Wie weiter nach dem Bildungsstreik?

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Vorschläge zur Ausweitung und Stärkung des Protests


 

von Lasse Schmied, Kassel

1. Selbstorganisation stärken

Beim Bildungsstreik ist es gelungen, eine beachtliche Masse zu mobilisieren. Allerdings hat sich an Unis und Schulen ein bisher eher kleiner Kern von AktivistInnen gebildet, der willens ist, den Missständen nicht mit Resignation zu begegnen, sondern mit Widerstand. Daher sollten die Widerstandskomitees für weitere Aktive geöffnet werden. Sie müssen die Grundlage für eine regelmäßige Arbeit schaffen und Veranstaltungen und Aktionen durchführen. An Unis und auch in Schulen können Vollversammlungen zur Debatte um künftige Angriffe im Zuge der Krise durchgeführt werden.

Am ersten August-Wochenende findet ein bundesweites Treffen von Aktivist-Innen in Frankfurt am Main statt, um weitere Schritte im Widerstand zu diskutieren.

2. Forderungen zuspitzen

Beim Bildungsstreik wurden zwar teilweise konkrete Forderungen aufgeworfen, dennoch herrschte eine allgemeine Stimmung vor, gegen die „Gesamtscheiße“ zu protestieren. Will eine Bewegung reale Erfolge erkämpfen, muss sie Forderungen zuspitzen. Dies kann einen enormen mobilisierenden Effekt haben. In den Widerstandskomitees, den lokalen Bildungsstreik-Bündnissen und bei dem bundesweiten Treffen in Frankfurt müssen deshalb Diskussionen um eine solche Zuspitzung von Forderungen stattfinden.

Zentral sollten Forderungen nach Abschaffung des Turbo-Abis, der Studiengebühren und des Bachelor/Master-Systems sein, außerdem die Neueinstellung von 100.000 LehrerInnen, kleinere Klassen und 40 Milliarden jährlich an Mehrausgaben für Bildung.

3. Proteste fortsetzen und verstärken

Sollte es gelingen, Aktionsgrad und Selbstorganisation massiv zu steigern und die Forderungen zuzuspitzen, dann würde sich die Frage eines Erzwingungsstreiks stellen – bei dem so lange protestiert wird, bis die Forderungen durchgesetzt sind.

Bei dem Bildungsstreik wurde vieler-orts der Verkehr lahm gelegt, Kreuzungen blockiert, der Mainzer Landtag gestürmt oder Uni-Präsidien besetzt. Als Teil eines Erzwingungsstreiks könnten auch Unis und Schulen besetzt werden.

4. Auszubildende einbeziehen

Nur vereinzelt gelang es beim Bildungsstreik, Auszubildende zu mobilisieren. Das liegt auch an der Rolle der Gewerkschaftsjugenden. In Worten wurde der Bildungsstreik unterstützt, auf eine Mobilisierung der Jugendlichen im Betrieb aber verzichtet. In Zukunft müssen Jugendproteste den Druck auf die Gewerkschaften erhöhen, damit der DGB seinen Worten auch Taten folgen lässt und gegen die Krisenfolgen mobilisiert.

Dazu sind neben dem Appell auch eigene Initiativen von unten notwendig. Ein Beispiel, das bei kommenden Protesten Schule machen kann: In Kassel fand am Streiktag eine Jugendversammlung im Krankenhaus statt. Eine Delegation der KrankenpflegerInnen schloss sich anschließend der Demonstration an.

5. Kämpfen wie in Frankreich

Jugendproteste der jüngeren Vergangenheit entwickelten dann eine enorme Kraft, wenn sie den Schulterschluss mit Lohnabhängigen suchten. Zum Beispiel erkämpften französische Jugendliche einen Teilerfolg, als sie im Jahr 2006 das CPE-Gesetz verhinderten, was den Kündigungsschutz von Jugendlichen lockern sollte. Einem Protest in Schulen und Hochschulen folgte damals ein gemeinsamer Streik mit Beschäftigten. Im Gegensatz zu bestreikten Unis und Schulen übt ein bestreikter Betrieb unmittelbaren wirtschaftlichen Druck aus und erhöht den politischen Druck. Deshalb stoppte der französische Protest die Regierungspläne.

In einzelnen Städten, zum Beispiel in Stuttgart, nahmen massenhaft streikende ErzieherInnen an dem vergangenen Bildungsstreik teil. Künftige Proteste müssen die Frage des gemeinsamen Streiks von allen Betroffenen der Krise aufwerfen. Sollte es zu einem unbefristeten Kita-Streik im September kommen, dann sollte dieser, gerade beim anvisierten Aktionstag am 17. September, unterstützt werden. In den Gewerkschaften muss Druck zur Vorbereitung eines eintägigen Generalstreiks gemacht werden.