Betriebsbesetzung in England

Gewerkschafter besetzen Fabrik des Windkraftanlagenbauers Vestas auf der Isle of Wight


 

Die Isle of Wight ist eine beschauliche kleine Insel vor der Südküste Englands. Sie ist ein beliebtes Ausflugsziel, Karl Marx besuchte sie immerhin zweimal. Seit dem 20. Juli ist die Insel Schauplatz der jüngsten Fabrikbesetzung Großbritanniens.

von Christian Bunke, Manchester

Auf der Isle of Wight befindet sich Großbritanniens einzige Rotorblätterfabrik für Windkraftwerke. Die Fabrik gehört dem dänischen Vestas-Konzern. Am 31. Juli soll sie geschlossen werden, die 600 dort beschäftigten Arbeiter würden ihren Job verlieren. Die Auswirkungen für die örtliche Bevölkerung wären katastrophal.

Dies konnte die bis dahin gewerkschaftlich nicht organisierte Belegschaft nicht hinnehmen. Sie gründete ein Widerstandskomitee, bei Nacht konnten sich insgesamt 25 Arbeiter in die Fabrik einschleichen, wo sie sich verbarrikadierten. Die Besetzer fordern die Verstaatlichung der Fabrik.

Unterstützt werden sie von Hunderten Kollegen, anderen Gewerkschaftern und Aktivisten aus der Ökologiebewegung. Aus dem ganzen Land reisen Aktivisten auf die Isle of Wight, um bei der Blockade der Fabrik zu helfen. Proteste gab es auch in London und anderen Städten.

Die britische Regierung steht wegen der Besetzung unter Druck. Gerade erst hat die Regierung ein millionenschweres Paket zur Förderung regenerativer Energien beschlossen. Wie kann sie in dieser Situation die Schließung der einzigen relevanten Fabrik tolerieren? Diese Frage stellen sich derzeit viele. Im Internet kann man eine Petition unterzeichnen, die die Verstaatlichung der Fabrik fordert.

Im Moment reagiert der Staat aber mit Repression gegen die Besetzer. Ein Polizeikordon hat die Fabrik abgeriegelt, die Versorgung der Besetzer mit Nahrungsmitteln soll verhindert werden. Proviant gelangt derzeit nur auf Schleichwegen hinein.

Für Mittwoch haben die Besetzer eine Gerichtsvorladung erhalten. Da soll wahrscheinlich die Räumung angeordnet werden. Die Transportarbeitergewerkschaft RMT hat sich bereiterklärt, die Besetzer vor Gericht zu vertreten. RMT-Aktivisten sind vor Ort, um die Blockade zu unterstützen, Gewerkschaftsführer Bob Crow kündigte an, notfalls werde die RMT Nahrung mit Helikoptern in die Fabrik einfliegen lassen.

Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht in junge Welt vom 28.7.2009.