Telekom rückverstaatlichen

Es gibt eine Alternative zur Zerschlagung der Telekom
Gegen den Widerstand der Belegschaft wurde die Privatisierung der Bundespost Ende der achtziger Jahre unter der Kohl-Regierung durchgezogen. Viele standen dem ablehnend gegenüber, konnten sich aber nicht ausmalen, wie es danach aussehen würde. Heute ist klar: Die schlimmsten Befürchtungen wurden übertroffen!
 

von Gaetan Kayitare, Aachen

Allein 1988 wurden bei der Bundespost noch 20 Milliarden Mark investiert – ein Viertel aller Investitionen in der westdeutschen Industrie. Mit 550.000 Beschäftigten war die Post der größte Arbeitgeber in der Bundesrepublik und mit 17.000 Azubis pro Jahrgang der größte Ausbilder. Im Durchschnitt lieferten Post und Telekom mehr als sechs Milliarden Mark jährlich an den Bundeshaushalt. Seit 1995 sind 150.000 Stellen bei der Post und 120.000 bei der Telekom abgebaut worden.

Trotz riesiger Gewinne geht der Arbeitsplatz- und Lohnabbau bei schlechterem Service für Otto-Normalkunden weiter. Nicht nur bei der Telekom.

Fällt das Briefmonopol, gehen nicht nur weitere Arbeitsplätze verloren. Auch der Druck auf die Löhne wird fatal sein.

Was möglich wäre

Um diese Entwicklung zu stoppen, ist die Rückverstaatlichung der Telekom, der gesamten Telekommunikationsbranche und aller ehemaligen Postbetriebe nötig. Die verstaatlichten Unternehmen dürfen dann aber nicht als Steigbügelhalter für die Profite der Kapitalisten oder als Selbstbedienungsladen für überbezahlte Manager dienen.

Staatliche Betriebe müssen dem Gemeinwohl verpflichtet sein, deshalb auch von gewählten VertreterInnen der Belegschaft und der arbeitenden Bevölkerung kontrolliert und verwaltet werden.

Die gewählten VertreterInnen in Leitungsfunktionen müssen jederzeit abwählbar sein und dürfen nicht mehr als den durchschnittlichen Lohn im Unternehmen verdienen. Nur so kann vermieden werden, dass wieder eine abgehobene Bürokratie entsteht.

Die Produktivitätsfortschritte könnten dann ein Hebel sein zur Kostensenkung für Privathaushalte und für Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

Die üppigen Gewinne ließen sich für Gebührensenkungen und für nötige Investitionen im Umweltbereich verwenden.

Der Konkurrenzdruck verursacht eine Menge Verschwendung. Beispiel eins: Werbung (dafür sah die Telekom zwei Milliarden Euro allein für 2006 vor).

Beispiel zwei: Vier parallele Mobilfunknetze. Die Wiederherstellung der Bundespost als ein einheitliches staatliches Unternehmen könnte dies beseitigen.

Genauso würde die unnötige Lauferei der Kundschaft der Vergangenheit angehören. Bei ausreichenden Post- und Telekomstellen könnten dann die VerbraucherInnen an der gleichen Stelle Briefmarken kaufen, Geld abheben und ein Telefon beantragen.

Die Beschäftigten wissen es besser

Mit Angst und Stress wäre es für die Beschäftigten vorbei. Sie könnten endlich ihr kreatives Potenzial zu entfalten.

„Ideen haben wir genug, Motivation auch! Wir kennen die Kunden und die Firma und wir wissen, wo es knackt im Gebälk! Wir wissen auch, wo viel zu viel Geld verschwendet wird, wo Personal falsch eingesetzt wird und Wissen sinnlos verpufft oder Prozesse angepasst werden müssten.“ So weit der Kollege Lutz Paege in seinem Offenen Brief an die Telekom-Manager.

Um die Rückverstaatlichung durchsetzen zu können, müssen die KollegInnen erreichen, dass ver.di nicht mehr vom „fairen Wettbewerb“ träumt, sondern offensiv diese Forderung aufstellt und den Kampf dafür aufnimmt.

Nicht nur Post und Telekom, alle Großunternehmen, Banken und Versicherungen gehören in Gemeineigentum überführt und demokratisch kontrolliert und verwaltet durch gewählte VertreterInnen der Belegschaft und der arbeitenden Bevölkerung. Die heutigen Kommunikationstechniken würden es kinderleicht machen, sekundenschnell die Bedürfnisse der KonsumentInnen und alle wirtschaftlichen Daten zu ermitteln. Die Wirtschaft könnte demokratisch geplant werden – im Interesse von Mensch und Umwelt.

„Ob Telekommunikation, Wasser oder andere Versorgungsbereiche – das hat für mich alles nichts in privaten Händen verloren.“

Sabine Schleickmann, T-Com-Streikende in Berlin