Israel: Warum konnte Netanjahu die Wahl gewinnen?

Neue Koalition wird mit der nicht gelösten Krise konfrontiert sein und mit heftigen Konflikten

von Yasha Marmer, „Maavak Sotsyalisti/Nidal Eshteraki“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Israel/Palästina), der Artikel erschien zuerst am 25. März 2015 auf socialistworld.net

„Die Herrschaft der Rechten ist in Gefahr. Arabische Wähler strömen massenweise zu den Wahllokalen. Linke NGOs bringen sie Busse-weise dorthin“. Dieses unverblümt rassistisches Statement ist am Wahltag von niemand geringerem als Israels Premierminister Benjamin Netanjahu veröffentlicht worden. Das war der Höhepunkt der ultra-nationalistischen Aufwiegelungskampagne, die vom rechts-konservativen „Likud“ in der letzten Woche vor den Wahlen am 17. März gefahren wurde.

Netanjahus Partei, die die Wahlen am Ende für sich entscheiden konnte, bemühte sich vor dem Hintergrund wachsender Unzufriedenheit und Abscheu über ihre Machtausübung nach Kräften, ihren Wahlsieg dadurch sicherzustellen, dass sie die reaktionärsten Elemente der Gesellschaft mobilisierte, vor allem die extrem rechte Bewegung der Siedler. Das Wahlergebnis ist in vielerlei Hinsicht das Resultat dieser Mobilisierung: Der Sieg von „Likud“ kam nicht auf Kosten des konkurrierenden „zionistischen Lagers“ und der nach links tendierenden liberal-zionistischen „Meretz“-Partei zustande, sondern vielmehr auf Kosten der Parteien der extremen Rechten.

Zum Zeitpunkt, da die Neuwahlen angekündigt worden sind, wurde weithin angenommen, dass die kolonialistisch-messianische Partei „Jüdisches Heim-Tkuma“ von Naftali Bennett auf 15 bis 17 Sitze und „Yisrael Beiteinu“ unter der Führung des rassistischen Außenministers Avigdor Lieberman auf rund zehn Sitze kommen würde. Für den „Likud“ standen 22 bis 24 Sitze in Aussicht.

Das Endergebnis führte hingegen zu einer Umverteilung innerhalb des rechts-nationalen Blocks: „Likud“ kam auf 30 Sitze, das „Jüdische Heim“ ergatterte nur acht Abgeordnetenplätze und „Yisrael Beiteinu“ kam auf lediglich sechs Parlamentssitze. Die rechtsextremistisch-kahanistische Partei „Yachad“ schaffte es nicht über die Sperrklausel und bekam somit keinen einzigen Sitz in der Knesset, dem israelischen Parlament.

Es war der dritte Wahlkampf in Israel, der unmittelbar nach einem blutigen Überfall auf den Gazastreifen stattgefunden hat. Dieses Mal ging der Krieg, der für über 2.200 BewohnerInnen des Gazastreifens den Tod bedeutet hat, mit einer wesentlich nationalistisch-chauvinistischeren Stimmung in der israelischen Gesellschaft einher. Bezieht man diesen Umstand in die Überlegungen mit ein, so bleibt festzuhalten, dass der Sieg der politischen Rechten noch ziemlich bescheiden ausgefallen ist.

Insgesamt sind der „Likud-Block“, das „Jüdische Heim“ und Lieberman auf 44 Sitze gekommen. Das ist nur ein Sitz mehr im Vergleich zu den Wahlen von 2013. Das zionistische Lager (ein Bündnis aus „Arbeitspartei“ und der „Hatnua“-Partei von Tzipi Livni) kam zusammen mit „Meretz“ auf 29 Sitze. Das sind zwei Sitze mehr im Vergleich zum Abschneiden dieser drei Parteien bei den Wahlen von vor zwei Jahren.

