Die „politische Revolution“ von Bernie Sanders

Bernie Sanders Foto: https://www.flickr.com/photos/96739999@N05/ CC BY-NC-ND 2.0
Bernie Sanders Foto: https://www.flickr.com/photos/96739999@N05/ CC BY-NC-ND 2.0

Neue politische Ära in den USA

von Patrick Ayers, „Socialist Alternative“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in den USA)

Der Erfolg von Bernie Sanders im US-amerikanischen Bundesstaat New Hampshire kommt einem politisches Erdbeben gleich, das die Präsidentschaftswahlen in den USA und mit ihnen das gesamte Establishment in ihren Grundfesten erschüttert. Zum ersten Mal in der Geschichte der USA hat ein Kandidat, der sich selbst als Sozialist bezeichnet, eine bedeutende US-primary gewonnen – und das auch noch mit dem größten Vorsprung, den einE ErstplatzierteR bei Vorwahlen in New Hampshire je herausholen konnte. Mit eindrucksvollen 22 Prozent vor der Zweitplatzierten, Hillary Clinton, die auf 38 Prozent der Stimmen kam, entfielen sage und schreibe 60,3 Prozent auf Bernie Sanders. Dieser Sieg belegt, dass in den USA eine neue politische Ära eingeläutet worden ist.

Zusammen mit dem praktischen Patt bei den ersten Vorwahlen im Bundesstaat Iowa hat Sanders’ direkt danach eingefahrener Sieg in New Hampshire die Bühne bereitet für eine viel härtere Schlacht um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der „Democratic Party“. Damit wird Sanders nun als ernsthafter Bewerber für die Nominierung und die Präsidentschaft angesehen. Befeuert wird seine Position durch den enormen Schwung, den sein Aufruf zur „politischen Revolution gegen die Klasse der Milliardäre“ nach sich gezogen hat. Die primaries in Nevada, South Carolina und dann, am „Super Tuesday“, dem 1. März, in elf weiteren Bundesstaaten werden allgemein als nicht besonders verheißungsvoll für Sanders betrachtet. Das wird ein entscheidender Testlauf werden.

Sanders’ Sturmlauf in Iowa, New Hampshire und in den bundesweiten Umfragen hat zu einer beispiellosen Abfolge vieler kleiner Eruptionen geführt. Allein im Januar sind bei Sanders Wahlkampfspenden in Höhe von 20 Millionen Dollar eingegangen. Im Durchschnitt war keine Einzelspende größer als 27 Dollar. Im Vergleich dazu kassierte Clinton 15 Millionen Dollar, die in erster Linie auf reiche Unterstützer zurückzuführen sind. Unmittelbar nach seinem Sieg von Dienstagnacht konnte Sanders eine weitere Rekordsumme in Höhe von insgesamt sechs Millionen Dollar verbuchen, die per Internetüberweisungen eingingen.

Unterdessen „stiert die Grand Old Party [= Republikaner] in den Abgrund“, so die Überschrift auf der Onlineplattform „Politico“ nach den Wahlen in New Hampshire. Mit 35 Prozent der Stimmen ging Donald Trump als klarer Gewinner aus den zweiten primaries hervor, und landete damit 19 Prozentpunkte vor dem Zweitplatzierten, John Kasich. Ted Cruz belegte mit elf Prozent Rang drei, während Marco Rubio auf Platz fünf noch hinter Jeb Bush zurückfiel. Im Endeffekt geht es bei den Krisen-geschüttelten „Republikanern“ eigentlich um zwei Vorwahlen gleichzeitig. Einerseits wird gegen das Partei-Establishment gestimmt, wenn Trump und Ted Cruz, der Gewinner von Iowa, auf den ersten Plätzen landen. Andererseits findet eine zweite primary zwischen den Kandidaten eben dieses Partei-Establishments selbst statt: zwischen Rubio, Bush und Kasich.

