Streik bei Voith in Sonthofen

Bei Voith Turbo (Sonthofen/Oberallgäu) läuft seit dem 23. April der größte und längste Streik in Deutschland seit Corona, nachdem der Voith-Konzern schon 2019 die Schließung des profitabel produzierenden Werks für Spezialgetriebe mit 500 Beschäftigten angekündigt hatte.

von Thies Wilkening, Hamburg

98 % der Beschäftigten stimmten bei der Urabstimmung nach Warnstreiks und monatelangen ergebnislosen Verhandlungen für den unbefristeten Streik, der unter Einhaltung der Corona-Bestimmungen ohne Streikversammlungen durchgeführt wird. Über diesen ersten unbefristeten Streik seit März wurde bundesweit viel berichtet, die Kolleg*innen haben damit gezeigt dass Streiks weiterhin möglich sind. Die IG Metall berichtet über viel Solidarität aus der Region, für die das Voith-Werk als Traditionsbetrieb eine große Rolle spielt. Bis zur Privatisierung in den 1990ern gehörte das Werk über die Bayerischen Berg-, Hütten- und Salzwerke (BHS) dem Staat.

Anfangs wurde für den Erhalt des Werks mit einem Teil der Arbeitsplätze gestreikt, mittlerweile hat die IG Metall dieses Ziel aufgegeben und kämpft um Abfindungen und eine Transfergesellschaft. Dennoch hat der Kampf sich bereits gelohnt: 167 Kolleg*innen sollen in einem „Voith-Büro Allgäu“ weiter beschäftigt werden, die Azubis sollen auf Kosten von Voith ihre Ausbildung beenden können.

Wäre mehr möglich?

Bei Massenentlassungen und Betriebsschließungen stellt sich immer die Frage: Was tun, wenn die Besitzer*innen unbedingt schließen möchten und sich weigern, über von der Gewerkschaft vorgelegte Alternativkonzepte oder auch einen Verkauf des Werks auch nur zu verhandeln? Sind der Betrieb und die Jobs dann verloren, oder wäre es denkbar, dass die Arbeiter*innen ohne den Konzern im Hintergrund weiter produzieren?

Grundsätzlich braucht es für die Produktion Arbeiter*innen und Maschinen, aber nicht unbedingt eine Konzernzentrale und eine Miliardärsfamilie wie die Voiths im Hintergrund. Gerade weil der Betrieb wirtschaftlich offenbar lebensfähig ist und schon einmal jahrzehntelang staatlich war, bietet sich in Sonthofen die Forderung nach Verstaatlichung unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter*innen an.

Leider gibt es bisher vor Ort und in der IG Metall anscheinend keine Kräfte, die diese Forderung stellen. Ohne eine Orientierung auf die Übernahme in öffentliche Hand lässt sich eine Fabrik nicht gegen die Schließungspläne privater Eigner verteidigen. Der Widerstand lohnt sich auf jeden Fall, auch wenn die Kolleg*innen am Ende nur einen verbesserten Sozialtarifvertrag erkämpfen würden.