Zypern: Enteignung – Ja, aber die Kapitalisten!

Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cyprus_relief_location_map.jpg CC BY-SA 3.0
Bild: http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cyprus_relief_location_map.jpg CC BY-SA 3.0

Dieser Artikel erschien zuerst auf der Webseite der österreichischen Schwesterorganisation der SAV slp.at.

EU und zypriotische Regierung erheben eine Sondersteuer auf Bankeinlagen ein. 6,75 bzw. 9,9 Prozent werden, je nach Einlagehöhe von allen Bankeinlagen in Zypern einbehalten. Die Argumentation dahinter: die ZypriotInnen müssten auch was zur Rettung des Landes beitragen. Als SozialistInnen lehnen wir diese Maßnahme ab und fordern stattdessen: Enteignung – Ja, aber die KapitalistInnen!

von Sonja Grusch, Wien 

Falsch ist die Argumentation, die ZypriotInnen müssten, „auch etwas beitragen“. Durch drei Sparpakete wurde der Lebensstandard der Beschäftigten im Öffentliche Dienst um 10%, im Privatbereich noch mehr nach unten gedrückt. Die Mehrwertssteuer, die Menschen mit niedrigem Einkommen weit härter trifft als Wohlhabende, wurde erhöht, Kinder- und Studierendenbeihilfen gekürzt. Das Pensionsalter wurde angehoben, die Pensionen gekürzt – das alles nur ein Auszug.

Die Menschen in Zypern haben also bereits viel dazu „beigetragen“ die Wirtschaft des Landes zu retten vor einer Krise, die sie nicht verursacht haben. Wie in ganz Europa wird auch auf der Mittelmeerinsel ArbeiterInnen, Jugendliche, RentnerInnen etc – also all jene, die ohnehin nicht viel haben – die Last der Krise aufgelegt.

Bis zur Hälfte der Einlagen auf zypriotischen Banken, so heißt es, würden Steuerflüchtigen aus Russland, Britannien oder anderen Ländern gehören. Nun, dass mag stimmen, doch ein Teil gehört auch Menschen aus Griechenland die verzweifelt versuchen, den Rest ihrer Ersparnisse für die ungewisse Zukunft zu retten.

Was die Maßnahme zeigt, ist, dass die Herrschenden – wenn sie es wollen – über Nacht alle Sicherheiten der Menschen zerstören können. Ein Flucht vor dieser Enteignung ist für normale ZypriotInnen nicht möglich. Würde eine sozialistische Regierung über Nacht die Konten der Großkonzerne einfrieren bzw. mit einer Sondersteuer belegen, würde ein Zorn der Entrüstung, das Pochen auf „Demokratie“ und „Rechtssicherheit“ durch Europa gehen. Wenn es aber gegen Menschen geht, die ohnehin nicht viel haben, zählt das alles nichts.

Die Unternehmen und Superreichen bleiben auch diesmal verschont. Bei den bisherigen Sparpaketen traf sie eine minimale Sondersteuer von 0,05% auf Gewinne (und dank kreativer Buchführung werden die Unternehmen dann wohl keine Gewinne verbuchen…) sowie eine Einmalzahlung von lächerlichen 350.- Euro pro Betrieb. Auch diesmal sind wie es scheint nur „normale“ Menschen betroffen. Denn die Sondersteuer betrifft offenbar weder Aktien, Anleihen noch Investmentfonds oder andere riskante Finanzprodukte. D.h. aber auch, dass wohl der Großteil des ausländischen Steuerfluchtgeldes reicher RussInnen und anderer, nicht betroffen ist. Denn die haben mit Sicherheit andere Anlageformen, als ein normales Konto oder Sparbuch mit Eckzins! Auch die rund 1000 österreichischen Briefkastenfirmen könnten ungeschoren davon kommen.

Die Herrschenden haben gelernt – erstens setzen sie auf Überrumpelung statt transparente Diskussion. Auch das ist nur ein weiteres Indiz dafür, wie weit der Demokratie-Abbau in Europa schon gegangen ist. Und sie tarnen ihre Angriffe als „sozial“ – aktuell liefern sie über die Presse Argumente, warum die Sondersteuer gerechtfertigt ist, weil eben soviel Schwarzgelder in Zypern wären. Wir haben kein Problem damit, wenn die geschätzten 25-35 Milliarden Dollar, die russische OligarchInnen in Zypern bunkern enteignet würden – zum Wohle der zypriotischen und russischen ArbeiterInnen. Doch das ist nicht das Ziel der aktuellen Maßnahme!

Weder an der Staatsverschuldung, noch an der Krise der zypriotischen Banken ist die zypriotische ArbeiterInnenklasse schuld. Unmittelbar wurde die Situation u.a. durch die Maßnahmen der EU-Troika verschärft. Und ihre Wurzeln hat die Krise im System des Kapitalismus, der immer und immer wieder zu Krisen führt, die für Millionen Menschen Armut, Arbeitslosigkeit und Schlimmeres bedeutet!

Als SozialistInnen halten wir Enteignungen für ein sinnvolles Mittel: Die Frage ist allerdings stets: wer wird zu welchem Zweck enteignet! Aktuell wollen EU und zypriotische Regierung die ArbeiterInnenklasse enteignen, um Banken und Unternehmen zu subventionieren. Das lehnen wir ab. Für eine massive Besteuerung von Konzernen und der Kirche – dieses Geld wird im Sozial- und Bildungswesen dringend gebraucht. Schluss mit der „Rückzahlung“ der Schulden – Geld dass nur an die Banken geht damit diese weiter spekulieren können. Wir schlagen die Enteignung der Banken und Großkonzerne vor – unter demokratischer Verwaltung und Kontrolle von Gewerkschaften, Beschäftigten und Gesellschaft. Nur so kann auch verhindert werden, dass diese weiter massive Steuerhinterziehung betreiben. Es sollen endlich jene für die Krise bezahlen, die sie verursacht haben! Die massiven Proteste in Zypern gegen den Griff in die Taschen der ArbeiterInnenbewegung können ein Ansatzpunkt sein für eine starke Bewegung, die EU und zypriotische Regierung zurückdrängen kann. Einer Bewegung, die diesen und andere Angriffe zurückschlägt, sich mit Protesten in Griechenland, der Türkei und anderen euopäischen Ländern zusammen schließt um dem Kapitalismus und seiner Logik zu zeigen: Wir sind die 99% – Nicht mit uns! Enteignet die Kapitalisten!