Trump und Cruz haben zusammen mit den anderen „anti-establishment“-Kandidaten bei den „Republikanern“ zusammengenommen mehr als 53 Prozent der Stimmen in New Hampshire gewonnen. Ihre rassistische, sexistische und islamfeindliche Agenda bedeutet für arbeitende Menschen eine echte Bedrohung. Doch ihr – wenn auch reichlich entstelltes – Aufbegehren gegen das Establishment der „Grand Old Party“ (GOP) steht dafür, wie sehr die Leute die Nase voll haben vom status quo. New Hampshire war eine Rebellion gegen „die Politik des Establishments, die Ökonomie des Establishments und – nebenbei gesagt – auch gegen die Medien des Establishments“, so die Einschätzung von Sanders noch am Wahlabend.

Wenn die Linke darin scheitert, eine nachhaltige politische Präsenz aufzubauen, wenn wir weiterhin zulassen, dass unsere sozialen Bewegungen hinter dem Establishment der „Democratic Party“ in Reih´ und Glied gebracht werden, dann werden extreme rechte Ansichten immer mehr Raum bekommen, um sich weiter ausbreiten zu können. Es geht um einen Wettlauf mit der Zeit, um eine starke, unabhängige, linke Alternative aufzubauen, die den gefährlichen Aufschwung der rechts-populistischen Demagogie aufhalten kann.

Junge Leute und die Arbeiterklasse proben den Aufstand

Die Wahlkampagne von Bernie Sanders hat mit ihren unheimlich großen Kundgebungen und ihrer Rekordzahl an kleinen Einzelspenden der großen Wut, die in der US-amerikanischen Gesellschaft gegenüber der Wall Street und der Dominanz der Konzerne über die Politik herrscht, ihren Ausdruck verliehen. Die Begeisterung der jungen Leute und der arbeitenden Menschen für den Aufruf von Sanders, eine „politische Revolution gegen die gesellschaftliche Klasse der Milliardäre“ durchführen zu wollen, hat seinen Sieg von New Hampshire erst möglich gemacht.

Üblicher Weise ist die Wählerschaft eher älter und wohlhabender. Das sind Faktoren, die für die Wahlkampagne von Clinton einen Vorteil darstellen. Entscheidend für den Sieg von Sanders war jedoch die Beteiligung von jungen Leuten und Menschen aus der Arbeiterklasse an diesem Wahlgang.

Die letzten Umfragen nach den Vorwahlen in New Hampshire haben gezeigt, dass 83 Prozent der WählerInnen bei den primaries der „Democratic Party“ zwischen 18 Jahren und 29 Jahren für Sanders gestimmt haben. Das widerspiegelt die große Unterstützung, die Sanders auch schon in Iowa von jungen Leuten zuteil wurde. Bei den „Demokraten“ waren 41 Prozent der WählerInnen jünger als 45 Jahre. Damit waren es noch mehr als bei den Vorwahlen in Iowa (35 Prozent). 65 Prozent der Stimmberechtigten kamen aus Familien mit einem Einkommen mit weniger als 100.000 Dollar und 71 Prozent kamen aus Familien mit einem Jahreseinkommen von weniger als 30.000 Dollar. Sie alle haben für Sanders gestimmt. Clinton wurde nur von WählerInnen favorisiert, die aus Familien mit einem Jahreseinkommen von über 200.000 Dollar stammen.

Hinzu kam, dass Sanders in New Hampshire auch von 55 Prozent der weiblichen Wähler unterstützt worden ist. Was für eine großartige Antwort auf die ehemalige Außenministerin Madeleine Albright, die vergangene Woche gesagt hatte, dass für Frauen, die nicht für Clinton sind, „ein Sonderplatz in der Hölle bereitsteht“. Auch die US-amerikanische Journalistin und Frauenrechtlerin (Erg. d. Übers.) Gloria Steinem, die meinte, dass junge Frauen in Iowa nur deshalb in überwältigendem Maße für Sanders gestimmt haben, weil „die Jungs für Bernie sind“, wurde eines besseren belehrt.