Die „Gemeinsame Liste“, ein Wahlbündnis aus arabisch-jüdischer „Hadash“, den palästinensischen national-liberalen Parteien „Balad“ und „Ta`al“ sowie der palästinensisch-islamistischen „Vereinten Arabischen Liste“, kamen auf 13 Sitze. Vor zwei Jahren schafften es die Mitgliedsparteien dieses Bündnisses noch (damals auf autonomen Listen) auf 11 Sitze. Als Reaktion auf die Anhebung der Sperrklausel – die mit der klaren Motivation vorgenommen wurde, um die VertreterInnen der arabisch-palästinensichen Minderheit aus der Knesset rauszuhalten – stieg die Wahlbeteiligung unter den AraberInnen und PalästinenserInnen von 58 Prozent auf 64 Prozent. Am Ende wurde die „Gemeinsame Liste“ zur drittstärksten Kraft im Parlament.

„Likud“ richtet sich an die extreme Rechte

Nur wenige Tage vor der Wahl sagte Netanjahu einer Gruppe von Sprechern der Siedler-Bewegung in einem hinter verschlossenen Türen abgehaltenen Meeting: „Sie wollen mich weg haben. Das richtet sich aber gar nicht gegen mich sondern gegen euch. Es ist nicht mein Kopf, den sie rollen sehen wollen. Die ausländischen Regierungen, die amerikanischen und mexikanischen Milliardäre, Azmi Bishara [ehemaliger arabischer Abgeordneter] in Katar und die Palästinensische Autonomiebehörde sind hinter euren Häusern her und eurem Erbe“.

Netanjahu drängte die Siedler, besser den „Likud“ als das „Jüdische Heim“ zu wählen (letztere triumphierte vor zwei Jahren als politischer Arm der Siedler), um die Zukunft der Außenposten in den palästinensischen Gebieten zu sichern.

Dieser Appell sorgte nicht nur dafür, dass Stimmen von der Siedler-Partei zum „Likud“ übergegangen sind. Auch eine Schicht von Aktivisten aus den Siedlungen konnte darüber mobilisiert werden. Am Tag der Wahl hatte sich eine Gruppe von 1.500 Siedlern von ihren Häusern aus ins besetzte Westjordanland aufgemacht, um zu den Wahllokalen in den arabischen Ortschaften und Dörfern in Israel zu gelangen. Dort angekommen schüchterten sie die WählerInnen vor Ort ein und behaupteten dabei auf rassistische Art und Weise „möglichen Wahlbetrug unter den Arabern verhindern“ zu wollen. Die provokative Anwesenheit der Siedler, von denen einige mit Tränengas, Schlagstöcken und scharfer Munition ausgerüstet waren, war ganz offiziell vom „Likud“ in Zusammenarbeit mit dem „Jüdischen Heim“ und „Yisrael Beiteinu“ organisiert worden.

Parallel dazu zog eine weitere Gruppe von rund 700 Siedlern nach Ashdod, eine Arbeiter-und Hafenstadt im Süden Israels, um von Tür zu Tür zu gehen und die StammwählerInnen des „Likud“ von der Notwendigkeit wählen zu gehen zu überzeugen. Eigentlich gilt Ashdod mit seiner vornehmlich „orientalisch“-jüdischen Bevölkerung als traditionelle Hochburg des „Likud“. Drei Tage vor der Wahl musste der „Likud“ jedoch eine Wahlveranstaltung und den Besuch Netanjahus in der Stadt wieder absagen, weil man Angst hatte, diese könne zu schlecht besucht werden. Ein Grund dafür war die Attacke, die Netanjahu auf die HafenarbeiterInnen von Ashdod verübt hat: Während des Wahlkampfes war er in einem Video zu sehen, mit dem versucht wurde, die Bilanz seiner bisherigen Regierung zu zeigen. In Wirklichkeit machte sich dieses Video jedoch über all jene lustig, die von der Regierung „besiegt“ worden sind, darunter ein Hafenarbeiter aus Ashdod, der sich gegen Privatisierungen ausspricht, eine Beschäftigte des landesweiten Fernsehsenders, der von der Regierung geschlossen worden ist, und ein Kämpfer der „Hamas“.

Breite Schichten in der Gesellschaft reagierten sehr wütend auf dieses Video und für viele war dies ein weiterer Beleg dafür, dass der „Likud“ tatsächlich seine traditionelle Wählerschaft verliert und möglicher Weise sogar davor stehe, als Verlierer aus den Wahlen hervor zugehen.

