Wir haben den Kapitalismus satt!

Wir haben es sattHeute demonstrierten in Berlin mehrere zehntausend Menschen gegen TTIP und die Machenschaften der Agrarindustrie. Die SAV war wie in den letzten Jahren bei der Wir haben es satt Demonstration dabei und verteilte folgendes Flugblatt.  Am kommenden Dienstag findet eine Veranstaltung zum Thema statt (siehe unten):

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Wir haben den Kapitalismus satt!

Es gibt kein richtiges Essen in der falschen Küche

Pestizide auf dem Blattsalat, Gülle im Grundwasser, EHEC, Gen-Mais, Biosprit, Bienensterben, Robbentötung, Hungersnöte, Landgrabbing, Monokulturen, Eutrophierung, Glyphosat, Klimaerwärmung, Bodenerosion… Du wärst nicht hier, wenn du das alles (und mehr) nicht kennen würdest.

Wenig kulinarische Zutaten im Essen sind ein alter Hut. Wir erinnern uns noch alle an den Hamburger Sülzeaufstand anno 1919. Seitdem die Menschen aufhörten ihr Futter selbst anzubauen  und ihre Nahrungsmittel von anderen bezogen, wurde Essen zur Ware mit der, wie mit allen anderen auch, von anderen Profit gemacht werden wollte. Wollte? Nee, musste. Kann man Nestle  vorwerfen, dass sie uns vergiften? Selbstverständlich! Aber im Prinzip tun die nur das, was erlaubt ist und alle Unternehmen machen – sie wirtschaften, sie machen Profit. Und alles was diesen  größer macht, ist gut.

Die kleine Raupe Nimmersatt

Circa 50% der hiesigen Bevölkerung sind übergewichtig, gut ein Viertel davon sind adipös. Zwei Drittel aller Krankheiten sind ernährungsbedingt. Das liegt nicht nur an der Menge, sondern auch an dem was gegessen wird. Gesundes Essen muss man aber nicht nur essen wollen – man muss es sich auch leisten können. Im Land der Hartz IV Empfänger, des Niedriglohns und der Aufstocker keine Selbstverständlichkeit. Denen wiederum, die Geld für halbwegs gute Nahrung hätten, fehlt oft die Zeit. Längere Arbeitszeiten und viel Stress führen oft dazu, dass mal schnell was reingefuttert wird.

Nur gut, dass es Pharmakonzerne gibt, die für jede Krankheit eine mehr oder weniger wirksame Medizin anbieten – zumindest für jene, die es sich leisten können. Woanders sind die Leute auf Grund von zu wenig Nahrung krank. Oft sogar jene, die selbst Nahrungsmittel anbauen (u.a. für die Deutschenmast), denn sie gehören jemand anderen, ebenso wie das Land auf dem die Nahrung angebaut wird.

Die Einen sind krank vom Essen, die anderen weil sie nichts zu essen haben. Ein Konsument hat zu konsumieren und wer es sich nicht leisten kann zu konsumieren, hat Pech gehabt. Es geht  darum, ein Produkt profitabel an den zahlenden Mensch zu bringen – ganz normales wirtschaften.

Oft sogar jene, die selbst

Nahrungsmittel anbauen (u.a. für die Deutschenmast), denn sie gehören jemand anderen, ebenso wie das Land auf dem die Nahrung angebaut wird. Die Einen sind krank vom Essen, die anderen weil sie nichts zu essen haben. Ein Konsument hat zu konsumieren und wer es sich nicht leisten kann zu konsumieren, hat Pech gehabt. Es geht darum, ein Produkt profitabel an den zahlenden Mensch zu bringen – ganz normales wirtschaften.

Was der Bauer nicht weiß, verdirbt ihm nicht den Appetit

Werbung spielt keine zu vernachlässigende Rolle. Inwieweit es überhaupt etwas wie eine „freie Entscheidung“ gibt sei dahingestellt, aber der Sinn von Werbung ist es, Menschen davon zu überzeugen, ein bestimmtes Produkt zu konsumieren, unabhängig von objektiven Gründen dieses Produkt einem anderen vorzuziehen. Und Werbung funktioniert, sonst würden Unternehmen nicht Milliarden Euro dafür ausgeben.

Da kann das Verbraucherhirn Verantwortung ausüben wie es will; es hat in vielen Fällen kaum genug Informationen um eine begründete Entscheidung zu treffen. In Deutschland wird die Lebensmittelindustrie geradezu ermutigt, zu betrügen. Es gibt viel zu wenig Lebensmittelkontrolleure, um eine ernsthafte Überprüfung zu gewährleisten; eine große Mitschuld daran trägt der Personalabbau im Öffentlichen Dienst. Und selbst wenn Lebensmittelbetrüger auf die eine oder andere Art erwischt werden, erfährt der Kunde im Supermarkt nicht, welches Unternehmen unsauber arbeitet. Gerechtfertigt wird das mit der „unternehmerischen Freiheit“, das ist quasi eine Einladung zum Betrug. Und wenn so nett gebeten wird, wird die Einladung gerne angenommen.

Wenn das Land nicht zum Konzern kommt, kommt der Konzern zum Land

Große international agierende Unternehmen kaufen in allen Ecken dieser Welt Land, um dort Produkte für profitträchtige Märkte an- oder abzubauen. Zum Beispiel werden Energiepflanzen für den „Biosprit“ und Futtermittel für deutsche Mastanlagen angebaut – denn da lauert der Profit. Und daneben ist immer knapper werdendes Land auch eine schöne Kapitalanlage.
Das viele eingekaufte Land ist allerdings auch nötig. Ein großer Teil der weltweit produzierten Nahrung landet als Viehfutter in den Mastanlagen der Industrieländer. Etwas mehr als 30% der Ackerflächen werden dazu benötigt.

