Die soziale Frage in den Mittelpunkt stellen
Die Gefahr wächst: In Österreich und Deutschland feiern rechtspopulistische Parteien wie die FPÖ und die AfD Erfolge. Gleichzeitig sind SPÖ und SPD in einer tiefen Krise. Die Stimmung ist in beiden Ländern stark polarisiert. Trotzdem profitiert DIE LINKE in Deutschland bisher nicht von dem Trend sondern stagniert.
Nicht wenige in der Partei haben richtig erkannt: DIE LINKE muss die soziale Frage in den Mittelpunkt stellen ohne Abstriche bei den Forderungen nach Bleiberecht und einem klaren Nein zu Abschiebungen vorzunehmen. Doch wie kann eine thematische Zuspitzung auf die soziale Frage aussehen?
Diskussionsbeitrag von Lucy Redler, Berlin
Bernd Riexinger und Katja Kipping schreiben in ihrem Text ‘Revolution für soziale Gerechtigkeit und Demokratie!’: „Die Frage der sozialen Gerechtigkeit muss offensiv beantwortet werden: indem wir den Finger in die Wunde legen, Alternativen benennen und Verantwortliche markieren. (…) Etwa die Hälfte derjenigen mit niedrigen Einkommen, die im März AfD gewählt haben, kann sich vorstellen, beim nächsten Mal (wieder) DIE LINKE zu wählen. Dabei ist die Umverteilung des Reichtums der Knackpunkt(…).“
Zentrale Themen
Ich denke es gibt mehrere wichtige soziale Themen und Forderungen, die DIE LINKE in den nächsten Monaten und im Bundestagswahlkampf besetzen muss – auch gegen den Versuch der abgehalfterten Gabriel-SPD, sich ein linkeres Image zu geben:
- Prekarisierung: DIE LINKE sollte hier offensiv die Forderung nach einem Mindestlohn von 12 Euro aufstellen und ihre Forderung der Abschaffung von Hartz IV aufrecht erhalten. Die Bewegungen in den USA für einen qualitativ höheren Mindestlohn sind ein gutes Beispiel.
- Rente: Die Partei sollte dem dreisten Versuch der Union, das Rentenalter weiter zu erhöhen ihre Forderungen nach der Rente mit 60 und einer Mindestrente von 1050 Euro netto entgegen setzen.
- Gesundheit: Ein wichtiger Ansatzpunkt bildet der Erfolg der Charité-Beschäftigten für den ersten Tarifvertrag für mehr Personal im Krankenhaus. Dies wird nun von KollegInnen in vielen Bundesländern aufgegriffen und DIE LINKE Solidaritätskomitees mit aufbauen. Eine bessere Personalausstattung der Krankenhäuser ist im Interesse von Beschäftigten und PatientInnen und die Forderung nach einer gesetzlichen Personalbemessung kann starken Druck entfalten.
- All diese Themen sollte DIE LINKE mit ihrer Forderung nach einer Millionärssteuer offensiv verbinden. Auf jedem Plakat der Partei sollte die Unterzeile „Millionärssteuer jetzt“ oder „Obergrenzen für Reichtum – nicht für Geflüchtete“ prangen.
- Ein weiteres wesentliches Thema für die Partei bleibt: TTIP, TISA, CETA stoppen und eine starke Beteiligung an den geplanten Demonstrationen am 17. September in sieben Städten.
Kampagnenfähige Themen
Katja Kipping und Bernd Riexinger schreiben: „Wir wollen daher mit euch, der gesamten Partei, gemeinsam diskutieren, wie wir ein bis zwei unserer Forderungen gesellschaftlich mehrheitsfähig machen und für ihre Durchsetzung mobilisieren können.“
Ich meine, dass neben den Faktoren „mehrheitsfähig“ und „durchsetzungsfähig“ die Forderungen dazu dienen sollten, die Verankerung der LINKEN im Stadtteil, im Betrieb, in der Gewerkschaft zu stärken.
Aus meiner Sicht erfüllen zwei Themen diese Kriterien am besten:
Das erste ist das Thema Gesundheit/Krankenhäuser. Jeder Kreisverband der LINKEN kann – ob es nun einen Ansatz für einen tariflichen Kampf für Mindestbesetzung in der jeweiligen Stadt gibt oder nicht – das Thema aufgreifen mit Veranstaltungen und Unterschriftenlisten für eine gesetzliche Personalbemessung und ein bedarfsorientiertes Gesundheitswesen. DIE LINKE sollte sich zum Ziel setzen, eine bestimmte Zahl von Unterschriften für eine gesetzliche Personalbemessung zu sammeln und zugleich betrieblichen Kämpfen den Rücken zu stärken. Dazu liegen dem Bundesparteitag Ende Mai gleich zwei Anträge vor.
Das zweite Thema ist der Kampf gegen TTIP. Die Partei kann dieses Thema mit einer antikapitalistischen und Anti-Establishment-Position aufgreifen und Slogans entwickeln, die sich sehr deutlich von der AfD, die das Thema ebenfalls aufgegriffen hat, unterscheiden und deutlich machen: Es gibt nur eine Opposition gegen die herrschende Politik. LINKE-Mitglieder sollten das Thema auch in Betriebe tragen und KollegInnen zu den geplanten Demonstrationen mobilisieren.
Dies sind nur zwei Möglichkeiten und sicher nicht der Weisheit letzter Schluss. Die Debatte hat begonnen.
Artikel von Claus Ludwig und Lucy Redler zum Strategiepapier von Katja Kipping und Bernd Riexinger
Revolution der sozialen Gerechtigkeit? Nur mit einer Revolutionierung der Partei!