Der Transrapid – Gigantomanie auf Bayrisch

Öffentliche Proteste versus Kapitalinteressen


 

13.000 Menschen gingen am 3. November 2007 auf die Straße, um gegen eines der umstrittensten Bauprojekte Münchens zu protestieren. Umweltschutzverbände aller Couleur, Bürgerinitiativen, SPD und Grüne hatte dazu aufgerufen.

von Christoph Becker, München

Süffisant kommentierte die Münchner Lokalpresse, dass selbst die Oberschleißheimer CSU gegen das Prestigeprojekt demonstrierte. (Oberschleißheim ist einer der Münchner Vororte, durch die die Transrapidtrasse auf ihrem Weg zum Flughafen führen soll.) Während der Rest der CSU mit markigen Sprüchen gegen die „Fortschritts-“ und „Wohlstandsfeinde“ polemisiert, bestätigen diverse Umfragen immer wieder, dass die überwältigende Mehrheit der Münchener die Magnetschwebebahn Transrapid ablehnt. Die Argumente liegen auf der Hand.

Geschwindigkeitswahn

In zehn Minuten soll man die 37,4 Kilometer lange Strecke vom Münchner Hauptbahnhof zum Flughafen zurücklegen können. Gegenüber den beiden bestehenden S-Bahnverbindungen verkürzt sich die reine Fahrzeit um 30 Minuten. Aber der Transrapid ist ein Zubringer für Flugreisende. Die Zeitersparnis steht also nicht in Relation zur 40 Minuten langen S-Bahnfahrt, sondern in Relation zu einer meist langen Reise mit häufig stundenlangen Wartezeiten und Verspätungen.

Der Transrapid wird Teil eines der umwelt- und klimaschädlichsten Transportsysteme, dem Flugzeug. Aus ökologischen Gründen wäre es dringend geboten, den Flugverkehr drastisch zu reduzieren. Das Kalkül der Transrapidbetreiber sieht aber eine Steigerung des Flugverkehrs vor.

Der Transrapid ist halb so teuer wie das ganze Münchner U-Bahnnetz, verbindet aber nur zwei Haltestellen miteinander, während das U-Bahnnetz 95 Haltestellen miteinander verbindet.

Die Betreiber des Transrapid erhoffen sich zehn Millionen Fahrgäste pro Jahr, die U-Bahn wird jeden Tag von durchschnittlich über einer Million Fahrgäste benutzt. Dabei sind U-Bahnen bei weitem nicht das effizienteste Verkehrsmittel, ein gut ausgebautes Straßenbahnnetz würde die Kosten-Nutzen-Relation noch weit übertreffen.

Für die Baukosten werden 1,85 Milliarden Euro veranschlagt. Auch die knapp fünf mal so lange ICE-Trasse von München nach Nürnberg sollte ursprünglich 1,85 Milliarden Euro verschlingen – daraus wurden 3,7 Milliarden. Die Kostenkalkulation für den Transrapid gilt heute schon als naiv.

Wer profitiert?

Bis zur Kommunalwahl im März 2008 wird das Thema ein Dauerbrenner bleiben. Es darf aber nicht dabei bleiben, Argumente gegen dieses Großprojekt ins Feld zu führen. Vielmehr muss aufgezeigt werden, welche Kräfte hinter diesem Vorhaben stehen. Die Hauptprofiteure Thyssen-Krupp und Siemens werden jedenfalls alles dafür tun, um sich den – aus öffentlichen Mitteln finanzierten – Milliardenauftrag nicht entgehen zu lassen. Dementsprechend gilt es, die Interessen der Herrschenden zu beleuchten und sich bei den Protesten dafür einzusetzen, die Macht des Kapitals prinzipiell in Frage zu stellen.