True Crime Ostsee: Wer hat die Pipeline gesprengt?

Eigentlich ist es egal, wer es war. Denn die politische und mediale Erzählung steht: Die Russen waren’s. Ist es möglich, dass russische Saboteure den Anschlag verübt haben? Durchaus. Ist es die einzige Möglichkeit? Keineswegs.

Von Claus Ludwig, Köln

Wem nützt die Sprengung der Ostsee-Pipeline? Verschiedene Optionen sind denkbar. Es könnte eine Warnung der russischen Seite sein, dass die europäische Infrastruktur verletzlich ist und EU und NATO die militärische Unterstützung der Ukraine nicht noch weiter treiben sollen. Das wäre nicht besonders schlau, denn genau das wird durch den Anschlag politisch erleichtert. Doch Putins Regime ist in die Ecke gedrängt und gezwungen, verschiedene Optionen zu testen. Es wäre nicht seine erste Dummheit.

Die USA haben im Unterschied zu Russland eindeutige Interessen. Sie waren schon immer aus geostrategischen und ökonomischen Gründen gegen die Nordstream-Leitungen. US-Energiekonzerne würden profitieren, wenn die Pipelines nicht mehr liefern würden, weil Europa damit auf ihr teures Fracking-Gas angewiesen wäre. Man könnte einwenden, die Sprengung sei doch gar nicht mehr nötig gewesen, weil ohnehin kaum noch Gas kam und der Beschluss zur Abkoppelung bereits gefallen sei. Doch sicher ist sicher.

Presseleute, Politiker*innen und “Energieexpert*innen” erwähnen die Möglichkeit nicht, dass US-Einheiten dafür verantwortlich sein könnten, als sei das überhaupt nicht im Bereich des Denkbaren. So, als habe  die CIA noch nie Provokationen oder Operationen unter falscher Flagge ausgeführt und vertuscht oder als wären von  einer US-Regierung noch nie Lügen fabriziert worden, um gegen feindliche Staaten vorzugehen …

Beide Varianten sind möglich. Das Gefährliche daran ist, dass der Anschlag seitens der NATO genutzt werden kann, angesichts der Annektion der besetzten Gebiete den Ton zu verschärfen, die Unterstützung der ukrainischen Armee zu intensivieren sowie eigene Operationen gegen die russische Infrastruktur zu legitimieren.

Der Anschlag wirft zudem ein Schlaglicht auf die Verletzlichkeit der fossilen, global organisierten Energieversorgung in Zeiten internationaler Spannungen und Kriege – ein weiteres Argument für die Umstellung auf erneuerbare Energien, so dezentral wie möglich und nicht in den Händen privater Konzerne, sondern in öffentlichem Eigentum, demokratisch kontrolliert.

Karte: Lämpel, CC BY-SA 4.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0, via Wikimedia Commons