Amazon: Arbeitskämpfe im Ausbeuterkonzern

In Deutschland und international kämpfen Arbeiter*innen bei Amazon um Tarifverträge, die sie vor der Willkür ihrer Arbeitgeber*innen schützen, höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen schaffen.

von Rachel Wendel und Verena Saalmann, Köln

In deutschen Logistikzentren konnten zwar einige kleinere Verbesserungen erreicht werden – einen Tarifvertrag gibt es aber immer noch nicht.

Jüngst zeigte Amazon, was dem Konzern seine Arbeiter*innen bedeuten: Im Geschäftsbericht wurde das Kapitel „Mitarbeiter“ in „Humankapital“ umbenannt. Dementsprechend geht Amazon auch mit seinen Beschäftigten um: Sie werden so stark ausgebeutet wie nur möglich. Während der Corona-Pandemie wurde öffentlich bekannt, dass Arbeiter*innen dazu angehalten wurden, sich nicht länger als 20 Sekunden die Hände zu waschen.

USA: Kampf um gewerkschaftliche Organisierung

Besonders hart sind die Arbeitskämpfe bei Amazon in den USA, dem Mutterland des Konzerns. Eine der Praktiken des Unternehmens ist Union Busting, d.h. es wird mit allerlei Mitteln gegen die Gründung von gewerkschaftlichen Betriebsgruppen vorgegangen.

Trotzdem schafften es die Beschäftigten im Logistikzentrum Staten Island – dem JFK8 Warehouse – 2022, die erste Vertretung der Arbeitenden bei Amazon in den USA zu erkämpfen, und gründeten die ALU, die Amazon Labour Union.

Die Gewerkschaft versucht seitdem, auch an anderen Standorten Arbeitnehmer*innenvertretungen zu erkämpfen. Amazon geht dagegen weiterhin mit allen Mitteln vor, aktuell gerade am zentralen Frachtflughafen von Amazon in Kentucky (KCVG).

Die Beschäftigten dort fordern das Recht auf gewerkschaftliche Organisierung und 30 Dollar Stundenlohn. Streiks an diesem Drehkreuz könnten Amazon stark treffen und große Wirkung entfalten, deshalb spielt es für den weiteren Aufbau der ALU eine zentrale Rolle. Socialist Alternative, die US-amerikanische Schwesterorganisation der SAV, organisiert mit ihrer Kampagne Workers Strike Back in der Umgebung und den gesamten USA Unterstützung für den Kampf um die gewerkschaftliche Organisierung.

Um in den USA eine Vertretung in einem Unternehmen zu gründen, bedarf es einer Abstimmung, bei der die Mehrheit der Arbeiter*innen für die Gewerkschaft stimmen muss, damit diese anerkannt wird. Erst danach können Tarifverhandlungen geführt werden.

Solidarität gegen Union Busting

Amazon versucht das mit Einschüchterung und Kündigungen zu verhindern. Gewerkschafter*innen berichten davon, wie Manager*innen ihre Autos vor Infoständen parken und sie mit Fernlicht blenden. Auf Pflicht-Veranstaltungen für die Beschäftigten werden Gewerkschaften diskreditiert, Lügen verbreitet und Ängste geschürt. Immer wieder werden Gewerkschaftsaktivist*innen auch einfach gekündigt.

Bei Amazon KCVG arbeiten viele Migrant*innen, die kein Englisch sprechen und in besonderem Maße auf ihre Jobs angewiesen sind. Deswegen ist für die Gewerkschafter*innen zentral, Sprachbarrieren zu überwinden. Mit Unterstützung von Workers Strike Back konnten Kontakte in migrantische Communities geknüpft und Gewerkschaftsveranstaltungen in verschiedenen Sprachen organisiert werden. Die Einbeziehung aller Arbeiter*innen in den gemeinsamen Kampf trägt auch dazu bei, Rassismus zurückzudrängen. Ein Hauptanliegen der Gewerkschaften ist, Amazon dazu zu bringen, Übersetzer*innen in den Logistikzentren einzustellen und die Sprachbarrieren abzubauen.

In den Logistikzentren nutzt Amazon Handscanner, um die Arbeiter*innen zu überwachen. Diese tracken die Zeit zwischen dem Scannen der bearbeiteten Produkte und die Dauer von Pausen. Auch deutsche Gerichte haben dieses Vorgehen erlaubt, um Abläufe zu optimieren. Die Mitarbeiter*innen sind nicht mehr als ein Wirtschaftsfaktor – das Humankapital.