Der erste „Fracking-Krieg”?

"Lysychansk 16" by Ліонкінг - Own work. Licensed under CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lysychansk_16.jpg#/media/File:Lysychansk_16.jpg
“Lysychansk 16” by Ліонкінг – Own work. Licensed under CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons – http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lysychansk_16.jpg#/media/File:Lysychansk_16.jpg

Im Ukraine-Konflikt geht es nicht um Demokratie und nationale Selbstbestimmung, aber viel um Öl und Gas

von Holger Dröge

Seit Februar 2014 tobt in der Ukraine ein Krieg. Mehr als 6.000 Menschen wurden getötet. Rund 500.000 Menschen haben das Land im letzten Jahr verlassen, rund 400.000 davon in Richtung Russland, 60.000 nach Weißrussland, der Rest nach Westeuropa. Die sozialen und ökonomischen Folgen sind verheerend. Nach einem massiven Wertverlust der Landeswährung Griwna ist der Mindestlohn unter das Durchschnittseinkommen in Armutsstaaten etwa in Afrika oder Asien gefallen. Ein Arbeiter in der Ukraine habe derzeit noch Anspruch auf umgerechnet 42,90 US-Dollar im Monat, berichtete der Fernsehsender Ukraina im Februar 2015. Zum Vergleich: Menschen in Bangladesch, Ghana oder Sambia verdienen durchschnittlich 46,60 US-Dollar. Was sind die Ursachen für diesen Konflikt?

Die Ursachen des Ukraine-Konflikts sind vielfältig: Die US-Regierung will Russland als imperialistischen Konkurrenten in die Knie zwingen, die Europäische Union ihren Einfluss nach Osten ausweiten. Russland will seine Einflussgebiete sichern, gleichzeitig dient der Konflikt als Ablenkung von innenpolitischen Problemen. Die ukrainischen Herrschenden wollen den Krieg trotz aller Niederlagen fortsetzen, denn sie verdienen am Krieg so gut wie nie zuvor. Vierzig Prozent des ukrainischen Staatsbudgets, gestützt durch Milliardenzahlungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), wandern in den Krieg. Gleichzeitig ist der Krieg für sie Gelegenheit mit dem „sowjetischen Erbe” von Sozialleistungen und Arbeitsrecht in der Ukraine endgültig aufzuräumen. Eines ist all diesen Gründen gemein: Es geht um Profit. Es geht um die Frage welche imperialistische Macht an Einfluss gewinnt. Doch es gibt auch noch eine weitere Seite des Ukraine-Konflikts: Der Kampf um Öl und Gasvorkommen und deren Ausbeutung durch neue Methoden wie das Fracking.

Kampf um Rohstoffe…

Öl und Gas sind die die kapitalistische Wirtschaft beherrschenden Rohstoffe auf unserem Planeten. Der Kampf um sie wird mit aller Macht geführt. Allein in den letzten 20 Jahren gab es Kriege gegen Afghanistan und den Irak, die Blockadepolitik gegen Venezuela und brutale Unterdrückung in Nigeria. Die Liste lässt sich leider lange fortsetzen.

Während in den letzten Jahrzehnten oft davon die Rede war, dass die Ölvorkommen bald zur Neige gehen werden, haben neue Methoden der Öl- und Gasförderung, wie zum Beispiel Fracking, die Produktion in die Höhe schnellen lassen und geopolitisch neue Gebiete ins Blickfeld geraten lassen. Die Ukraine ist eines von diesen.

So gibt es vor der Krim im Meer riesige Gas- und Ölvorkommen. Eigentlich sollte ein vom US-Konzern Chevron geleitetes Konsortium diese ausbeuten, um Einkünfte für die Ukraine zu schaffen und die Abhängigkeit vom russischen Gas zu mindern. Doch da kam der Regierungssturz und es folgte die Angliederung der Krim in die Russische Föderation.

… und Transportwege

By Onno (Own work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
By Onno (Own work) [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
Öl und Gas müssen aber auch ihre Abnehmer erreichen. Pipelines und Flüssiggasverschiffung sind hierzu zentral. Die Ukraine ist nicht nur politisch, sondern auch im Hinblick auf Gas und Öl ein wichtiges Scharnier zwischen den Erdöl- und Erdgasressourcen in Russland und im kaspischen Raum – also in Aserbaidschan, Kasachstan, Turkmenistan und Usbekistan – und den Abnehmern auf dem Weltmarkt. Schon in den letzten Jahren wurden daher unter Mitwirkung Deutschlands Alternativen zur Ukraine geschaffen.

