USA: Gewerkschaften und Bernie Sanders

Foto: commons.wikimedia.org
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In den US-Gewerkschaften wächst die Unterstützung für den linken Präsidentschaftskandidaten
Die AFL-CIO, der größte Gewerkschaftsbund in den USA, hat sich entschlossen, zumindest vorläufig in der Frage der Vorwahlen neutral zu bleiben. Diese überraschende Meldung zeugt von den zunehmenden politischen Spannungen innerhalb der Arbeiterbewegung und wird dem Wahlkampf von Bernie Sanders neuen Auftrieb verleihen.

Von Bryan Watson, „Socialist Alternative“ (Schwesterorganisation der SAV in den USA)

In der Frage, welcher der Kandidaten bei den US-amerikanischen Vorwahlen unterstützt werden soll, stehen sich große Teile der Gewerkschaftsmitglieder auf der einen und die Führungen etlicher Einzelgewerkschaften auf der anderen Seite gegenüber. Knapp 100 örtliche und regionale Gewerkschaftsgliederungen sowie auf nationaler Ebene die „National Nurses Union“ (Gewerkschaft der Pflegekräfte; sie hat in den Bundesstaaten, in den Vorwahlen stattgefunden haben, Wahlkampf für Sanders gemacht), die „American Postal Workers Union“ (Postbeschäftigte) wie auch die eine halbe Million Mitglieder zählende „Communications Workers of America“ haben zur Wahl von Bernie Sanders aufgerufen.

Beschämender Weise haben aber andererseits die Vorstände einer ganzen Reihe von Gewerkschaften eine Wahlempfehlung für Hillary Clinton abgegeben. Und das trotz Hillarys gewerkschaftsfeindlicher Bilanz, obwohl sie dem NAFTA-Freihandelabkommen zugestimmt hat und entgegen der Tatsache, dass sie neben vielen Millionen Dollar als Honorar für Reden aquch massiv Unternehmensspenden (z.B. vom Bankhaus „Goldman Sachs“) kassiert hat. Die SEIU (öffentlicher Dienst), ASCME (Berufsverband der Maschinenbauingenieure), UFCW (Gastronomie und Lebensmittelbranche), die IAM (Gewerkschaft der Maschinenbauer) sowie beide großen Lehrergewerkschaften (die AFT und die NEA), die insgesamt fast zehn Millionen Beschäftigte vertreten, trotten denselben ausgetretenen Weg entlang, der in die Arme des Establishments der „Democratic Party“ und somit in die Sackgasse führt. Im Falle der SEIU und der AFT ist die Wahlempfehlung für Clinton jedoch auf den standhaften Widerstand einiger Untergliederungen gestoßen.

Diese Situation offenbart, mit welcher Krise es die Arbeiterbewegung in den USA zu tun hat. Trotz der Tatsache, dass die Gewerkschaften überall und weiterhin durch eine Gesetzgebung zurückgedrängt werden, die dem Motto „right to work“ (dt.: „das Recht zu arbeiten“) folgt und die mittlerweile in über 25 Bundesstaaten festgeschrieben ist, trauen sich die meisten Gewerkschaftsvorstände immer noch nicht, sich vom Establishment der „Demokraten“ zu lösen und sich hinter Sanders zu stellen. Sie handeln so, obwohl die „Demokraten“ in der Zeit von 2008 bis 2010, als sie die Mehrheit im Kongress hatten, darin versagt haben, irgendetwas Bedeutsames für die Interessen der Gewerkschaften zu tun. Besagte Gewerkschaftsvorstände handeln auch entgegen der Tatsache, dass die „Demokraten“ bereit waren und sind, zahlreiche Attacken auf gewerkschaftliche Rechte, Sozialleistungen für ArbeitnehmerInnen und soziale Dienste für arbeitende Menschen auf Landes- wie auch auf Bundesebene zu unterstützen.

Der Wahlkampf von Sanders bietet die besten Möglichkeiten seit Jahrzehnten, um die arbeitenden Menschen mit und für ein arbeitnehmerfreundliches Programm zusammenzuzubringen. Dazu bedarf es aber der politischen Unabhängigkeit. Bei denjenigen Gewerkschaften, die zu Sanders stehen und knapp zwei Millionen Mitglieder zählen, handelt es sich um die Speerspitze der Bewegung, die der Gesamtheit der Beschäftigten in den USA den richtigen Weg aufzeigt.