Wirtschaftsflüchtlinge? Kapitalismusflüchtlinge!

fluchtursachenGegen die Spaltung in „richtige“ und „falsche“ Geflüchtete

„Wir können Schutzbedürftigen nur dann Platz bieten und Unterstützung geben, wenn Nicht-Schutzbedürftige gar nicht erst kommen oder schnell zurückgeführt werden.“ Wenn es nach Innenminister Thomas de Maizière geht, sollen so genannte „Wirtschaftsflüchtlinge“ schneller abgeschoben werden.

von Sarah Moayeri und Charlotte Claes, Berlin

Dieser Zynismus soll darüber hinweg täuschen, dass Fluchtursachen – ob Kriege Umweltzerstörung oder Ausbeutung – vom globalen kapitalistischen System geschaffen werden, an dem deutsche Banken und Konzerne einen großen Anteil haben.

Der Begriff „Wirtschaftsflüchtling“ impliziert, dass solche Geflüchtete kein Recht auf Asyl haben und der Bevölkerung auf der Tasche liegen würden.

Zum einen entspricht das nicht der Realität, da bei einem Haushaltsüberschuss von 21 Milliarden Euro allein im ersten Halbjahr 2015 der deutsche Staat die Versorgung der Flüchtlinge quasi aus der Portokasse zahlen könnte. Zum anderen leiden Geflüchtete ebenso wie einheimische ArbeitnehmerInnen unter der neoliberalen und unternehmerfreundlichen Sparpolitik der Bundesregierung, die knappen Wohnraum, sinkende Löhne und Kürzungen im sozialen Bereich zur Folge hat.

Mit dieser Argumentation soll davon abgelenkt werden, wer die wahren Verantwortlichen für soziale Missstände sind. Gleichzeitig dient sie als Legitimation für die Abschiebung der für das Kapital nicht „verwertbaren“ EinwanderInnen, die meistens aus extremer Armut und Perspektivlosigkeit flüchten.

Woher kommen sogenannte „Wirtschaftsflüchtlinge“?

Im Kosovo liegt die Arbeitslosigkeit bei 45 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit bei nahezu 60 Prozent. In Albanien liegt das durchschnittliche Monatsgehalt bei 225 Euro. Im bodenschatzreichen Eritrea liegt die Arbeitslosenquote schätzungsweise bei gut 40 Prozent. Ökonomische Ausbeutung und Kriege machen ein menschenwürdiges Leben in diesen Ländern unmöglich und haben die gleiche Ursache, nämlich das Interesse von multinationalen Konzernen und Banken an Rohstoffen, Profitmaximierung und Machterweiterung, kurz die so genannten „Wirtschaftsflüchtlinge“ sind Kapitalismusflüchtlinge.

Wer uns wirklich zu viel kostet

Die Reichen der Welt haben ein Finanzvermögen von bis zu 26 Billionen Euro in Steueroasen gebunkert. Sind das nicht die wahren Wirtschaftsflüchtlinge, die uns auf der Tasche liegen?

Gegen die Angriffe der Bundesregierung im Interesse eben dieser Reichen auf unseren Lebensstandard, unabhängig von Herkunft und Geschlecht, müssen wir uns organisieren und gemeinsam kämpfen.