Die Menschen, die vorher auf dem Land wohnten und davon lebten, werden vertrieben oder dürfen sich von nun an als Billigstlohnknechte auf der Plantage verdingen und der Konzern kann sich damit schmücken, Arbeitsplätze geschaffen und Verantwortung übernommen zu haben. Nur leider nicht für das was sie tun, nämlich die wirtschaftliche und soziale Not für die Menschen – wo auch immer – zu verschärfen und für die Kriege und Vertreibungen, die auch daraus entstehen.

Nach mir die Staubwüste

Durch die intensive Bewirtschaftung werden dem Boden Nährstoffe entzogen, die dann durch Dünger wieder zugeführt werden müssen. Aber nicht nur dem Feld, auch Fluss, See und Grundwasser werden unfreiwillig mitgedüngt. Düngung funktioniert aber nur zeitweise,
irgendwann ist der Boden so ausgelaugt, dass nichts mehr darauf wächst. Hinzu kommt noch, dass auf Acker- und mehr noch auf Weideland eine schützende pflanzliche Deckschicht oftmals kaum vorhanden und der Boden der Witterung offen ausgesetzt ist und langsam aber stetig ins Meer fließt.
15% der weltweiten landwirtschaftlich genutzten Flächen sind bereits mehr oder weniger kaputt und werden in naher Zukunft ein Teil der etwa 120.000 km2 sein, die jährlich für immer als Nahrungsgrundlage verloren gehen.
Niemand – auch noch so profitgierige Großkonzerne – hat ein Interesse an der Vernichtung von Ackerland.
Aber das was salopp Markt genannt wird, zwingt seine Teilnehmer möglichst billig zu produzieren, heute möglichst viel Profit zu machen – da scheint die nahe Zukunft weit genug weg.
Zudem sind die, die für die Vernichtung und Vergiftung der Böden verantwortlich sind, am Wenigsten von den Folgen betroffen.

Da müssen die doch was machen!

Forderungen an die „Politik“ sind richtig und wichtig. Aber wer hat die Gesetze gemacht, die es heute den Lebensmittelkonzernen ermöglicht auf unsere und der Umwelt Kosten Profite zu machen? Wer unterstützt die WTO, die Weltbank, den IWF? Wer beschließt Freihandelsabkommen wie TISA, NAFTA, CETA oder bald schon TTIP, die schlussendlich nur den Reichen helfen auf Kosten aller reicher zu werden? Ob Regierungen nicht willens oder nicht in der Lage sind, die Dinge zum Besseren zu ändern ist letztendlich egal, entscheidend ist, dass es nicht getan wird.
Solange Politik von Wenigen statt von Allen gemacht wird, wird sie auch nur wenigen statt allen Menschen dienen. Politische Entscheidungen müssen dahin, wo ihre Folgen gelebt werden – in die gesamte Gesellschaft, zu allen Menschen.

Eine essbare Welt ist möglich!

Die Frage ist aber nicht nur wer, sondern auch wie produziert wird. Um die Erde nicht in eine karge Geröllwüste zu verwandeln, ist es nötig, die Produktion auf die Bedürfnisse von Mensch und   Natur auszurichten. Denn diese Welt hat genug für alle zu bieten. Für Plankton, Farn, Wels, Biber, Storch, Menschen, Kellerassel und was sonst noch kreucht und fleucht. Ein sehr guter Anfang ist die Abschaffung des Profitprinzips bei der Erzeugung von Lebensmitteln. Damit alle das bekommen, was sie brauchen.

Forderungen der SAV

  • Vollständige Offenlegung aller Daten zu gentechnischer Forschung, Wirkung von Düngemitteln, sogenannten Pflanzenschutzmitteln und Lebensmittelzusatzstoffen auf Mensch und Natur –
    Abschaffung aller Betriebsgeheimnisse!
  • Unternehmen und Großaktionäre zur Rechenschaft ziehen für die ökologischen Schäden von Gentechnik, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln!
  • Nein zu „Biosprit“ – Sprit sparen, bspw. Durch kostenlosen öffentlichen Nahverkehr!
  • Weltweites Verbot der Patentierung von Lebewesen!
  • Schluss mit Agrarsubventionen die in Europa Agrarkonzernen zugute kommen und woanders die
    lokalen Produzenten ruinieren,
  • Sofortige, flächendeckende Umstellung auf ökologischen Landbau – finanziert durch drastische
    Besteuerung von Profiten, Großvermögen und hohem Einkommen.
  • Ökologisch nachhaltige Produkte für alle, unabhängig vom Geldbeutel!
  • Enteignung und Überführung der Agrar- und Lebensmittelkonzerne in öffentliches Eigentum und gesamtgesellschaftlicher Kontrolle.
  • Spekulationen mit Lebensmittel beenden – Banken vergesellschaften.

Kapitalismus schmeckt scheiße! Wir denken, dass die ökologischen und sozialen Probleme dieser Welt nur in einer demokratischen und sozialistischen Gesellschaft – die nicht Profite, sondern die Bedürfnisse von Mensch und Natur in den Mittelpunkt stellt – gelöst werden können. Wenn Du ähnlich denkst / Dich oder uns einfach informieren möchstest, dann komm zu einem unserer Treffen!

Veranstaltung „Wir haben den Kapitalismus satt“

SAV Friedrichshain
Dienstag, 20.01.2015 um 19.30 Uhr
Gryphiusstr. 16, 10245 Berlin
In der „Kontaktstelle PflegeEngagement“