Das Establishment schlägt zurück

Die Wahlkampagne von Clinton ist durch den Erfolg von Sanders aus den Fugen geraten. Dies ist Ausdruck einer tief sitzenden Angst, von der die herrschende Elite befallen ist, die sich um die sich entwickelnde Revolte gegen das Establishment sowohl der beiden traditionellen Parteien in den USA als auch des US-Kapitalismus insgesamt sorgt. Lloyd Blankfein, Vorstandsmitglied des Finanzhauses „Goldman Sachs“, bezeichnete die Wahlkampagne von Sanders jüngst als „gefährliche Angelegenheit“. Sie alle fürchten, dass die Wahlkampagne von Sanders die Erwartungen von Millionen von Menschen beflügelt, dass es möglich ist, die Agenda der Großkonzerne zu zerschlagen. Der Milliardär und ehemalige Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg, zieht ernsthaft in Erwägung, noch als unabhängiger Kandidat ins Rennen um die US-Präsidentschaft einzusteigen. Er begründet dies mit der Krise, in der das Establishment beider Parteien steckt.

Seit Iowa wird der Ton der in der Wahlkampagne von Clinton angeschlagen wird, immer negativer und giftiger. In der ersten direkten Wahldebatte nach Iowa hat Clinton Sanders vorgeworfen, eine „raffinierte Schmutzkampagne“ zu führen, indem er betont hat, dass sie von der Wall Street finanziert wird. Unterdessen werden ihre Helfershelfer aggressiver. Sie bezeichnen die AnhängerInnen von Sanders nur noch als die „Bernie Bros“. Damit versuchen sie junge Frauen dazu zu bringen, sich von ihm zu distanzieren. Allerdings sind viele dieser Attacken wie ein Bumerang zurückgekommen und haben die Aufmerksamkeit auf das Misstrauen aus der Bevölkerung gelenkt, das aus der Unterstützung der Konzerne für Clinton abzuleiten ist. Die Unterstützer von Clinton (darunter auch die Redaktionsleitung der „New York Times“) haben gefordert, dass sie ihre Taktik neu überdenken soll. Demzufolge soll Clinton effektivere Methoden anwenden, um die Anhängerschaft von Sanders zu untergraben.

Gleichzeitig wird die Bedrohung, die Sanders für sie darstellt, zweifelsohne eine umfassende Antwort von Seiten der herrschenden Klasse insgesamt hervorrufen. Das betrifft auch die großen Medienkonzerne und die Führung der „Democratic Party“. Die schlimmsten Angriffe auf Sanders und die Bewegung, die hinter ihm steht, stehen erst noch bevor.

Sanders hat Clinton erfolgreich als Kandidatin des Wirtschafts-Establishments geoutet. Vor kurzem hat er öffentlich gemacht, dass sie 675.000 Dollar an Honoraren für Vorträge von „Goldman Sachs“ kassiert hat. „Das ist die Summe, die sie angeboten haben“, erklärte Clinton, als sie gefragt wurde, warum sie das Geld angenommen hat. Trotz vermehrter Forderungen, sie solle den Wortlaut dieser Vorträge offenlegen, hat sie dies bisher abgelehnt. Würde sie dies tun, so würde dies ihrer Wahlkampagne zweifellos noch mehr Schaden zufügen. Schließlich würde damit noch deutlicher, wie sehr sie der Wall Street gegenüber loyal eingestellt ist. Glaubt man den Aussagen aus einem Interview mit einem Vorstandsmitglied von „Goldman Sachs“ auf „Politico“, der bei einem von Clintons Vorträgen mit dabei gewesen ist, so „glühte sie für uns […] das war alles so weit weg von dem, was sie gerade als Kandidatin von sich gibt. Es war wie eine Hurra-Rede. Sie hörte sich an wie eine Generaldirektorin von >Goldman Sachs<“. Auch wenn Clinton die Vortragstexte nicht veröffentlicht, wird dieses Thema für den Rest der Vorwahlen mit ziemlicher Sicherheit wie eine Damoklesschwert über ihr hängen.

