Einstieg in Zensur des Internets

Kolummne von Lucy Redler


 

Mit dem Vorwand, Kinderpornographie zu bekämpfen, hat der Bundestag Mitte Juni den ersten Schritt zur Internetzensur beschlossen. Das BKA erhält dem Gesetz zufolge weitreichende Befugnisse, die Sperrung von Internetdomains durch Provider zu veranlassen.

135.000 Menschen hatten dagegen in einer Petition protestiert und argumentiert, dass das Verfahren „undurchsichtig und unkontrollierbar“ sei, „da die Sperrlisten weder einsehbar sind noch genau festgelegt ist, nach welchen Kriterien Webseiten auf die Liste gesetzt werden“. Die UnterzeichnerInnen erklärten darüber hinaus, dass die getroffenen Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch nichts ausrichten könnten.

Dass das Wohl von Kindern nur missbraucht wird, um das Tor für weitere Zensurmaßnahmen aufzustoßen, wurde durch Äußerungen von Innenpolitiker Wiefelspütz (SPD) belegt, der zugab, mittel- und längerfristig eine Ausweitung der Sperrungen in Betracht zu ziehen. Er benannte islamistische und angeblich verfassungsfeindliche Websites, was er später wieder dementierte. In der CDU werden Forderungen laut, Websites mit „Killerspielen“ zu sperren.

Und was kommt als Nächstes? Die Nutzung der Sperrung gegen „Raubkopierpiraten“, um die Gewinne der Musikindustrie zu schützen? Die Sperrung von Websites politischer Organisationen, die zum Sturz des Kapitalismus aufrufen?

Der Einstieg in die Zensur zum Zeitpunkt des Beginns der tiefsten kapitalistischen Krise seit Jahrzehnten ist kein Zufall. Das Vorgehen erinnert an die Notstandsgesetze, die 1968 vor dem Hintergrund der 68er-Bewegung und der ersten Rezession in der Bundesrepublik seit dem Zweiten Weltkrieg beschlossen wurden. Auch heute geht die Regierung davon aus, dass sich in Zukunft viele Menschen angesichts von Massenentlassungen und Sozialkahlschlag radikalisieren und dieses System in Frage stellen werden.