Bei einem Treffen mit dem E.ON-Vorstandsvorsitzenden Johannes Teyssen teilte Gazprom-Chef Alexej Miller im Dezember 2014 mit, dass in diesem Jahr bereits dreißig Milliarden Kubikmeter Erdgas durch die 1.224 Kilometer lange Ostseepipeline zwischen Wyborg und Greifswald nach Deutschland, Frankreich und in andere westeuropäische Länder geflossen sind. Gegenüber den zwanzig Milliarden Kubikmeter vom letzten Jahr bedeutet das eine Steigerung in Höhe von mehr als fünfzig Prozent. Die Maximalkapazität ist damit allerdings noch nicht erreicht – sie liegt bei fünfzig Milliarden Kubikmeter. Miller zufolge sind sich Gazprom und E.ON darüber einig, dass die 2011 in Betrieb genommene Unterwasserpipeline die Sicherheit der früher nur durch die Ukraine laufenden Lieferungen ganz wesentlich erhöht.

Mit der Krim in russischer Hand würde zudem der Weg, der nach dem so genannten „Gas-Krieg”, dem Konflikt zwischen Russland und der Ukraine im Jahr 2006, geplanten Gaspipeline South Stream von Russland nach Bulgarien bis Italien, Österreich und Serbien auch über die Krim verlaufen und dadurch deutlich billiger werden.

Auch im Krieg zwischen Russland und Georgien um Abchasien und Südossetien spielte die Energie eine wichtige Rolle. 2008 war eine russische Pipeline nach Südossetien eröffnet worden, das dadurch unabhängig von der Gasversorgung aus Georgien wurde. Zuvor war 1999 eine Pipeline von Baku unter Umgehung von Russland und Iran nach Georgien von einem westlichen Konsortium gebaut worden, wofür sich die US-Regierung stark einsetzte. Nachdem in Georgien Saakaschwili durch die „Rosenrevolution” 2003, auch mit Nachhilfe der USA, zum Präsidenten Georgiens wurde, stellte man 2006 die transkaukasische Pipeline von Georgien weiter bis zum türkischen Mittelmeerhafen Ceyhan fertig.

Unterschiedliche Interessen

In der Ukraine krachen die unterschiedlichen Interessen der verschiedenen imperialistischen Staaten aufeinander. Im Frackingtaumel der letzten Jahre wurde prophezeit, dass die USA vom Öl- und Gasimporteur zum Exporteur werden würde. Die geopolitischen Veränderungen wären gewaltig, beispielsweise wäre der Nahe Osten für die USA nicht mehr so interessant. Russland würde ein Verlierer sein, zumal wenn auch die Europäischen Länder ihre Ressourcen mit Fracking ausbeuten und so die für den russischen Staat so lebenswichtigen Exporte von Öl und Gas bedroht sind. Und bei alledem mit dabei: Die europäische Union unter Führung Deutschlands, die versucht ihren Rohstoffbezug auf unterschiedliche Länder zu verteilen, um Abhängigkeiten zu vermeiden.

Die Bedeutung von Öl und Gas für Russland

Auch wenn die Produktion von Öl und Gas nur elf Prozent des Brutto-Inlandsprodukts von Russland ausmacht, stammen doch zwischen 45 und 55 Prozent der Steuereinnahmen des Staates aus dieser Quelle. Ein Rückgang der Öl- und Gaspreise hat daher erhebliche Auswirkungen auf den Haushalt der Regierung. Noch kann der Rückgang der Rohstoffpreise durch die Abwertung des Rubels kompensiert werden. Allerdings werden die Steuern bei der Ausfuhr von Erdöl und Erdgas in US-Dollar berechnet. Wenn der Preis in US-Dollar fällt, sinken auch die Steuereinnahmen. Aber wenn der Rubel gegenüber dem US-Dollar abwertet, steigen die Umsätze in Rubel. Und das Budget von Russland wird in Rubel berechnet, nicht in US-Dollar.

Weiter ist festzustellen, dass eine Abwertung des Rubels die Erträge und die Gewinne der russischen Unternehmen garantiert. Wenn die Abwertung beträchtlich ist, sinken die Betriebskosten schneller als die Einnahmen in Dollar und die operativen Margen der Unternehmen erhöhen sich.

Die Wirkung der Sanktionen und der spekulativen Angriffe auf den Rubel sind auch von politischer Natur. Sie schwächen die russischen Liberalen und stärken das Putin-Regime, dass sich trotz wirtschaftlicher Schwierigkeiten, einem Anstieg der Arbeitslosigkeit, starker Inflation und zunehmender Proteste über Zustimmungsraten von über 70 Prozent stützen kann.

