Überall dort, wo es brennt: OKG brachte Organizer:innen wichtiger Kampagnen zusammen

3. Konferenz von Organisieren – Kämpfen – Gewinnen (OKG) 1/2 Oktober 2022, Berlin

Die dritte OKG Konferenz glänzte mit über 100 Teilnehmenden, Internationalismus, Tiefe betrieblicher und tariflicher Debatten und Verankerung. Noch fehlt der Brückenschlag in breitere Bündnisse hinein und klarere politische Stellungnahmen.

Bei der Abendveranstaltung war die Rede von Carola Rakete, die sich für die Vernetzung von Klima und betrieblichen Kämpfen aussprach ein Highlight, ebenso wie das Sonntagspodium, an dem ein Hafenarbeiter aus Genua teilnahm. Dort haben Kolleg:innen durch die Blockade von Schiffen, die Waffen in den Jemen oder nach Israel liefern, Bekanntheit erlangten. Auch Kolleg:innen aus Großbritannien, Polen und anderen Ländern berichteten von sonst oft wenig bekannten Arbeitskämpfen.

OKG begann etwa 2012 als Aktivist*innen, inspiriert von linken gewerkschaftsorientierten Netzwerken aus den USA wie LabourNotes und den IWW (Wobblies), an betrieblichen Auseinandersetzungen teilnahmen. Mit dem Amazon Solibündnis in Kassel, verschiedenen Initiativen wie den Support von Taxifahrer:innen, DHL-Kolleg:innen und Postbeschäftigten, hat das Netzwerk in Bereichen Fuß gefasst, die ebenso wie der Pflegesektor lange als gewerkschaftlich “unrganisierbar” galten. Dieser Anspruch und Ansatz linke Organizing Konzepte nach Deutschland zu bringen, hat sich auch in der 3. Konferenz der OKG gezeigt.

In zahlreichen Workshops wurden gemeinsame Lehren aus Arbeitskämpfen gezogen, die in den letzten Monaten relevant waren oder noch sind. So wahren mehrere Lehrer:innen aus Berlin anwesend, die momentan monatlich streiken, um einen Tarifvertrag für Gesundheitsschutz zu erkämpfen. Kern dieses Vertrages sollen kleine Klassen von maximal 20 Schüler:innen sein. Auch über den Versuch, Themen wie Entfristung oder Entlastung in breite Tarifverträge im öffentlichen Dienst zu verankern, gab es sehr gute Diskussionen. Kolleginnen des Uni Klinikum Jena berichten von ihren Organisierungserfahrungen und den anhaltenden Problemen Themen wie mehr Personal tariffähig zu machen, aber auch von ihren Erfolgen. Kolleg:innen aus der Notrufkampagne und den Kliniken in NRW erzählten wie bei ihnen das Konzept der Tarifbotschafter:innen und der Streikdelegiertenstruktur funktioniert hatte. Postler:innen warnten, dass ver.di die anstehende Tarifrunde im Januar 2023 jetzt wesentlich demokratischer und kämpferischer führen müsse, da die Gewerkschaft dort sonst verschwinden würde, zu viel Frust hat sich seit dem abgebrochenen Streik 2015 unter Kolleg:innen aufgestaut. Auch Amazon Kolleg:innen berichteten von neuen Streik- und Organisierungswellen auch unter Kolleg:innen, die zuvor Angst gehabt hatten, sich zu organisieren oder regelmäßig auf die Streiks geschimpft hatten. Die Inflation und die fehlende Bereichtschaft der Konzernleitung, sich in Gehalts- und Arbeitsschutzfragen zu bewegen, heize die Stimmung an.

Neben diesen Diskussionen gab es auch Einführungsveranstaltungen in linke Organisingmethoden. Debatten darüber wie das konkret funktioniert und auch klare Kritiken an etablierte Gewerkschaften wie ver.di oder IG-BAU wurden eher unstrukturiert, jedoch immer wieder deutlich in Workshops geäußert. Ein Kollege, der ehemals bei den Gorillas arbeitete, berichtete davon wie sich ver.di- Sekretär:innen geweigert hatten, den Arbeitskampf der Rider zu unterstützen, anfangs wohl sogar behaupteten, sie könnten kein Englisch und sich deshalb nicht auf die internationalen Kolleg:innen einlassen. Als sie es dann doch taten, seien sie den Kolleg:innen gegenüber arrogant und belehrend aufgetreten. Auch die Postler:innen und Amazon-Kolleg:innen kritisieren den “fehlenden Willen” einiger ver.di Sekretär:innen, insbesondere der wachsende Marktmacht des Amazon-Konzerns entgegenzutreten. Sie äußerten die Sorge, dass immer mehr Berufe in tariflose und ausbeuterische “Gig-Jobs” umgewandelt würden, wenn dagegen keine deutliche Strategie der Gewerkschaftsführungen kämen.

Hierzu braucht es jedoch nicht nur seitens der Gewerkschaftsführungen, sondern auch der Gewerkschaftslinken mehr Vernetzung und klarere Positionen, wohin die Arbeitswelt driftet und wie es möglich ist, sich nicht nur betrieblich, sondern auch gesellschaftlich mehr in die Debatte zu bringen. Auch in Bezug auf die Inflations- und Preisexplosion wäre es sinnvoll, wenn sich Strukturen mit einem Potential wie OKG auch mehr in die politische Vernetzung und Positionierung vorwagen. Die nächste Konferenz Gewerkschaftliche Erneuerung im Mai 2023 kann dabei ein wichtiger Ort sein, mehr demokratische Strategien gegen das Aufbrechen von Arbeitsschutz, Tarifen und Rechten zu entwickeln. Eine Idee davon können Enough is Enough und We Demand Better aus Großbritannien geben, wo Gewerkschaften und soziale Bewegungen gemeinsam gegen den autoritären Angriffskurs der Regierung und der Unternehmen eine Front aufbauen.