenzgründen die Arbeitszeit verlängern, den Abbau von Arbeitsplätzen vorantreiben und mit Betriebsverlagerungen ins Ausland drohen, dann greifen Steuererhöhungen zu kurz. Wenn die Schrempps und von Pierers Entlassungen durchführen, um ihre Profite zu steigern oder um neue Renditen zu erwirtschaften, dann muss diesen Konzernchefs die Kontrolle entzogen werden. Wirksam kontrollieren lässt sich aber nur, was einem gehört. Soll mit Heuern und Feuern Schluss sein, sollen die Beschäftigten eines Betriebs Kontrolle und Verwaltung demokratisch übernehmen, dann müssen diese Unternehmen in öffentliches Eigentum (rück)überführt werden.

Arbeiterpartei

Tagein tagaus wird uns verkauft: Die Erde ist eine Scheibe, Arbeitszeitverlängerung schafft Arbeitsplätze, Lohndrückerei führt zu höheren Einkommen. Höchste Zeit, dass eine Gegenstimme laut wird. Höchste Zeit, dass Gegenwehr organisiert wird. Damit wir dahin kommen, müssen wir den Kampf in den Gewerkschaften für einen grundlegenden Kurswechsel aufnehmen. Damit wir dahinkommen, brauchen wir außerdem eine neue politische Interessenvertetung. Eine neue Partei für Beschäftigte und Erwerbslose.
Will eine neue Partei auch eine neue, eine andere Politik machen, dann muss sie sich mit den Reichen, den Mächtigen, den Kapitalbesitzern anlegen. Will sie nicht nur an den Problemen herumdoktern, dann darf sie sich nicht mit den bestehenden Eigentums- und Machtverhältnissen abfinden.

von Aron Amm, Berlin