Das Ende ist nah …?

„Und wir singen im Atomschutzbunker, hurra, diese Welt geht unter“ (K.I.Z.)

Es sieht nicht gut aus. Die ganze Welt wird von Kriegen und Krisen gebeutelt. Millionen Menschen sind auf der Flucht, der Klimawandel ist spürbar. Mit dem Krieg in der Ukraine ist ein nuklearer Konflikt denk- und diskutierbar geworden, zwischendurch hatten wir die Pandemie. Der Weltuntergang scheint so konkret wie nie zuvor. Die Stimmung, dass längst alles hinüber ist, wird vor allem in den USA als „Doomerism“ (von englisch doom, Untergang) bezeichnet.

Von Verena Saalmann, Müllheim, & Claus Ludwig, Köln

Klimaforscher*innen zeichnen düstere Bilder einer Zukunft, die wesentlich näher als in 100 Jahren liegt. Die 1,5-Grad-Grenze der menschengemachten Erwärmung könnte bereits in diesem Jahrzehnt erreicht werden. Küstenstädte wie Hamburg, Rotterdam, New York und New Orleans würden im Meer versinken, große Teile von Spanien zur Wüste werden. Großstädte wie Frankfurt heizen sich so auf, dass man auch nachts vor Hitze kaum auf die Straße kann. Länder werden unbewohnbar. Pandemien und Seuchen drohen.

In ganzen Regionen wird das Trinkwasser knapp, und damit auch der Strom, wenn er aus Wasserkraftwerken kommt. Menschen sterben an Hitzschlägen, verdursten, ertrinken, verhungern oder erfrieren. Am Ende stehen der Zusammenbruch des Welthandels, der internationalen Kooperation und zum Schluss der Zivilisation. Der Klimawandel ist wie eine Abfolge von Katastrophenfilmen, die immer drastischer werden und nicht mehr enden wollen.

„Doomerism“ nennt es sich, wenn man angesichts dieser Szenarien den Weltuntergang kommen sieht – und zwar ausweglos. „Doomer“ glauben, dass es nicht möglich ist, die Menschheit noch zu retten, versinken in Traurigkeit, wollen keine Kinder bekommen. Oder sie interpretieren die trübe Lage hedonistisch und verkünden eine endlose „Abrissparty“. Sind das die einzigen realistischen Optionen?

Weltuntergang in 3, 2, 1 …

Wenn es so weiterläuft wie bisher, dann erleben wir einen Klimawandel, der einer Apokalypse gleichkommt, das ist der wahre Kern des Doomerismus. Dabei handelt es sich jedoch um kein Naturgesetz. Der Klimawandel – und andere mögliche Katastrophen wie Kriege oder Artensterben – lassen sich beeinflussen, wenn die Menschheit handelt. Die Erwärmung des Planeten kann nicht mehr komplett aufgehalten werden, aber eingegrenzt und gestoppt: durch die schnelle und umfassende Umstellung auf erneuerbare Energien und die komplette Umstellung von Produktion und Verteilung auf Nachhaltigkeit.

Dagegen spricht, das würden die „Doomer“ einwenden, dass die Menschheit der katastrophalen Entwicklung bisher noch nicht maßgeblich entgegengetreten ist. Klimawissenschaftler*innen weisen seit Jahrzehnten auf die Gefahren hin, Konzerne und Politiker*innen haben die Fakten weitestgehend ignoriert. Zerstörerische Produktionsweisen bestehen weiterhin, wurden und werden sogar ausgebaut.

Doch Millionen Jugendliche sind unter dem Slogan „Fridays for Future“ in einer ersten großen Welle von Klimaprotesten auf die Straße gegangen, Tausende haben sich den Baggern von RWE im rheinischen Revier entgegengestellt. Protest allein reicht allerdings nicht: Zur Rettung der menschlichen Zivilisation ist eine Revolution nötig, um den Kapitalismus und seine fossile Produktionsweise zu stürzen. Das scheint heute noch weit weg, aber die Auswirkungen der Klimakrise werden diesen Prozess beschleunigen.

Wer nicht kämpft, hat schon verloren

Es ist möglich, die Gesellschaft zu ändern – wir haben heute weder eine Sklavenhaltergesellschaft noch Feudalismus. Immer wieder haben in der Geschichte Revolutionen Regime und Produktionsweisen hinweggefegt, die sich in der Sackgasse befanden. Aber so etwas kann nur passieren, wenn man kämpft. Bertold Brecht sagte, nur wer kämpft, könne gewinnen – wer nicht kämpft, habe bereits verloren. Wer den Weltuntergang als eine unausweichliche Tatsache akzeptiert, hat keine Chance, ihn aufzuhalten. Gerade im Widerstand gegen den fossilen Wahnsinn und im Kampf für konkrete Verbesserungen und gegen die Auswirkungen des Klimawandels entstehen die Lösungen, sowohl soziale und organisatorische, wie Bewegungen und Methoden des Kampfes, als auch technische Innovationen werden dadurch befördert. Sich passiv auf eine vermutete Apokalypse einzustellen, ist wie im Auto zu sitzen, das auf eine Wand zurast, und nach dem besten Radiosender für den Soundtrack zum großen Knall zu suchen, statt auf die Bremse zu treten.

Bild der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021: Martin Seifert (CnndrBrbr at German Wikipedia), Hochwasser in Altenahr Altenburg, CC0 1.0