Studiengebühren: Haftstrafen fürs Demonstrieren?

Kriminalisierung von Gegnern der Studiengebühren in Marburg

In Marburg stehen drei Studierende wegen ihrer Teilnahme an einer Autobahnblockade gegen Studiengebühren vor Gericht.


 

Der in der Stadt als „Richter Gnadenlos“ bekannte Amtsrichter Taszis will sogar „kurze Haftstrafen“ nicht ausschließen. Die aberwitzige Begründung: Autobahnblockaden könnten auch als Freiheitsberaubung von Autofahrern verstanden werden.

von Christian Bunke, zur Zeit Marburg

Rückblende: Am 11. Mai 2006 beschloss eine Vollversammlung der Studierenden der Uni Marburg einen Boykott von Studiengebühren. Um ihren Widerstand gegen die von der Landesregierung seit diesem Sommer erhobenen Gebühren praktisch zu verdeutlichen, starteten sie eine Spontandemonstration mit über 500 Teilnehmenden.

Wie aus einer Bildungsdemo…

Im Verlauf dieser Demonstration wurde die Marburger Stadtautobahn für rund eine halbe Stunde besetzt. Unter den Teilnehmenden war auch die damalige AStA-Vorsitzende Lena Behrendes. Sie rief die Polizei mit ihrem Handy an und forderte diese auf, möglichst schnell die Autobahn zu sperren, um Unfälle zu vermeiden. Ihr Engagement wurde mit einem Strafbefehl „belohnt“.

…eine Anklage wird

Ähnlich erging es Max Fuhrmann und Philipp Ramizani. Diese waren der Marburger Polizei auf Grund ihrer politischen Aktivitäten bereits bekannt. Philipp Ramizani wurde auf der Demonstration von Mitarbeitern des Staatsschutzes angesprochen, ob er nicht unter seinen Kommilitonen für Ordnung sorgen könne. Auch hier „bedankt“ sich der Staat mit einem Strafbefehl.

Dass es um mehr geht, als das Ego eines wild gewordenen Richters, machte Rechtsanwalt Gunther Specht gegenüber der Marburger Lokalpresse deutlich: „Hier soll eine soziale Bewegung vor Gericht gestellt werden.“

Kein Einzelfall

Die Angriffe auf das Demonstrationsrecht um Heiligendamm während des G8-Gipfels mit über 1.000 Verhafteten, die Versuche, der GDL das Streikrecht abzusprechen, die Serie von Hausdurchsuchungen und Verfahren gegen linke AktivistInnen und jetzt die Androhung, Studierende, die gegen Studiengebühren auf die Straße gingen, in den Knast zu stecken. Das alles zielt in die selbe Richtung. Potenzielle Protestbewegungen gegen Sozial- und Bildungsabbau, für höhere Löhne und bessere Lebensbedingungen sollen erstickt werden, bevor sie überhaupt richtig losgehen.

Solidarität ist angesagt

Diese Hoffnung wird nicht aufgehen. Bereits jetzt erhalten die drei Studierenden viel Solidarität. Die große Mehrheit der Beschäftigten der Marburger Universität lehnt Studiengebühren ab und hält diese für verfassungswidrig. Einige von ihnen beteiligten sich auch an den Protesten.

Jetzt gilt es, konkrete Solidarität für die drei Betroffenen zu zeigen.

Unter www.asta-arburg.de/ulist/ findet sich eine Unterschriftenliste, auf der man seinen Protest ausdrücken kann. Spenden können auf das Konto der Bunten Hilfe Marburg überwiesen werden. Konto: Thomas Werther, Sparkasse: Marburg-Biedenkopf, BLZ: 53350000, Konto-Nr.: 1018009940, Stichwort: Autobahn

Nachtrag

Am 28. August wurde folgendes Urteil verkündet:

– Lena Behrendes: 4 Monate auf Bewährung

– Max Fuhrmann 5 Monate auf Bewährung

– Philip 6 Monate auf Bewährung plus 200 Stunden Sozialarbeit

Die Verteidigung legt Berufung ein.