Mietstreiks in den USA

Can’t Pay, Won’t Pay

In den USA gärt es seit längerem. Nun kann die Mietenfrage zu Protesten führen. Corona hat die USA besonders stark getroffen. Die soziale Sicherung ist schwach, Dutzende Millionen Menschen sind gar nicht oder unterversichert. Ein Drittel der Infektionen weltweit entfallen auf das Land, die Arbeitslosigkeit ist auf fast 15 % gestiegen.

von Nikolas Friedrich, München

Zahlreiche Menschen müssen sich zwischen Arbeit und Gesundheit entscheiden. Viele können ihre Miete nicht bezahlen. Joshua Collins, Kongresskandidat und Mitglied der Democratic Socialists of America (DSA), startete im Februar in Zusammenarbeit mit Socialist Alternative eine Petition für die komplette Aussetzung aller Hypothekenraten und Mietzahlungen während der Dauer der Krise. Sie verbreitete sich wie ein Lauffeuer und hatte rasch drei Millionen Unterschriften. Weil viele nicht nur unterschreiben wollten sondern auch bereit waren zu kämpfen, formulierte Socialist Alternative Vorschläge und Angebote zur Organisierung von Mieter*innen.

Stadtbezogene Online-Petitionen, Facebook-Gruppen, Zoom-Treffen, das sind die Grundlagen des Organisierens in der Pandemie. Sie dienen dazu, weitere Mieter*innen kennenzulernen. Umfragen in Facebook-Gruppen werden erstellt, um Leute mit denselben Vermieter*innen miteinander zu vernetzen. Allgemeine Richtlinien zur Organisierung innerhalb eines Wohnhauses wurden vorgeschlagen, und Mitglieder von Socialist Alternative unterstützen neue Aktivist*innen.

Erste Erfolge

Einmal im Monat treffen sich lokale Mietboykott-Gruppen in einer Online-Konferenz. Sie tauschen sich nicht nur über Taktiken und Erfolge ihrer Verhandlungen und Aktionen aus, sondern diskutieren auch über grundlegende Problem des Wohnens. In einem Treffen der Bostoner Gruppe fanden mehrere Leute heraus, dass sie bei der gleichen Wohnungsfirma wohnen, manche sich die Miete nicht leisten können und schon mehrere Monatsmieten schuldig waren. Darum forderten sie gemeinsam eine Mietminderung von 70%, Erlass der Mietschulden und kostenlose Benutzung der Waschküchen – und setzten sämtliche Forderungen durch.

Die landesweiten Forderungen der Kampagne sind politisch weitgehend: Aussetzung aller Miet- und Hypothekenzahlungen sowie aller Schuldenzahlungen, Massentests auf Corona sowie Gesundheitsvorsorge für alle, bis hin zu einer demokratisch geplanten Wirtschaft. Erstes Ziel ist es, eine Mietminderung für Wohnungen zu erreichen. Um das zu erreichen, muss eine breite, flächendeckende Kampagne aufgebaut werden.

Rund ein Drittel der Mieter*innen konnte die Miete im April nicht zahlen. Durch das beschlossene zusätzliche Arbeitslosengeld wird im Mai der Anteil an Nichtzahlungen voraussichtlich auf ein Fünftel sinken. Aber das ist nur eine Verschnaufpause. Viele der Millionen vernichteter Jobs werden nicht so bald zurückkommen. Massenarbeitslosigkeit ohne soziale Absicherung ist die Perspektive für Millionen. Viele werden ihre Miet- und Hypothekenzahlungen einstellen, weil sie keine andere Möglichkeit haben. Die Verbindungen und Netzwerk, die in dieser Anfangsphase aufgebaut wurden, in der Ruhe vor dem Sturm, können dazu dienen, den massenhaften Mietboykott zu organisieren.

Socialist Alternative zeigt konkret, dass sich ganz „normale Menschen“, sei es im Wohnhaus, in der Schule oder am Arbeitsplatz, schnell organisieren können, um konkrete Forderungen durchzusetzen. Um diese lokalen Kämpfe landesweit zu vereinigen und zu koordinieren, ist eine demokratische Organisation nötig.

Viele sind schockiert von dem Tempo und der Tiefe der Krise und leben nun in Angst. Doch die tiefen Folgen der Krise, die alle, und insbesondere die Arbeiter*innenklasse und die Armen, betrifft, werden dazu führen, dass Menschen sich wehren wollen und müssen. Socialist Alternative bereitet sich auf diese kommenden Bewegungen vor, um den Kampf gegen nicht bezahlbare Mieten im Besonderen und den Kapitalismus als Ganzes zu führen.