Die Bundesländer Bremen und Mecklenburg-Vorpommern haben im Bundesrat für die Aufhebung der Schuldenbremse zwecks massiver Aufrüstung und das “Sondervermögen Infrastruktur” in Höhe von 500 Milliarden Euro gestimmt. Hätte die dort mitregierende Partei Die Linke dagegen votiert, hätten sich die Bundesländer enthalten müssen.
Von Claus Ludwig, Köln
Damit haben sich die Linke-Minister- und Senator*innen über die Beschlüsse des Parteivorstands und einen an einem einzigen Tag von 2700 Mitgliedern unterschriebenen Appell hinweggesetzt und gegen die Beschlusslagen der Partei verstoßen. Eine Enthaltung der beiden Bundesländer hätte nicht einmal etwas geändert, der Beschluss wäre ohnehin erfolgt. Sie haben es aus Gehorsam gegenüber ihren Koalitionen getan, um weiter regieren zu können.
Dieser Alleingang beschädigt die just aus Ruinen auferstandene Partei und wird ihr mit Wucht und einer gewissen Verzögerung auf die Füße fallen: Damit eskalieren Kristina Vogt, Claudia Bernhard und Co. die “Methode Wagenknecht” – durch Selbstermächtigung aus gut bezahlten Posten heraus die Beschlüsse der Partei kippen.
Sozialer Kollateralnutzen?
Sie reden von “Investitionen”, aber jede*r sieht , dass es vor allem um ein riesiges Rüstungsprogramm geht. Selbst ein großer Teil der Infrastruktur-Maßnahmen des Sondervermögens dient dazu, Deutschland “kriegstüchtig” zu machen. Bevor auch nur ein einziges Schulklo seine Sanierung erlebt, werden wir Dutzende panzertaugliche Bundesstraßen bekommen.
Die Regierungslinken behaupten, sie hätten dies nach langen Diskussion und schwierigen Abwägungen entscheiden müssen, wahrscheinlich mit “Bauchschmerzen”, wie sie die Grünen immer beklagen, wenn die die Bevölkerung durch den Kakao ziehen, natürlich nur, um das Beste zu erreichen und weitere Sozialkürzungen zu verhindern.
Doch die schuldenbasierte Aufrüstung wird die inflationären Tendenzen verstärken. Die Kredite kommen von den Banken und reichen Investoren, der Staat zahlt ihnen Zinsen aus unseren Steuergeldern. Eine Tilgung ist nicht in Sicht, die Zinsen werden lange fließen und die Kreditgeber noch reicher machen. Das im Gegenzug beschaffte Waffenarsenal ist im besten Fall teurer Elektro- und Metallschrott, der keinen gesellschaftlichen Nutzen hat, im schlimmsten Fall wird es eingesetzt.
Bremens Gesundheitssenatorin Bernhard bezeichnete das Paket in einer Diskussion mit Mitgliedern als “Silberstreifen am Horizont”, weil ein paar Milliarden für die Länder und Kommunen abfallen um Haushaltslöcher zu stopfen – entweder schließt sie bewusst die Augen oder sie ist politisch völlig blind – ihr “Silberstreifen” ist in Wirklichkeit der dunkle Sturm kommender sozialer Einschnitte. Die Linke-Minister*innen, welche behaupten, sozial Gutes tun zu wollen, werden schon bald schlimmere Kürzungen verkünden, natürlich mit gequältem Blick und schmerzenden Bäuchen.
Regieren in Zeiten des Imperialismus
Darauf wird Bremen nicht lange warten müssen. Das Sondervermögen bringt nach Schätzungen des Linke-Landesvorstandes 240 Millionen Euro für das arme Bundesland. Gleichzeitig sinken die Steuereinnahmen, der nächste Haushalt wird zwischen 400 und 700 Millionen Euro Mindereinnahmen verzeichnen, bei steigenden Ausgaben.
Der Gehorsam der linken Minister- und Senator*innen in Bremen und Mecklenburg-Vorpommern ist kein Makel auf einer ansonsten reinen Weste der Regierungsbeteiligung. “Rebellisches Regieren”, wie es einige in der Partei formulieren, hat bisher in keinem Bundesland funktioniert, nirgendwo wurde ein politischer Richtungswechsel erreicht. In dieser Periode von Aufrüstung, Nationalismus und Rechtsruck sind sämtliche Spielräume verschwunden, die Regierenden von den Kommunen über die Länder bis zum Bund exekutieren lediglich die “Sachzwänge” des Imperialismus. Linke Juniorpartner*innen ändern daran … nichts.
Leute wie die Bremer Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt gehören nicht in eine sozialistische Partei. Die Aufforderung der linksjugend Berlin zum Austritt aus der Partei ist nachvollziehbar. Noch wichtiger wäre eine breite Diskussion über Regierungsbeteiligung und auf dieser Grundlagen eine klare Ablehnung der Beteiligungen an prokapitalistischen Regierungen durch den Parteivorstand. In dieser Periode gesellschaftlicher Zuspitzungen wird Die Linke als kämpfende, oppositionelle Kraft aufgebaut werden. Oder sie passt sich an und macht sich überflüssig.
Bild: Lars Peters – CC BY 2.0