Reaktion von Fridays For Future auf den Krieg: Klare Unterschiede sichtbar

Am 25. März ging es bei einem globalen Klimastreik  zum ersten Mal nicht ausschließlich um Klimaschutz. Auf der offiziellen Website von FFF Deutschland wurde kurz nach Beginn des Krieges ein Stopp der Energieimporte aus Russland und eine konsequente Umstellung auf erneuerbare Energien gefordert. 

Von Sammy, Nürnberg

Diese Thematisierung war richtig. Der Kapitalismus verursacht viele Krisen auf der Welt: Ausbeutung, schlechte Arbeitsbedingungen, Inflation, Klimakrise, Krieg, Rassismus, Sexismus. Wenn Bewegungen sich ausschließlich auf ein Problem fokussieren, schwächt sie das. FFF stellte eine Verbindung zwischen den Kämpfen für Klimaschutz und Frieden her, Friedensaktivist*innen und Klimaaktivist*innen gingen gemeinsam auf die Straßen. 

Unterschiedliche Forderungen

Allerdings unterschieden sich die Forderungen von Ort zu Ort. Manche FFF-Ortsgruppen definierten Frieden anders. In Kassel und Hamburg wurden in Reden Sanktionen gegen die russische Bevölkerung und erhöhte Spritpreise gefordert sowie die Politik der Regierung Selenskyj und Waffenlieferungen an die Ukraine unterstützt. In Städten mit eher linken FFF-Ortsgruppen gab es eine andere Betonung: Solidarität mit den Opfern (ukrainisch und russisch), Ablehnung der 100 Milliarden für die Bundeswehr, stattdessen Investitionen in Erneuerbare.

FFF ist eine „überparteiliche“ Bewegung, weil keine der etablierten Parteien einen Plan zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze hat. Dennoch sind viele bekannte Menschen, die die Medien gern als die „Gesichter“ von FFF bezeichnen, Mitglieder bei den Grünen, zum Beispiel Luisa Neubauer und Jakob Blasel. Diese Gruppe erfahrener Aktivist*innen hat großen Einfluss auf die Bewegung. In Städten, in denen diese Strömung dominiert, verbreiten sie heute noch die gleichen Ideen wie 2019 – mit Druck auf die Establishment-Politiker*innen, richtigem Wählen und erhöhten Sprit- und Fleischpreisen könnten angeblich die Klimaziele erreicht werden. Sie rufen zwar „System Change“, aber ohne Klassenanalyse ist der Spruch bedeutungslos. 

Undemokratische Strukturen

Da diese Gruppe von Anfang an dabei war, besetzt sie die wichtigsten Positionen in der „Bundesorga“. Im Unterschied zur „Bundesebene“, die aus Vertreter*innen der Ortsgruppen besteht, die dort jeweils berichten, ist die „Bundesorga“ eine Freundesgruppe, die sich durch langjährigen Aktivismus kennt und wichtige Entscheidungen z.B. bezüglich Social-Media und Framing im Zweifelsfall ohne demokratische Legitimation trifft. Das können sie, weil sie durch die lange Erfahrung Kontakte zu Presse und Politik haben, die in der Öffentlichkeit präsent sind. Dadurch dominiert diese Gruppe, die im Kern aus künftigen Grüne-Politiker*innen besteht. Die Schüler*innen und Studierenden in den Ortsgruppen haben keine demokratische Kontrolle über diese Entscheidungen, die „Bundesorga“ ist nicht abwählbar. Bedroht von abnehmendem gesellschaftlichen Einfluss müssen die FFF-Ideen aktualisiert und an die sich weiter verschlechternden Klima- und politischen Bedingungen angepasst werden. 

Welche Strategien?

Als Erstes müssten überall demokratische Strukturen geschaffen werden, einschließlich der Rechenschaftspflicht für die Bundesorga. Zweitens muss ein Fokus auf kämpferische Streiks gelegt werden. FFF wurde aus Schulstreiks und zivilem Ungehorsamkeit geboren, Schüler*innen sind gemeinsam aus den Schulen und auf die Straßen gegangen. Noch wichtiger als Schulstreiks wären Streiks der Arbeiter*innen.

Die Arbeiter*innenklasse ist wegen ihrer Stellung im Produktionsprozess, die einzige Kraft, die wirklich eine grüne, nachhaltige Umstellung durch kollektive Streiks durchsetzen kann. FFF muss Kontakt mit Beschäftigten und Gewerkschaften knüpfen und gemeinsam mit den Beschäftigen Produktionsumstellungen und alternative Produkte entwickeln. Letztendlich muss das kapitalistische Profitsystem als die Ursache der Klimakrise anerkannt und ein sozialistisches Programm – einschließlich der Enteignung der fossilen Brennstoff-Konzerne und der Banken, die in sie investieren und eine demokratische Planwirtschaft unter Verwaltung der Beschäftigen, Jugendliche, Betroffenen und Expert*innen – verabschiedet werden.