Wien: „Zu wenig und zu spät!

WIen ProtestaktionProtest gegen die Untätigkeit der Gemeinde bei der Flüchtlingshilfe“

Am Mittwoch, dem 16.9. hatten VertreterInnen der Gemeinde Wien zur Pressekonferenz geladen. Thema war: „Aktuelles zur Wiener Flüchtlingspolitik”. Reden sollten Stadträtin Wehsely, Landtagspräsident (und Mister Donauinselfest) Kopietz und Flüchtlingskoordinator Hacker. Während die privaten HelferInnen auf den Bahnhöfen völlig überlastet sind, wollen sich die VertreterInnen der Gemeinde Wien als MenschenfreundInnen darstellen. FlüchtlingshelferInnen und Mitglieder der Sozialistischen Linkspartei (SLP, Schwesterorganisation der SAV) haben die Pressekonferenz genutzt, um unter dem Motto „Gemeinde Wien lässt Flüchtlinge und HelferInnen allein“ auf die zahlreichen Missstände hinzuweisen.

von Sonja Grusch, Wien

Fünfzig Millionen für Eigenwerbung der Gemeinde Wien – Essen, Kleidung, Decken für Flüchtlinge müssen durch private HelferInnen und SpenderInnen finanziert werden. Das Donauinselfest mit zwei Millionen BesucherInnen ist kein Problem. Aber für ein paar tausend Flüchtlinge gibt es keine Infrastruktur durch die Gemeinde Wien. Beim Wien-Marathon gibt es dauerhafte Erste-Hilfe-Zelte für TeilnehmerInnen und BesucherInnen – aber die medizinische Versorgung, zum Beispiel am Hauptbahnhof wird von Privatleuten mit privaten Spenden geleistet. Während es Internet-Hotspots für TouristInnen in Wien gibt, haben die HelferInnen kaum funktionierendes Internet, um Familienzusammenführungen und Essen zu organisieren. 80.000 Wohnungen stehen in Wien aus Spekulationsgründen leer, dazu kommen zahlreiche leerstehende öffentliche Gebäude – gleichzeitig haben Flüchtlinge kein Dach über dem Kopf. Kopietz & Co. behaupteten, die Gemeinde Wien würde ohnehin viel unterstützen, es gäbe keinen Mangel an den Bahnhöfen, es gäbe genug Essen etc. HelferInnen kennen allerdings eine ganz andere Situation. Täglich werden Listen veröffentlicht, was benötigt wird, darunter neben Kleidung und Essen auch Medikamente, Hygieneartikel und Putzmittel.

Ja, die Gemeinde Wien hat ein paar Hilfsmaßnahmen umgesetzt, doch zu wenig und zu spät. Vieles davon dient der Imagepflege und hilft wenig. Ein Mitarbeiter von Stadträtin Wehsely beschwerte sich dann auch darüber, dass unser Protest „den Wahlkampf stört“. Hacker war wütend, weil er ja auch „nur vier Stunden am Tag schläft“ – solche moralischen „Ich bin so arm“-Appelle ändern aber nichts daran, dass die Gemeinde die tausenden privaten HelferInnen im Regen stehen lässt. Denn die Löcher, die die Gemeinde Wien (und natürlich auch die Bundesregierung) offen lassen, müssen von privaten HelferInnen gestopft werden.

Vor und hinter dem Rathaus fand übrigens zeitgleich das „Vienna Masters“ statt – ein Pferdeevent der Reichen. Das teuerste Pferd dort gehört dem Vernehmen nach dem Prinz von Dubai und kostet dreißig Millionen Euro. Die Beschäftigten bekommen allerdings nur sechs Euro pro Stunde. Die Zelte, in denen die Pferde untergebracht sind wären Luxus für die Flüchtlinge, die immer noch kein Dach über dem Kopf haben. Für die Tiere gibt’s „Gesunden Einstreu für edle Tiere“ – und das, während Flüchtlinge wie (unedle) Tiere behandelt werden.

Sonja Grusch ist Bundessprecherin der Sozialistischen Linkspartei (SLP)