Unter dem Druck, der von Sanders kommt, schwenkt Clinton aus opportunistischen Gründen nach links. So sagt sie, dass sie die Kandidatin ist, der die WählerInnen vertrauen können, weil sie sich für die arbeitenden Menschen und gegen die Banken einsetzt. Die Bilanz von Clinton ist hingegen mehr als eindeutig: Sie ist die Kandidatin der Konzerne.

Clinton mit komfortabler Ausgangslage

Zwar kommt Sanders gerade richtig in Fahrt, doch Clinton hat weiterhin die komfortablere Ausgangslage. Sie wird von den konzernfreundlichen Medien unterstützt, hat eine 60 Millionen Dollar schwere Spendenorganisation der Unternehmen hinter sich und einen mächtigen Apparat, dem das gesamte Establishment der „Democratic Party“ angehört. Letzteres hat auf allen Ebenen der US-Regierung großen Einfluss. Mehr als 200 gewählte Gouverneure, Senatoren und Mitglieder im Repräsentantenhaus der „Demokraten“ haben sich für die Wahl von Clinton ausgesprochen. Sanders wird von nur zwei Mitgliedern des Repräsentantenhauses, keiner/m SenatorIn oder GouverneurIn unterstützt.

Clinton hat auch die Unterstützung einer breiten Mehrheit des liberalen Establishments. Dazu zählen Personen wie Paul Krugman und Gloria Steinem. Skandalöser Weise unterstützen auch die meisten Gewerkschaftsführungen Clinton (darunter die der SEIU, der UFCW, der AFSCME und die beiden bundesweiten Lehrergewerkschaften). Offenbar ist ihnen egal, dass Hillary Clinton früher Vorstandsmitglied bei „Walmart“ war (einem Konzern, der für sein arbeitnehmerfeindliches Vorgehen bekannt ist; Erg. d. Übers.). In Iowa hat Clinton die gewerkschaftlichen Stimmen mit 53 Prozent zu 43 Prozent für sich gewonnen.

Was Clinton angeht, besteht ein wesentlicher Vorteil für sie darin, dass sie allgemein einen bekannteren Namen hat. Das gilt vor allem für die WählerInnen, die voraussichtlich für die „Demokraten“ stimmen werden. Bisher ist es so, dass immer mehr WählerInnen für Sanders stimmen, je mehr sie von ihm wissen. Das gilt auch für AfroamerikanerInnen und „Latinos“, von denen Clinton angenommen hat, dass nur sie von ihnen unterstützt werden wird. Das war schließlich Teil ihrer „Southern firewall“ (Taktik Clintons zur Gewinnung o.g. ethnischen Gruppen; Anm. d. Übers.).

Wir müssen davon ausgehen, dass die Wahlkampagne von Clinton bzw. der Helfershelfer der herrschenden Klasse in den bevorstehenden Wochen um eine feindselige Kampagne aus Angstmacherei und Verleumdungen ergänzt werden wird. Mit der Macht der konzernfreundlichen Medien, die in Position gebracht werden, um die öffentliche Debatte zu beeinflussen, kann dies Folgen vor allem bei den älteren Wählerschichten und Millionen von ArbeiterInnen haben, die sich weniger intensiv mit Politik beschäftigen. Man wird versuchen, unter den WählerInnen Ängste zu schüren, dass eine mögliche Nominierung Sanders´ nur den „Republikanern“ helfen wird, die Präsidentschaftswahl im November zu gewinnen. Unterdessen haben sich Millionen von Menschen aus der Arbeiterklasse und junge Leute, die die Aussagen von Sanders grundsätzlich unterstützen würden, massenhaft von der Politik abgewendet, weil das System aus ihrer Sicht seit Jahren komplett versagt hat.