Die Interessen der USA

Die US-Unternehmen haben die hohen Investitionen in die neuen Fördertechnologien zu 80 bis 90 Prozent über hochverzinste Kredite realisiert. Die Investmentbank Morgan Stanley schätzt die Finanzblase um die Fracking-Industrie auf etwa 550 Milliarden US-Dollar. Sollten diese hoch riskanten Anleihen ausfallen, droht ein ähnliches Szenario wie beim Ausfall der ersten Immobilien-Kredite zu Beginn der letzten Finanzkrise.

Die Öl- und Gasschwemme in den USA führt weiter zu einem extremen Druck auf die Politik, die Lizenzvergabe für Energiexporte weiter zu lockern und erfolgreich Freihandelsverträge mit Europa und Asien abzuschließen. Der wirtschaftlich Druck nimmt inzwischen derartige Ausmaße an, dass einer der größten Ölhändler, BHP Billiton, im Schatten der Kongresswahlen Anfang November begonnen hat, sein Öl ohne Genehmigung des Weißen Hauses nach Europa zu verschiffen.

Für die USA ist es zentral die Kontrolle über neu auf dem Markt kommende Vorkommen, wie zum Beispiel in der Ukraine, zu bekommen. Die Münchener Sicherheitskonferenz widmete in diesem Jahr dem gleich ein eigenes Kapitel. Unter den Stichworten „Sicherheit” und „Unabhängigkeit” wurde besprochen, wie die USA Russland vom europäischen Energiemarkt verdrängen könnten.

McKinsey, ein Mitveranstalter der Konferenz, behandelt in einer extra angefertigten Studie die Gaslieferungen aus Nordafrika und Russland bereits als Vergangenheit. Die zukünftige Versorgung könnte aus den USA nach Europa verlaufen.

Am 23. Juli 2013, US-Konzerne schlossen in der Ukraine gerade Milliardengeschäfte ab, war auf Bloomberg.com ein interessanter Beitrag zu finden. Mit dem Export von Technologien wie Fracking an Länder wie Polen, dem Baltikum und der Ukraine solle deren Abhängigkeit von Russland vermindert werden und so dem „Ehrgeiz des Kreml geschadet werden, die Zukunft des Landes als eine Energie-Supermacht zu sichern.”

Die Ukraine: Spielball der Mächte

In der Ukraine gibt es große Vorkommen an Gas und Öl, aber vor allem auf der Krim und in der Ostukraine. Noch vor einem Jahr hatten US-Konzerne hier große Pläne, diese Ressourcen auszubeuten. Exxon, Chevron und Shell wollten der Ukraine mithilfe von Fracking-Technologie zur Unabhängigkeit von Russland verhelfen und Exporte in die Europäische Union beginnen.

Recht phantasievoll ist in dem Zusammenhang die Bemerkung von Anders Fogh Rasmussen vom Juli 2014. Der damalige NATO-Generalsekretär sagte, Russland unterstütze Umweltschutzorganisationen im Kampf gegen das Fracking, „um die europäische Abhängigkeit von russischem Importgas aufrechtzuerhalten.”

Tatsächlich wurde die Auseinandersetzung in der Ukraine massiv vorangetrieben, um wirtschaftliche Interessen durchzusetzen.

Im Mai 2014, die Krise in der Ukraine hatte sich massiv zugespitzt. Das Land war im Chaos. Auch bei Burisma, dem größtem ukrainischem Energieunternehmen, änderte sich viel: Hunter Biden, Sohn des US-Vizepräsident zog in den Verwaltungsrat des Unternehmens ein. Kurz zuvor hatten sich bereits der ehemalige polnische Ministerpräsident Aleksander Kwaśniewski und der Wahlkampfmanager des heutigen US-Außenministers John Kerry, Devon Archer, in dem Gremium eingefunden. Nur vier Wochen vorher hatte der US-Vizepräsident selbst die Ukraine besucht und mit der Regierung in Kiew die Frage der Energieversorgung diskutiert. Er kündigte dabei an, dass die im Jahr 2013 geschlossenen Verträge umgesetzt werden. Diese sehen eine großflächige Förderung von Erdgas in der Ukraine mithilfe von Tiefseebohrungen und Hydraulic Fracturing vor. Technische Spezialisten aus den USA sollten sich mit der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung treffen, um nun nach der Abspaltung der Krim konkrete Lösungen zu erarbeiten. Und er beschwor verlockende Aussichten: „Stellen Sie sich vor, wo Sie heute stehen würden, wenn Sie in der Lage wären, Russland zu sagen: Behalten Sie Ihr Gas. Das wäre eine ganz andere Welt, der du heute gegenüberstehen könntest.”

