Dokumentierter Artikel von linksjugend [“solid] Stuttgart solid-stuttgart.de
von Florian
Am 30 Juli wollte die faschistische NPD im Rahmen ihrer „Deutschlandfahrt“ ihre menschenverachtende Propaganda unter die Menschen bringen. Dies konnte im Großen und Ganzen durch das Engagement vieler Antifaschisten aus den Gewerkschaften, von DIE LINKE, Linksjugend [´solid] und Jusos sowie aus dem linken Spektrum und einigen Bürgern verhindert werden. Es kamen ca. 300-400 Menschen zusammen, was für die Tageszeit, einen Montagmorgen, ein Erfolg ist.
Nur mit Entschlossenheit war es möglich das Treiben der NPD zu verhindern. Im Vorfeld hatte die Stadt Stuttgart nicht einmal versucht die Kundgebung der NPD zu verhindern und begründete dies damit, dass Äußerungen zur Eurokrise nicht verhindert werden könnten. Dass es der NPD jedoch nicht um die Eurokrise geht, sondern um das Streuen von rassistischen Vorurteilen und eines faschistischen Weltbild, interessierte die Stadt wohl nicht!
Polizei
Bei den Protestaktionen diskutierte so mancher Demonstrant mit der Polizei und warf ihr vor die Faschisten zu schützen. Einige Polizisten beteuerten, dass sie selbst ein Problem mit der NPD hätten, aber dass dies ihr Beruf sei. Dennoch ging die Polizei gegen die Demonstranten mit äußerster Härte vor, um den Weg für die Faschisten frei zu machen. Dabei kam es zu einigen Verletzten auf Seite der Gegendemonstranten. Denn die Polizei setzte Schlackstöcke und Pferde ein. Gegen eine friedliche Straßenblockade wurde sofort mit einer Reiterstaffel regiert um schnellstmöglich den Weg frei zu bekommen, damit der LKW der NPD rechzeitig in Ulm sein kann um dort ihre widerliche Propaganda zu verbreiten. Wenn die Polizei doch größtenteils keine Sympathien mit den Faschisten haben will, dann ist unverständlich, dass sie mit solchen Mitteln gegen die Gegendemonstranten vorgeht. Hier wäre wenigstens ein „Dienst nach Vorschrift“ möglich gewesen um gerade einmal das Dutzend Neonazis den Weg wenigstens für einige Zeit zu versperren.
Gleichzeitig wurden ca. 60 AntifaschistInnen, darunter aber auch unbeteiligte Passanten, von der Polizei über 4 Stunden in glühender Hitze willkürlich eingekesselt und festgehalten. Die Polizei machte gegenüber den Eingekesselten keine Angaben warum diese festgehalten werden. Nach 4 Stunden sind alle 60 Personen von der Polizei verschiedene Polizeiwachen abgeführt worden, so dass die meisten erst nach über 6 Stunden auf freien Fuß kamen. Ironie des Schicksals war dabei, dass Kretschmanns und Galls Polizei nicht einmal halt vor den Mitgliedern ihrer eigenen Jugendorganisation machten.
Wieder wurden alle AntifaschistInnen darin bestätigt, dass man sich beim Kampf gegen Nazis nicht auf die Polizei und den Staat verlassen darf.
Gewerkschaften
An den Protesten beteiligten sich einige Mitglieder von Verdi, welche mit Transparenten vertreten waren. Dennoch war die Beteiligung vor allem anderer Gewerkschaften gering bzw. nicht erkennbar. Aber gerade im Kampf gegen Rassismus und Faschismus sind die Gewerkschaften mit ihren KollegInnen wichtig. Auch wenn viele von ihnen an einem Montagmorgen arbeiten müssen, ist es sicherlich möglich weitere zu mobilisieren. Zwar wurde der Termin kurzfristig bekannt gegeben, aber Information über die anstehenden Gegenaktivitäten zur Nazikundgebung, an die gesamte Mitgliedschaft in Stuttgart per Email weiterzuleiten, wäre möglich gewesen.
Gerade für Gewerkschaften ist der Kampf gegen Rassismus wichtig. Die Belegschaften dürfen sich nicht entlang nationaler Linien, Geschlecht oder sexueller Orientierung spalten lassen. Denn sie alle haben die gleichen Interessen.
Dass Faschisten auch heute wieder gegen streikende GewerkschafterInnen eingesetzt werden zeigt ein Fall im belgischen Sprimon bei der Firma „Meister Coordination Center“. Dort überfiel ein 15-köpfiger Schlägertrupp am 26.2.12 Gewerkschafter die sich auf Grund einer anstehender Auftragsverlagerungen im Streik befanden. Dies zeigt, wie wichtig es ist, dass gewerkschaftliche Rechte verteidigt und Rassisten sowie Faschisten bekämpft werden müssen bevor sie erstarken.
Bürgerlicher Rassismus, NPD und die Krise
Dass die NPD mit ihrer rassistischen Propaganda überhaupt erst irgendwo Anknüpfungspunkte findet, haben wir der Presse und einigen bürgerlichen Parteien – vor allem CDU und FDP und Leute wie Thilo Sarrazin (SPD) – zu verdanken. Sie sind es, die seit Monaten rassistische Vorurteile im Rahmen der Eurokrise verbreiten. Die Griechen seien faul und viel zu viele Griechen seien Beamte, prasselt jeden Tag aus den Mäulern einiger Politiker und auf den Titelseiten der Springerpresse & Co auf uns ein. Dabei wird in Griechenland mehr gearbeitet als in Deutschland. Vor der Krise wurde in Griechenland im Durchschnitt 44,3 Stunden pro Woche gearbeitet in Deutschland 41 Stunden pro Woche (EU Durchschnitt 41,7). Mit einem Urlaubsanspruch von bis zu 30 Tagen ist Deutschland ebenfalls Spitzenreiter in der EU. In Griechenland sind es hingegen durchschnittlich nur 23 Urlaubstage. Ähnliche ist es bei Lohnniveau und auch bei der Beamtenzahl. In Griechenland sind 7,9% aller erwerbstätige Beamte, in Deutschland sind es 9,6% [1]
Die rassistischen Vorurteile, die von bürgerlichen Parteien und Presse gestreut, von rechten Parteien und Organisationen weiter überspitzt werden, sind haltlos und widerlich. Sie dienen lediglich der Spaltung der Bevölkerung nach dem „Teile und Herrsche Prinzip“. Davon profitieren die Politik und die Wirtschaft. So können sie von den wirklichen Verursachern der Krise ablenken.
Quelle:
[1] Broschüre „20 beliebte Irrtümer in der Schuldenkrise“ von der Rosa Luxemburg Stiftung)