Das von den Konzernen unterstützte Establishment der „Democratic Party“ wird alles in ihrer Macht stehende tun, um Sanders zu stoppen. Wenn die „üblichen“ institutionellen Vorteile nicht ausreichen, um den Auftrieb, den Sanders´ Kampagne zu verzeichnen hat, zu blockieren, dann werden die Konzerne entschiedenere Maßnahmen einfordern. Liberale VertreterInnen wie die fortschrittliche Senatorin Elizabeth Warren („Demokraten“) werden unter immensen Druck geraten, sich für Clinton aussprechen zu müssen. Sollten die Spaltungen innerhalb der Partei einen gewissen Grad an Heftigkeit übersteigen, so kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch noch Präsident Obama (entgegen aller traditionell auf Neutralität ausgerichteten Verhaltensweisen des amtierenden Staatsoberhaupts, was Wahlen angeht) einschreitet, um Clinton zu unterstützen.

Will man diese institutionellen Barrieren überwinden, so ist eine gesellschaftliche Erhebung der Massen gegen das Establishment nötig, die noch umfangreicher angelegt sein muss als die bisherige. Es wird nötig sein, Millionen von Menschen zu aktivieren, die sich normalerweise nicht politisch engagieren oder gar an Wahlen beteiligen oder die noch nicht davon überzeugt sind, dass die Wahlkampagne von Sanders ihre Lebensbedingungen am Ende tatsächlich verbessern kann. Das bedeutet, dass es ein fundamentaler Fehler wäre, wenn Sanders seine Aussagen abschwächen würde und sich mit Illusionen behaftet an die „moderateren“ WählerInnen wendet. Stattdessen muss Sanders seine Aussage von der „politischen Revolution“ bekräftigen und breiteren Schichten der Gesellschaft eine echte Perspektive anbieten. Das Ziel muss der umfassende und spürbare Wandel sein. Das bedeutet auch zu begreifen, dass das Establishment der „Democratic Party“ nicht auf unserer Seite steht und dass wir eine Kampagne lostreten müssen, die auf der unabhängigen Mobilisierung der Basis und der Strukturen der arbeitenden Menschen beruht.

Die Bewegung #Movement4Bernie

Nötig ist eine Strategie, mit der Millionen von Menschen motiviert werden, selbst zum aktiven Bestandteil dieser Kampagne zu werden. Schließlich sagt Sanders selbst: „Auch der beste Präsident der Welt kann die Klasse der Milliardäre nicht allein herausfordern“.

Die Politisierung, zu der die Wahlkampagne von Sanders führt, verleiht uns die Möglichkeit, die dringend nötige Basis-Kampagne als wesentlichen Bestandteil der „politischen Revolution“ aufzubauen, indem wir an der bestehenden Begeisterung ansetzen und unsere Wohnviertel und NachbarInnen von unten her organisieren. Genauso wichtig ist es, dass die Kampagne bei den Basis-Strukturen und in der Gesellschaft insgesamt Wurzeln schlägt. Auf diese Weise wird der Boden bereitet für die erst noch bevorstehenden Schlachten gegen die Klasse der Milliardäre, die Grundstücksspekulanten und die Arbeitgeber, die sich mit Niedriglöhnen eine goldene Nase „verdienen“. Sie alle beherrschen immer noch unsere Wohnviertel.