Ganz konkrete Pläne auf der Krim

Schon unter dem Janukowitsch-Regime hatten die Verhandlungen mit US-Konzernen begonnen und waren auch zum Abschluss gebracht worden. Im Schwarzen Meer vor der Krim, in der Ostukraine bei Donezk und in der Westukraine bei Lwow sollten Investitionen von 32 Milliarden US-Dollar umgesetzt werden. Zusammen mit der bereits laufenden Gasförderung hätten die Projekte den gesamten Energiebedarf der Ukraine von fünfzig Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr annähernd decken können.

Dabei spielen die Vorkommen im Schwarzen Meer die zentrale Rolle. 250 Millarden Kubikmeter Erdgas sollten dort durch Exxon und die österreichisch-rumänische Firma OMV Petrom in Zusammenarbeit mit Nadra Ukrainy in den nächsten fünfzig Jahren gefördert werden. Verlierer im Bieterwettbewerb vorher war ausgerechnet das russische Unternehmen Lukoil.

Bei der Übernahme der Krim in russisches Staatsgebiet war eine der ersten Entscheidungen der neuen Krim-Regierung die Öl- und Gasressourcen im Schwarzen Meer und die zu deren Ausbeutung notwendingen Anlagen der Firma Chornomorneftegaz zu verstaatlichen. „Nach der Nationalisierung des Unternehmens möchten wir eine offene Entscheidung treffen – wenn ein großer Investor, wie Gazprom oder ein anderer auftaucht”, so der direkte Hinweis von Rustam Temirgalijew, Stellvertretender Ministerpräsident der Krim, an die russische Adresse.

Aber auch im Osten

Shell beobachtete diese Entwicklungen damals noch erleichtert. Hatte man doch auf eine Investition in der Krim verzichtet und sich stattdessen auf die Ostukraine spezialisiert. Hier hatte man Verträge – wieder über fünfzig Jahre – für das größte On-Shore-Gasfeld der Ukraine geschlossen. Zehn Milliarden US-Dollar sollten investiert werden, sieben Milliarden Kubikmeter Erdgas sollten jährlich gefördert werden.

Doch schnell begannen die Aufstände in der Ostukraine und das Investment drohte in Gefahr zu geraten. Mit massiver Militärpräsenz versuchte die Regierung in Kiew noch das Aufstellen von Fracking-Bohrtürmen möglich zu machen, musste sich dann aber den aufständischen Truppen geschlagen geben.

Das dritte große Gasprojekt beendete dann der Konzern Chevron gleich selbst. Wie auch im Osten des Landes wollte Chevron um Lwow herum das Gas mithilfe von Hydraulic Fracturing fördern. Doch das Regime in Kiew war nicht bereit massive Steuererleichterungen für Chevron zu beschließen, also wurde die Investition auch angesichts der unsicheren Lage im Land abgeblasen.

Lang gehegte Pläne

Die Pläne in der Ukraine und Osteuropa entspringen einer lang angelegten Strategie. Schon 2010 war eine der ersten Amtshandlungen der Obama-Administration die Einrichtung einer besonderen Abteilung im Außenministerium, der sogenannten Global Shale Gas Initiative (dt: weltweite Schiefergas-Initiative). In den Jahren zuvor hatte Fracking eine enorme Ausweitung der Öl- und Gasförderung in den USA ermöglicht, bereits 2008 hatten die USA Russland als bis dahin größten Gasproduzenten überholt.

2014 wurde das Unconventional Gas Technical Engagement Program gegründet und mit sieben Millionen US-Dollar zur Förderung von Kontakten mit anderen Regierungen ausgestattet. In Osteuropa standen neben der Ukraine auch Litauen, die Slowakei und Slowenien, Ungarn und die Tschechische Republik auf dem Programm.

Als die Pilot-Projekte scheiterten war die Sorge bei den amerikanischen Konzernen groß. Aber John McCain, der Millionen von US-Dollars für seine Wahlkämpfe aus den Kassen der Ölkonzerne erhalten hat, versuchte in der Folge in verschiedenen anderen Ländern für US-Gas zu werben, „um die Abhängigkeit von russischem Gas in der Ukraine und Europa zu reduzieren”.

