Wohnen ist Menschenrecht

Foto: http://www.flickr.com/photos/kietzmann/ CC BY-NC-ND 2.0
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30 Jahre hat Karl-Heinz Gerigk in seiner Wohnung im Kölner Agnes-Viertel gewohnt. Aber wo er Weihnachten sein wird, weiß er nicht. Zum 16. Dezember soll er seine Wohnung verlassen.

Das haben die Gerichte entschieden. Sein Vermieter hatte „Eigenbedarf“ angemeldet und ihm gekündigt.

von Georg Kümmel, Köln

Karl-Heinz Gerigk wohnt in einer Dachgeschosswohnung. 2007 war die Dachgeschosswohnung im Nachbarhaus vom Eigentümer einer Immobilienfirma gekauft worden. Der hatte gegenüber seinen Mieter-Innen ebenfalls „Eigenbedarf“ angemeldet. Die MieterInnen zogen aus. Aber der neue Eigentümer zog nie ein, baute die Wohnung stattdessen um und aus und verkaufte sie für viel Geld weiter.

Eigenbedarf oder Luxussanierung?

Karl-Heinz Gerigk fand heraus, dass der Käufer seiner Wohnung bei eben jener Immobilienfirma arbeitete, deren Chef die Nachbarwohnung gekauft, Eigenbedarf geltend gemacht hatte – aber nie eingezogen war. Er glaubte nicht an Zufall und nicht an Eigenbedarf, sondern an Luxussanierung und ein profitables Geschäft der Immobilienhändler auf seinem Rücken und wehrte sich gegen den Vermieter vor Gericht. Plötzlich regnete es durch das Dach in seine Wohnung. Er stellte Wannen auf den Dachboden, um das Wasser aufzufangen. Feuchteschäden wurden vom Vermieter nicht beseitigt. Vor Monaten fiel die Toilettenspülung aus. Sie wurde bis heute vom Vermieter nicht repariert. Seitdem muss Karl-Heinz Gerigk immer einen Eimer mit Wasser füllen und nachspülen. Er wollte sich trotzdem nicht aus seiner Wohnung vertreiben lassen.

Doch im Prozess um die Eigenbedarfsklage gaben die Richter dem Eigentümer recht. Eigentum verpflichtet? Offensichtlich nur dazu, Profit zu machen.

Jetzt droht Karl-Heinz Gerigk die Zwangsräumung, wenn er nicht bis Mitte Dezember auszieht. Aber wo soll er hin? Heute bezahlt er 345 Euro Kaltmiete für seine Wohnung, einfach ausgestattet, ein kleiner Gasofen dient als Heizung. Eine neue Wohnung wird er in diesem innenstadtnahen Viertel kaum finden; jedenfalls nicht für eine Miete, die er sich leisten kann.

Das Geschäft mit der „Entmietung“

Karl-Heinz Gerigk sind seine Wohnung und sein Stadtviertel ans Herz gewachsen. Hier sind seine FreundInnen, seine Bekannten, seine Erinnerungen. „Eigentlich wollte ich hier für immer leben“, sagt er. Eigentlich – aber das Geschäft mit der „Entmietung“, Luxussanierung und anschließendem Verkauf von Wohnungen verspricht Gewinnspannen wie im Drogenhandel – gerne auch mit dem Segen der Justiz.

Wohnen ist ein Menschenrecht, Mieter-Innen sind Menschen und dürfen kein „lebendes Inventar“ sein, das man wie einen Einbauschrank mit verkaufen und anschließend aus der Wohnung reißen kann.

Was tun? Was tun!

Die Initiative „Recht auf Stadt“ in Köln will den Fall von Karl-Heinz Gerigk öffentlich machen, weil dieser Skandal kein Einzelfall ist. MieterInnen müssen sich zusammenschließen und sich wehren. Initiativen wie „Recht auf Stadt“ und Zusammenschlüsse von Mieterinitiativen können helfen, den Widerstand zu verbreitern und zu vernetzen. Auch DIE LINKE muss diese Proteste nach Kräften unterstützen, auf der Straße und durch ihre Oppositionsarbeit in den Parlamenten.

  • Sofortiger Mietpreisstopp
  • Verbot von Eigenbedarfs-Kündigungen
  • Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum
  • Enteignung von Immobilienspekulanten