SPD: Konkursverwalter Müntefering

Schlussfolgerungen für DIE LINKE aus der Krise der SPD


 

So zerrieben wie die SPD war am Ende auch Kurt Beck. Zwischen neoliberaler Politik und der Herausforderung durch DIE LINKE rutscht die SPD immer tiefer in die Krise. Der Pfälzer warf den Parteivorsitz hin. Das Duo Müntefering-Steinmeier wird die SPD jedoch weiter in dieses Dilemma treiben. Die Linkspartei muss gegen dieses Comeback der Schröderianer in die Offensive.

von Stephan Kimmerle, Berlin

Gesetze zur Förderung von Leiharbeit, Hartz IV und Rente mit 67, Geschenke an die Superreichen und Mehrwertsteuererhöhung für die Masse der Bevölkerung – die SPD betreibt konsequent Politik im Interesse der Konzerne und Vermögenden. Beschäftigte und Erwerbslose wenden sich von ihr ab. Daraus entsteht die Krise der ehemaligen Arbeiterpartei.

Mit dem Agenda-Architekt Frank-Walter Steinmeier und dem Rente-67-Verfechter Franz Müntefering hat sich der rechte Parteiflügel der Sozialdemokratie erst einmal durchgesetzt. Dieser Schröder-Kurs machte für Millionen sichtbar, wie weit sich die SPD mittlerweile von den Interessen der arbeitenden Bevölkerung entfernt hat. Jenseits kurzfristiger Erfolge bei Umfragen wird sich unter dem neuen SPD-Gespann diese Erkenntnis weiter verbreiten.

Chance für DIE LINKE

60 UnterzeichnerInnen der SPD-Linken, unter ihnen der Gewerkschaftsvorsitzende Klaus Wiesehügel, forderten in einem offenen Brief Anfang September eine Rücknahme der Rente mit 67 und die Wiedereinführung der Vermögensteuer. Wenige Tage später war der Ex-Rente-mit-67-Minister wieder Parteivorsitzender. Das führte erneut den Totalausfall der SPD-Linken vor Augen: 2003 scheiterte das Mitgliederbegehren gegen Gerhard Schröders Kurs schon an mangelnden UnterzeichnerInnen, bevor es überhaupt zugelassen wurde. Agenda und Kriegseinsätze – letztlich wurde alles mitgetragen. Andrea Nahles, Aushängeschild der Linken, wurde stellvertretende Vorsitzende – sonst änderte sich nichts.

DIE LINKE hat damit alle Chancen, den Kurs der SPD anzugreifen und sich als Alternative aufzubauen. DIE LINKE sollte mit Anträgen im Bundestag, vor allem aber mit Kampagnen auf der Straße, Wiesehügel, Nahles und Co. auffordern: Wenn es Euch ernst ist, dann kämpft mit uns für einen Mindestlohn, der den Namen verdient. Dann stimmt mit uns im Bundestag gegen die Rente mit 67. Dann baut mit uns eine Partei auf, die Menschen für eine Politik gegen Sozialabbau mobilisieren kann. Ein solcher Aufruf fordert nicht nur Ottmar Schreiner und Co., die Halblinken der SPD, heraus. Er richtet sich auch an alle in Gewerkschaften, sozialen Bewegungen und an alle Interessierten, die die Entwicklungen verfolgen.

Münte-Steinmeier-Duo auf Schleudersitz

Der erneute SPD-Chef Müntefering fordert von seiner Partei Geschlossenheit. Doch selbst in dieser Krise geht die interne Keilerei weiter. Heiko Maas, SPD-Landeschef und kommender Drittplatzierter bei der saarländischen Landtagswahl, sieht seine Chancen durch das rechte Spitzen-Duo weiter schwinden. Klaus Wowereit bringt sich für die Zeit nach der Bundestagswahl als „linkere“ Alternative in Stellung.

Vor allem aber wird ein weiteres Wachstum der LINKEN – bei Umfragen, an Mitgliedern und an Unterstützung in den Gewerkschaften – die SPD und damit auch ihre Spitze weiter schwächen.

Noch scheint es unwahrscheinlich, dass der designierte Kanzlerkandidat Steinmeier und der erneute Herr im Willy-Brandt-Haus, Müntefering, nochmals und noch vor der Bundestagswahl kippen könnten. Doch weitere Abstürze bei kommenden Landtagswahlen und in Umfragen können den Anstoß für neue Pirouetten einer Partei im Niedergang geben.

Auch Müntefering und Steinmeier können dann versucht sein, auf eine Ypsilanti-artige Wahlkampagne zu setzen. Mit sozialer Demagogie und einer Scheinpolarisierung zwischen ihr und Koch („Er oder Sie“) profilierte sich die hessische SPD-Vorsitzende als „links“. Müntefering sprach im Bundestagswahlkampf 2005 schon von „Heuschrecken“, um scheinradikal und folgenlos gegen Teile des Kapitals zu wettern.

Doch der neue, alte SPD-Vorsitzende steht als Person letztlich dafür, den Schröder-Kurs bis zum Ende zu verteidigen. Er trat als Arbeitsminister zurück, nachdem nur leichte Korrekturen an der Agenda – die Verlängerung der Bezugsdauer für ältere ALG-I-EmpfängerInnen – vorgenommen werden mussten.

Keine guten Karten für die SPD. Alle Trümpfe bei der LINKEN. Sie muss sie nur auch ausspielen. n

Stephan Kimmerle ist Mitglied der SAV-Bundesleitung

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