Bahn-Verkauf: Die Regierung hat es eilig

Auf der Kabinettssitzung am 24. Juli wurde im Bundeskanzleramt der Gesetzentwurf zur Bahn-Privatisierung, der aus dem Bundesverkehrsministerium stammt, beschlossen. Geplant ist, dass bis zu 49,9 Prozent der Bahn-Aktien in die Hände von privaten Investoren übergehen.


 

Unmittelbar nach der Sommerpause steht das Thema im Bundestag auf der Tagesordnung.

Schon im nächsten Jahr soll ein erstes Anteilspaket an der Deutschen Bahn AG verkauft werden, in einer Größenordnung von 25 Prozent. Die Merkel/Müntefering-Regierung „schätzt“ den Wert des Unternehmens auf 20 Milliarden Euro und möchte deshalb mit einem ersten Teilverkauf fünf Milliarden Euro erlösen.

Der Wert des Bruttoanlagevermögens der Deutschen Bahn AG, das sich in der Geschichte der Bahn herausbildete, liegt jedoch bei 181.403.000.000 oder bei 181,4 Milliarden Euro. Allein für den Fahrweg – für die 40.000 Kilometer Schienennetz – nennt die von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) persönlich unterzeichnete Statistik „Verkehr in Zahlen“ einen Wert von 126 Milliarden Euro.

Zwar redet Tiefensee davon, dass das Netz beim Bund bleiben würde. Aber das stimmt faktisch nicht. Nach den Gesetzesplänen soll die teilprivatisierte Deutsche Bahn AG die Infrastruktur 15 Jahre lang „betreiben und bilanzieren“ können. Sie wird einem Eigentümer gleich über das Schienennetz und über die mehr als 5.000 Bahnhöfe bestimmen können. Die Verfügung über das Netz soll nach dieser Zeit zwar an den Bund zurückgehen. Doch dafür müsste die privatisierte Deutsche Bahn AG einen so genannten Wertausgleich in zweistelliger Milliardenhöhe erhalten. Diese Konstruktion macht es extrem unwahrscheinlich, dass der Bund jemals wieder die reale Verfügung über den Verkehrsweg bekommt.

Im Übrigen kommen allein in diesen 15 Jahren überwiegend gesetzlich garantierte Subventionen von mehr als 100 Milliarden Euro der dann teilprivatisierten Deutschen Bahn AG zu Gute: jeweils jährlich 2,5 Milliarden Euro für den Erhalt der Infrastruktur, rund eine Milliarde für den Ausbau des Schienennetzes, rund 4,5 Milliarden Euro jeweils in Form von Regionalisierungsgeldern für den Nahverkehr.

Aus unterschiedlichen Gründen wird auf Ebene der Bundesländer und in der SPD Unmut laut. In den SPD-Landesverbänden Bayern, Baden-Württemberg, Brandenburg und Berlin wurden jedenfalls in den vergangenen Wochen Beschlüsse gegen eine Bahn-Privatisierung gefasst.

Von daher macht der knallharte Fahrplan der Großen Koalition Sinn. Der Regierungsentwurf soll schon in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause – die eigentlich den Beratungen des Haushalts 2008 vorbehalten ist – zur ersten Lesung eingebracht werden. Damit bestünde die Möglichkeit, das gesamte Projekt in Bundestag und Bundesrat vor Ende Oktober durchzupeitschen – und damit vor dem SPD-Bundesparteitag am 26. bis 28. Oktober.