„Socialist Alternative“ hat die Bewegung #Movement4Bernie ins Leben gerufen, um dabei mitzuhelfen, eine Kampagne aufzubauen, die ihre Basis an der Basis hat und die nötig ist, wenn man dafür sorgen will, dass die Wahlkampagne von Sanders die politischen Repräsentanten der Großkonzerne wirklich schlagen kann. Wir wollen dabei mithelfen, so viele Menschen wie möglich für den Kampf zu aktivieren, der uns bevorsteht. Darüber hinaus wollen wir dies mit der Perspektive des Aufbaus einer neuen Partei für die viel zitierten „99 Prozent der Bevölkerung“ und der Idee von der Veränderung der Gesellschaft verbinden. Wir haben bereits mitgeholfen, die jüngsten Aktionen von #MarchForBernie zu organisieren, die überall im Land veranstaltet worden sind. So sind in Chicago 3.000 Menschen zusammengekommen, die Sanders von unten aus unterstützen (darunter auch AktivistInnen der Bewegung „Black Lives Matter“), in New York waren es 2.000 TeilnehmerInnen und auch in vielen anderen Städten sind Aktionen durchgeführt worden.

Am 27. Februar wird die Bewegung #Movement4Bernie gemeinsam mit anderen Basis-Strukturen, Gewerkschaften, progressiven Gruppen und Aktivposten, die sich für Sanders einsetzen, eine zweite Demonstration unter dem Titel #March4Bernie durchführen. Nehmt Kontakt zu uns auf, um euch an den anstehenden Aktionen zu beteiligen oder neue Kundgebungen in eurer Region zu planen. Mit der richtigen und entschlossenen Herangehensweise von Basis-Organisationen, Gewerkschaften und führenden Köpfen aus den Bewegungen vor Ort können wir in jeder Großstadt tausende von Menschen mobilisieren, um dem Verlangen nach echtem Wandel einen mächtigen und motivierenden Ausdruck zu verleihen.

Zudem beteiligt sich „Socialist Alternative“ aktiv an der Kampagne „ArbeiterInnen für Bernie“, um darüber die konservativen GewerkschaftsführerInnen herauszufordern, die die konzernfreundliche Agenda von Clinton decken und dabei mit ihrer angeblichen „Wählbarkeit“ argumentieren. Schon seit langem bringen SozialistInnen das Argument, dass die Arbeiterbewegung vom konzernfreundlichen Establishment der „Demokraten“ verraten wird und dass es sowohl möglich als auch dringend nötig ist, unabhängige, echte VertreterInnen der abhängig Beschäftigten ins Rennen zu schicken, die es ablehnen, Spenden von Unternehmen anzunehmen.

Die Wahlkampagne von Sanders bietet eine historische Gelegenheit, um unter den Beschäftigten für diese Argumente zu werben und auf eine alternative Führung der Arbeiterbewegung hinzuarbeiten. Auf diese Weise können wir gegen die zynische Politik angehen, mit der Kriegs-befürwortende Politiker, die im Sinne der Wall Street agieren, gedeckt werden. Entsprechende Musterresolutionen und Flugblätter können hier heruntergeladen werden: laborforbernie.org

Eine Partei für die viel zitierten „99 Prozent der Bevölkerung“

Einer der ansprechendsten Aspekte der Wahlkampagne von Sanders ist die Tatsache, dass er Millionen von UnterstützerInnen mobilisiert. So hat Ende Januar in Minnesota eine Kundgebung mit 20.000 TeilnehmerInnen stattgefunden. Diese großen Veranstaltungen sind der konkrete und sichtbare Ausdruck der Begeisterung und Unterstützung nicht nur für Sanders sondern auch für seine ganze Herangehensweise und die Aussagen, die er trifft. Es spricht von einer neuen Art von Politik, um es mit der gesellschaftlichen Klasse der Milliardäre aufnehmen zu können. Genau wie die Millionen kleiner Einzelspenden, die er für seinen Wahlkampf erhält, weisen diese Massenmobilisierungen auf das Potential für eine mächtige, unabhängige, soziale und politische Bewegung mit Millionen von arbeitenden Menschen hin.