„Jeder, nur nicht Bibi“

Nur wenige Monate nach Beendigung des Krieges begann sich die vergleichsweise blind-reaktionäre Stimmung in der israelischen Gesellschaft schon wieder zu wenden. Und das trotz der tiefen Spaltung entlang nationaler Zugehörigkeiten. Plötzlich war die vor dem Krieg zu verzeichnende Wut in der Gesellschaft wieder spürbar. Sogar der Staatspräsident Reuven Rivlin meinte: „Unmittelbar nachdem die Kanonen wieder schwiegen und mit überraschender Geschwindigkeit befasste sich der öffentliche Diskurs wieder mit Themen wie der Inflation und den Lebenshaltungskosten […] seit nunmehr drei Jahren zeigt die israelische Öffentlichkeit, dass sie mit dem derzeitigen System unzufrieden ist“. Als dann der Wahlkampf begann, kulminierte diese Unzufriedenheit in dem allseits beliebten Slogan: „Jeder, nur nicht Bibi“ (womit Premier Netanjahu gemeint war). In gewisser Weise spiegelte dieser Slogan auch das politische Vakuum wider, das auf der Linken besteht.

Zehn Tage vor der Wahl, als sich tausende von Menschen an einer großen Kundgebung gegen die Fortführung der „Likud“-Regierung beteiligten, wuchsen die Hoffnungen, man könne sich Netanjahus tatsächlich entledigen. Auf der Bühne erlebte man allerdings eine Mixtur aus zwei verschiedenen oppositionellen Lagern, die zwar gegen den „Likud“ mobilisierten, aber aus sehr unterschiedlichen Gründen.

Auf der einen Seite waren da die Rednerinnen, die sich an der sozialen Bewegung von 2011 und dem Kampf gegen Zwangsräumungen aus öffentlichen Wohnungen beteiligt hatten. Eine andere Rednerin kam aus der Arbeiter-Stadt Sderot an der Grenze zum Gazastreifen. Sie sagte, sie habe immer den „Likud“ gewählt, sich nach dem letzten Krieg aber entschieden, nicht mehr für Netanjahu und die Rechte zu stimmen, weil diese nicht für Sicherheit sorgen.

Auf der anderen Seite war die Bühne (von der arabisch-palästinensische RednerInnen ausgeschlossen waren!) dominiert von Vertretern des Establishments und vor allem der Armeeelite sowie der Spitze der Sicherheitsdienste. So handelte es sich bei den beiden Hauptrednern um den ehemaligen Chef und seinen ehemaligen Stellvertreter des Geheimdienstes „Mossad“. Sie sind ein augenscheinlicher Beleg für die Debatten und Meinungsverschiedenheiten innerhalb der herrschenden Elite Israels vor dem Hintergrund wachsender Isolation auf internationaler Ebene, der geopolitischen Krise in der Region und der Intensivierung des nationalen Konflikts im Land selbst.

Überflüssig zu erwähnen, dass diese Generäle, die bedingungslos zur Wahl des zionistischen Lagers aufriefen um Netanjahu zu verhindern, Teil des Problems und nicht der Lösung sind. Das zionistische Lager unterscheidet sich vom „Likud“ in seiner Herangehensweise an außenpolitische Themen und einige Fragen, die die Strategie und Taktik des Regimes hinsichtlich des Kampfes der PalästinenserInnen betreffen. In grundsätzlichen Fragen wie der Fortsetzung der Unterdrückungspolitik gegenüber der nationalen Minderheit und der Ausbeutung der palästinensischen Massen gibt es jedoch keinen Unterschied.

Während des 50 Tage andauernden Feldzugs gegen den Gazastreifen im vergangenen Jahr war Tzipi Livni in gewisser Weise Netanjahus engster Koalitionspartner und Isaac Herzog, der Vorsitzende der sozialdemokratischen „Arbeitspartei“, unterstützte Netanjahus Kurs aus der „Opposition“ heraus. Im Wahlkampf hat das zionistische Lager versucht, Netanjahu von rechts zu attackieren und stellte immer wieder unter Beweis, dass es sich vom „Likud“ nur unwesentlich unterscheidet. Dennoch haben die sich gegenüberstehenden Lager im Wahlkampf versucht, zu polarisieren. Das Hauptmotto des „Likud“ lautete: „Entweder wir oder die Linke“. Und der Slogan des zionistischen Lagers lautete: „Entweder wir oder er“, womit man sich auf Netanjahu bezog.