Schon in den letzten Jahren hatten US-Konzerne sich hier breit gemacht. Chevron hat zum Beispiel das Recht erworben in Polen, Rumänien und Bulgarien etwa 2,3 Millionen Hektar auf mögliche Vorkommen zu untersuchen. In Litauen hat das Unternehmen diese Rechte für 400.000 Hektar erworben. Die Kosten sind enorm. Allein in der Ukraine hat Chevron bisher 400 Millionen Dollar für Untersuchungen ausgegeben, die jetzt komplett abgeschrieben werden müssen.

Kapitalistisches Chaos

Die Jagd nach Profiten kennt keine Grenzen. Milliardensummen werden dazu um den Globus bewegt, die Gier nach Profit ist aber unersättlich. In seinem Werk „Das Kapital” zitiert Karl Marx den englischen Gewerkschafter Thomas Dunning wie folgt: „Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. Zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des Galgens.”

Die Folgen des Frackings für die Umwelt sind in ihrer ganzen Weite noch gar nicht absehbar. Aber deutlich wird, dass die Umweltzerstörung und damit die Grundlage für unser Leben auf diesem Planten mit Fracking vorangetrieben wird. Schon jetzt wird am Beispiel der Ukraine deutlich wie Fracking auch neue Kriege und Konflikte anheizt.

Im Kapitalismus wirken Investitionen zerstörerisch. Ein Grund mehr die natürlichen Ressourcen dieses Planten den Kapitalisten aus der Hand zu reißen und unter die Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Menschen zu stellen. Als Grundlage für eine Planung im Interesse von Mensch und Natur.

TTIP – auch hier geht es um Öl und Gas

Seit der Eskalation der Ukraine-Krise verhandeln Brüssel und Washington darüber, unter welchen Bedingungen sich die Gaslieferungen aus Russland, die mindestens 30 Prozent des euopäischen Bedarfs ausmachen, durch Lieferungen aus den USA ersetzen lassen könnten. Für US-Konzerne ist dies eine extrem wichtige Frage. Es gibt ein Überangebot an Gas in den USA, dass zur Zeit nicht exportiert werden kann. Daher wird Gas im großen Stil abgefackelt. Der Export von Gas ist aber auch wegen der hohen Verbindlichkeiten, die von US-Konzernen für das Fracking aufgenommen wurden, von hoher Bedeutung. Schnelles Geld ist geradezu überlebenswichtig.

Ein erstes Pilotprojekt für den Import von Flüssiggas startete bereits Ende Oktober 2014 vor der Küste von Litauen. In Klapeida ging ein riesiger schwimmender Flüssiggashafen mit dem malerischen Namen „Independence” vor Anker.

Bei den Gesprächen im Januar 2015 erschien nicht ohne Grund der US-Außenminister John Kerry persönlich, um die Energiefrage bei TTIP zur Chefsache zu machen. Denn mit TTIP sollen die Milliardenschweren Investitionen in den USA gegen politische Entscheidungen abgesichert werden.

Zukünftige Konflikte

Der Krieg in der Ukraine lässt in den Hintergrund geraten, dass sich die russischen Interessen, abgesehen von der Krim für den Stützpunkt der Schwarzmeerflotte und den großen Gasressourcen im Meer davor, schon lange Zeit auf die Arktis richten. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe führt in ihrem Bericht von 2012 auf, dass die russische Arktis bislang noch relativ wenig ausgebeutet wurde, aber große Ressourcen birgt: „Die russische Arktis ist insgesamt reich an Eisen, Bunt- und Edelmetallen sowie seltenen Metallen, Diamanten und Düngemittelrohstoffen. Hier liegt der überwiegende Teil der russischen Rohstoffreserven, vor allem an Platingruppenmetallen, Diamanten, Apatit, Nickel, Seltenen Erden, Silber, Aluminium, Quecksilber, Antimon, Kupfer, Zinn, Wolfram, Gold und Kobalt.”

Der Wettlauf um die Arktis hat dank der Klimaerwärmung begonnen. Das zurückweichende Eis und die wachsenden Möglichkeiten der Schifffahrt haben die Arktis zu einer geopolitisch bedeutsamen Region gemacht. Mit dem Eis beginnen auch die Konflikte langsam aufzutauen.

Im Schlagschatten des Ukraine-Konflikts erklärte Putin im April 2014, dass die von Russland beanspruchten Gebiete in der Arktis eine überragende strategische Bedeutung für die nationale Sicherheit hätten: militärisch, politisch, wirtschaftlich, technisch sowie für die Umwelt und die Ressourcen. Zunächst kündigte er den Ausbau der militärischen Infrastruktur und der Militärpräsenz an, was Schritt für Schritt umgesetzt wird.