Unsere Wohnviertel haben mit so vielen Problemen zu kämpfen: Rassismus, Sexismus, niedrige Löhne, überhöhte und ins unermessliche steigende Mieten, Schulden aufgrund von Studiengebühren etc. Der tieferliegende Grund für all dies ist jedoch die Machtverteilung: Die Klasse der Milliardäre hat viel Macht und die arbeitenden Menschen haben so gut wie gar keine. Die Wahlkampagne von Sanders bietet die Möglichkeit, die Spielregeln zu verändern.

Die Vorstellung, dass wir das „kleinere Übel“ und konzernfreundliche Kandidaten wie Hillary Clinton unterstützen müssen, um die politische Rechte zu schlagen, müssen wir nicht akzeptieren. Die konzernfreundliche Politik einer Frau Clinton ist im Endeffekt ein Nachteil, wenn man die Rechte wirklich besiegen will. Darauf hat auch Bernie Sanders zurecht hingewiesen. Und die ehrliche Begeisterung für seine Wahlkampagne und seine politische Plattform ist der beste Ausgangspunkt, von dem aus die jungen und die arbeitenden Menschen mobilisiert werden können, um im November einen Sieg davonzutragen.

Die erfolgreiche Spendenkampagne von Sanders zeigt auch, dass wir das Geld aufbringen können, das nötig ist, um mit den Politikern der Konzerne mitzuhalten. Dabei sind wir in der Lage, uns ganz auf unsere unabhängige Fähigkeit zu stützen, unsere Kolleginnen und Kollegen zu mobilisieren. Noch einfacher ginge dies, wenn die gesamte Arbeiterbewegung ihr ganzes Gewicht mit einbringen würde, um Sanders zu unterstützen anstatt auf fast schon kriminelle Weise hinter Clinton zu stehen.

In Wirklichkeit zeigt die Wahlkampagne von Sanders – auch wenn er selbst der irrigen Idee anhängt, dass die „Democratic Party“ reformiert werden kann – , dass das Potential vorhanden ist, um unsere eigene politische Partei aufzubauen, die aus den viel zitierten „99 Prozent der Bevölkerung“ besteht und die unabhängig von den Konzernen und deren beiden Parteien agiert. Eine solche Partei, in der SozialistInnen, GewerkschafterInnen, junge Leute und progressives Kräfte aller couleur zusammenkommen, würde uns das dringend nötige Mittel liefern, mit dem wir die Millionen gegen die Konzerne mobilisieren können.

Während Sanders die Nominierung durch die „Demokraten“ anstrebt, verstehen viele seiner AnhängerInnen, dass die „Democratic Party“ insgesamt vom reichsten einen Prozent der Gesellschaft dominiert wird. Viele stößt die Vorstellung von Sanders ab, dass er den von der Wall Street finanzierten Wahlkampf von Clinton unterstützen will, wenn er die manipulierbaren Vorwahlen verlieren sollte. Die Dynamik, die Sanders’ Wahlkampagne innewohnt, offenbart in zunehmendem Maße die Schwächen von Hillary Clinton und die Grenzen, die die „Democratic Party“ als große Partei der Konzerne gegen den arbeitenden Menschen aufweist.

Es besteht die echte Gefahr, dass die Bewegung hinter Sanders, der Aufstand gegen die Klasse der Milliardäre und ihre manipuliertes Polit-System, in die Bahnen der „Democratic Party“ gezwungen werden könnte. „Socialist Alternative“ mobilisiert aktiv in die entgegengesetzte Richtung. Unter Sanders-AnhängerInnen bekommen wir ein enormes Echo, wenn wir auf das Potential hinweisen, das für einen unabhängigen linken Kandidaten für das Amt des Präsidenten besteht, der sowohl gegen die rechten „Republikaner“ als auch die ebenfalls von der Wall Street unterstützen „Demokraten“ antritt und sich unabhängig macht von Konzernspenden. Aus dieser Bewegung heraus müssen wir versuchen, den Boden für einen neue Massenpartei der arbeitenden Menschen zu bereiten.