Das zionistische Lager schaffte es, in Haifa und Tel Aviv (zwei der drei größten Städte) mehr Stimmen zu bekommen, als der „Likud“ und der Rest der rechten Parteien. Hinsichtlich dieses zionistischen Lagers gab es allerdings keine großen Illusionen sondern bei einem Teil der israelischen Öffentlichkeit vielmehr so etwas wie die verzweifelte Hoffnung, dass man sich mittels dieses Lagers der „Likud“-Regierung entledigen könne. Es war die Entscheidung für das „kleinere Übel“ und nicht die Erwartung der Massen, dass sich damit die Politik wesentlich ändern würde.

Dem „Likud“ gereichte es zum Vorteil, dass es an Begeisterung für die Konkurrenz mangelte, der Nahe Osten (mit dem Erstarken von ISIS und anderer djihadistischer Gruppierungen auch auf dem Sinai) in einer geopolitischen Krise steckt und in der israelischen Öffentlichkeit – vor allem unter den rechten Stammwählern – die Sorge um die Sicherheit größer wird.

Neue Koalition, ungelöste Krise

Wie die neue Regierungskoalition letztlich aussehen wird, muss in den anstehenden Wochen geklärt werden. Klar ist jetzt schon, dass Netanjahu eine sogenannte „Regierung der natürlichen Verbündeten“ mit der extremen Rechten und den religiösen „Haredim“-Parteien sowie mit „Moshe Kahlon“, einer Abspaltung vom „Likud“, anstreben wird.

Diese Koalition der „natürlichen Verbündeten“ mag auf dem Papier stabiler aussehen als die vorherige. In Wirklichkeit wird sie aber eine schwache und unbeliebte Regierung abgeben. In einer Erklärung, die wir anderthalb Monate vor den Wahlen als „Maavak Sotsyalisti/Nidal Eshteraki“ veröffentlicht haben, haben wir geschrieben: „Eine noch rechtere Regierung bestehend aus >Likud<, der Partei von Bennett und >Haredim< ist das beste Rezept, um die Brücken auf internationaler Ebene abzubrechen, den Kampf der PalästinenserInnen eskalieren zu lassen und eine gesellschaftliche Explosion in Israel zu entfachen“.

Wir erklärten weiter: „Die allgemeine Unterstützung für eine >Zwei-Staaten-Lösung< und die Empörung über die sozio-ökonomische Lage haben das Potential, die öffentliche Unterstützung für eine Regierung aus >Likud< und Bennett (wenn sie ganz ohne >liberale< Feigenblätter wie Lapid oder Livni auskommen wollen) auszuhöhlen. In diesem Fall ist es eher wahrscheinlich, dass die Peitsche der Reaktion tatsächlich Widerstand provozieren wird und einen Linksruck in der israelischen Gesellschaft. Es macht Sinn daran zu erinnern, dass die soziale Protestbewegung [von 2011] unter der vormaligen Regierung Netanjahu aufkam, als die Partei von Lieberman noch zweitstärkste Fraktion in der Koalition war“.

Es ist natürlich unmöglich vorherzusagen, wie schnell die Entwicklungen vonstatten gehen werden. Wobei nicht unterschätzt werden sollte, zu welchem Grad sich nach Netanjahus Wahlerfolg unter breiten Schichten der Arbeiterklasse und der Mittelschicht Enttäuschung und Demoralisierung breitmachen werden. Aber dass es zu einer besonders langen Schonfrist für die neue Regierung kommen wird, ist ziemlich unwahrscheinlich.

Netanjahus Panikmache

Auf internationaler Ebene steht Netanyahu zu Beginn seiner vierten Amtszeit wesentlich isolierter dar als sonst. Das liegt natürlich auch an seiner Erklärung, die er einige Tage vor den Wahlen abgegeben hat und nach der es unter seiner Ägide keinen palästinensischen Staat geben werde. Die westlichen imperialistischen Regierungen fürchten, dass Netanjahus stetige Ablehnung, irgendein nennenswertes Zugeständnis in Betracht zu ziehen, den Weg zu künftigen Konflikten ebnen wird.

