Zur Landtagswahl in Hessen am 22. September

1001368_637511729601260_673619130_nEntschlossen gegen Billiglöhne und Rotstiftpolitik

In Zusammenarbeit mit außerparlamentarischen Bewegungen setzt DIE LINKE im hessischen Landtag auf Oppositionspolitik. Eine Anbiederung an Rot-Grün ist da problematisch zu sehen.

von David Redelberger und Jens Meyer, Kassel

Früher als andere Parteien hat DIE LINKE in Hessen den Wahlkampf begonnen. Für Kassel bedeutet dies: Täglicher Infotisch in der Innenstadt, Plakate aufstellen, gemeinsame Wahlkampftreffen und über den Nutzen von Parlamenten zu diskutieren. Unter den Aktiven herrscht eine gute Stimmung. Mitglieder der SAV sind bei alledem eingebunden und nehmen sich vor allem des Jugendwahlkampfs vor Schulen an. Ob Niedriglohn oder der überflüssige Regionalflughafen Kassel-Calden: Man spürt bei Interessierten im Gespräch die Wut, die sie den etablierten Parteien entgegenbringen.

Die Armut wächst

In Hessen arbeitet mittlerweile jede dritte Frau im Niedriglohnbereich. Mehr als 133.000 Kinder leben von Hartz-IV-Bezügen. Die Lebenserwartung von GeringverdienerInnen ist von 2001 bis 2010 um zwei Jahre gesunken. Die Notwendigkeit für eine Partei, die das thematisiert, ist da.

Doch es wird mal wieder knapp für DIE LINKE bei der Wahl zum Landtag in Hessen. In Anbetracht hoher Popularitätswerte für die Merkel-Regierung hat die amtierende CDU/FDP-Regierung unter Ministerpräsident Volker Bouffier den Termin der Stimmabgabe auf den Tag der Bundestagswahl gelegt. Das Ergebnis ist offen, Rot-Grün liegt derzeit gleichauf mit der Regierungskoalition. Welche Rolle spielt dabei DIE LINKE?

Gegenwehr

Seit 2008 ist DIE LINKE mit sechs Abgeordneten im hessischen Landtag vertreten. Sie hat seitdem viele gesellschaftliche Proteste aufgegriffen und mit den Bewegungen weiterentwickelt. Sie war erfolgreich engagiert bei den Bürgerinitiativen gegen Fluglärm in Frankfurt/Main, beim Stopp der Privatisierungspläne der Nassauischen Heimstätte/Wohnstadt und bei der Abschaffung der Studiengebühren in Hessen. Die Landtagsfraktion hat eine aktive Rolle bei den diesjährigen Blockupy-Protesten in Frankfurt gespielt und das gewaltsame Eingreifen der Polizei im Parlament thematisiert.

Allerdings hat die Partei vielerorts noch nicht ausreichend in Betrieben, Schulen, Unis und Stadtteilen Fuß gefasst; die Bundespartei wird oft als etwas brav wahrgenommen.

„Schuldenbremse“

2011 erlangte die Begrenzung der Schuldenaufnahme mittels eines Volksentscheides Verfassungsrang. Dies wurde von allen Parteien mit Ausnahme der LINKEN unterstützt, die mit den Gewerkschaften eine Kampagne dagegen anstieß. Die sogenannte „Schuldenbremse“ ist Richtschnur für weitere Kürzungen im sozialen Bereich im Landeshaushalt sowie in den Kommunen. Für Kassel bedeutet dies durch den von SPD und Grünen verabschiedeten „kommunalen Rettungsschirm“ im Fahrwasser dieser „Schuldenbremse“ die Schließung von Bibliotheken und Schwimmbädern. Ein von der Landesregierung vorgelegtes „Konsolidierungshandbuch“ gibt auf 56 Seiten Anregungen zur weiteren Ausgabenkürzung. Deshalb muss DIE LINKE ihr Profil in Abgrenzung zu diesen Parteien schärfen und darf sich nicht in einen vermeintlichen Lagerwahlkampf einbringen.

Nein zu Sozialabbau-Regierungen

In der Präambel des LINKE-Wahlprogramms ist vermerkt: „DIE LINKE beteiligt sich nicht an Regierungen, die Sozialabbau, Privatisierungen und Stellenabbau betreiben.“

Das heißt aber auch, im Einzelfall zusammen mit anderen Parteien für jede soziale Verbesserung zu stimmen und einer Abwahl von Bouffier nicht im Weg zu stehen.

Der nicht erwiderte Flirt von Teilen der LINKE-Fraktion hinsichtlich einer Koalition mit SPD und Grünen wirkt jedoch abschreckend auf potenzielle WählerInnen, die mit dem Einheitsbrei der etablierten Parteien nichts zu tun haben wollen. DIE LINKE wird so als Steigbügelhalter einer unsozialen Agenda-2010-Ideologie wahrgenommen, der diese Parteien anhängen.

Sie wird nur dann ihre Glaubwürdigkeit in Hessen verbessern können, wenn sie auch weiterhin mit und für die Menschen handelt, sich unter Jugendlichen, Beschäftigten, Erwerbslosen noch stärker verankert und für eine grundlegende Alternative zum Profitsystem eintritt.