Wir erleben gerade, wie die Kluft, die zwischen den WählerInnen aus der Arbeiterklasse und der grundsätzlich konzernfreundlichen und pro-kapitalistisch ausgerichteten „Democratic Party“ besteht, wird immer größer wird. Wie die Drohung von Michael Bloomberg, im Falle des Sieges von Sanders in den Vorwahlen noch als unabhängiger Kandidat antreten zu wollen, zeigt, würden die herrschende Klasse und die Strukturen der Konzerne, die die „Democratic Party“ kontrollieren, revoltieren. Sie würden alles dafür tun, um Sanders bei den Präsidentschaftswahlen zu sabotieren, anstatt zuzulassen, dass die Bewegung, die hinter ihm steht, ihre Position konsolidieren kann.

Das Mittel der „Superdelegierten“ ist bereits ein Mechanismus, mit dem man beim Nominierungs- Parteitag der „Demokraten“ einen möglichen Sieg von Sanders blockieren kann. Es geht hierbei um beinahe 800 Vertreter der „Democratic Party“, die 20 Prozent aller Delegierten ausmachen. Das bedeutet, dass die Superdelegierten – selbst für den Fall, dass Sanders eine Mehrheit in den primaries bekommen sollte – eingesetzt werden können, um dieses Ergebnis auf undemokratische Weise noch zu kippen. Natürlich wird das Partei-Establishment es vorziehen, den Einsatz dieser Superdelegierten zu vermeiden, weil das ganz erhebliche politische Probleme nach sich ziehen würde. Der undemokratische und konzernfreundliche Charakter der Partei würde nur noch stärker in den Fokus rücken. Von daher werden sie aus heutiger Sicht ihren Schwerpunkt darauf legen, Sanders in den Vorwahlen und Parteikongressen zu schlagen.

Der maßgebliche Kampf, der im Zuge der Vorwahlen bei den „Demokraten“ zu beobachten ist, wird sich in der Zeitspanne danach noch weiter entfalten. Für den oben beschrieben Protestmarsch für Sanders sind 56 Prozent aller Delegierten zu haben, die an den primaries und Parteikongressen teilnehmen. Was wir brauchen ist eine umfassende bundesweite Mobilisierung der ArbeiterInnen und jungen Leute, um der umfassenden Kampagne an Angriffen, die die herrschende Klasse z.Zt. gegen Sanders ausheckt, angemessen entgegenwirken zu können.

Soll die die Wahl gewonnen und darüber hinaus ein Programm geschaffen werden, das die AnhängerInnen von Sanders motiviert, dann darf sich die Bewegung, die hinter ihm steht, nicht auf das herkömmliche Modell einer Wahlkampagne berufen, das von oben nach unten durchorganisiert ist. Das Polit-Personal darf nicht die alleinige Kontrolle haben. Das wäre ganz nach dem Geschmack der konzernfreundlichen Kandidaten. Soll die Wahl gewonnen werden, dann muss sich die Bewegung, die hinter Sanders steht, eigenständig und von unten nach oben organisieren. Und je stärker wir heute in unserer Selbst-Organisierung sind, desto stärker wird unsere politische Unabhängigkeit vom Establishment der „Demokraten“ sein und desto mehr werden wir in der Lage sein, um den Kampf für eine politische Revolution fortzuführen – egal, was am Ende der Vorwahlen und egal, was am Ende der Präsidentschaftswahlen auch rauskommen mag.

Die Wahlkampagne von Sanders hat schon jetzt eine neue politische Ära in den USA eingeläutet. Doch in den kommenden Wochen besteht das Potential, um der konzernfreundlichen Politik einen noch viel stärkeren Schlag zu versetzen. Wir können das Fundament ansägen, auf dem das von den Konzernen kontrollierte Zwei-Parteien-System fußt. Auf diese Weise können wir eine neue Welle an politischen Kämpfen lostreten, um zu einer weitreichenden, sozialistischen Veränderung der Gesellschaft zu gelangen.