Unmittelbar nach den Wahlen gab Netanjahu amerikanischen Medien zwei Interviews. Er wollte versuchen seine Position wieder zu relativieren, hatte damit aber wenig Erfolg. Selbst Obama sah sich gezwungen, diesen Versuch zurückzuweisen, indem er meinte: „Wir nehmen ihm beim Wort, wenn er sagt, dass dies [die Einrichtung eines palästinensischen Staates] in seiner Amtszeit nicht geschehen wird“.

Für die palästinensischen Massen im besetzten Westjordanland und dem abgeriegelten Gazastreifen verringert der Wahlausgang sogar die Aussicht auf Verhandlungen mit der israelischen Regierung. Netanjahus rassistische Panikmache, dass „die Araber“ sich an den Wahlen beteiligen, und seine Forderung, dass Israel als „jüdischer Staat“ bezeichnet wird (d.h., dass ein Fünftel seiner Bevölkerung, die PalästinenserInnen, im besten Falle nur toleriert werden), bedeutet, dass die PalästinenserInnen von seiner Amtszeit nichts anderes erwarten können als weitere Verschlechterungen. Diese Ansicht kann den Weg ebnen für einen erneuten Massenaufstand gegen die Besatzung und nationale Unterdrückung.

Die weitere wirtschaftliche Entwicklung wird die neue Regierung wahrscheinlich dazu bringen, neue Angriffe auf die Lebensstandards der abhängig Beschäftigten und die organisierte Arbeiterbewegung zu fahren, was die ArbeiterInnen und die jungen Leute sowohl zu offensiven als auch zu Verteidigungskämpfen zwingen kann. Die Bestandteile der künftigen Koalition planen bereits weitere Attacken auf die demokratischen Rechte und bürgerliche Freiheiten sowie eine neue rassistische Gesetzgebung, die sich gegen die arabisch-palästinensische Minderheit innerhalb Israels richtet. Das wird neue Wutausbrüche und Proteststürme hervorrufen.

Dass die „Gemeinsame Liste“ in den arabisch-palästinensischen Ortschaften und Gemeinden an Stimmen zugelegt hat, deutet auf das Verlangen nach Wandel hin und nach einem effektiven Kampf gegen Rassismus und Diskriminierung. Jetzt bestehen gegenüber diesem Wahlbündnis (trotz all seiner Beschränktheit, da sowohl linke als auch konservative Elemente darin vertreten sind) hohe Erwartungen von Seiten seiner WählerInnen und den AktivistInnen, die Schritte in diese Richtung sehen wollen.

Zwei Tage nach den Wahlen rief Ayman Odeh, der Vorsitzende der „Gemeinsamen Liste“, zu einem Marsch aus den ländlichen Beduinen-Dörfern in der Negev-Wüste zur Knesset auf. Damit sollte am Tag der Amtseinführung der neuen Abgeordneten Solidarität mit den Siedlungen ausgedrückt werden, die von der Regierung als nicht legal betrachtet werden. In der letzten Phase des Wahlkampfs forderte Odeh, dass ein Marsch zehntausender Jüdinnen, Juden und AraberInnen für Gerechtigkeit stattfinden müsse, angelehnt an die Märsche der Bürgerrechtsbewegung von Martin Luther King in den USA. Diese Aktionsform kann ein guter Ausgangspunkt für den Aufbau einer Bewegung in Israel werden, die nötig ist, um Netanjahus neue Regierung zu stoppen – vor allem, wenn sie sowohl zum Thema der Bürgerrechte als auch zu weiteren sozialen Forderungen (z.B. Sozialhilfe, Wohnungspolitik, Lebensunterhalt und Frieden) mobilisiert.

SozialistInnen werden sich nach Kräften dafür einsetzen, beim Aufbau einer solchen Bewegung mitzuhelfen. Parallel dazu treten wir natürlich für einen sozialistischen Ausweg ein, um wegzukommen vom Horror, den die Unterdrückung der nationalen Minderheiten und die Unterdrückung der Arbeiterklasse mit sich bringt, was durch den israelischen Kapitalismus hervorgerufen wird.