Internationaler Frauentag 2005

Erklärung des Kommitees für eine ArbeiterInneninternationale (CWI)
 

Machen wir Armut und Ungleichheit zur Geschichte – bekämpfen wir das System der Armut und Ungleichheit: bekämpfen wir den Kapitalismus!

Im Jahr 2005 feiern SozialistInnen die revolutionären Ereignisse, die vor hundert Jahren über Russland hinweggefegt sind. Russland erlebte im Jahre 1905 politische Generalstreiks der Massen und die Bildung der ersten Sowjets bzw. gewählten ArbeiterInnenräte – die demokratischsten Kampforganisationen in den Auseinandersetzungen auf Leben und Tod gegen die Autokratie und gegen die Klasse der AusbeuterInnen.

Im Tumult dieser turbulenten Ereignisse – die eine „Generalprobe“ für das Revolutionsjahr 1917 waren, als die allererste ArbeiterInnenregierung gebildet wurde – sticht ein Ereignis aus der Erinnerung von einem der AnührerInnen der revolutionären Führung, Leo Trotzki, besonders hervor. Trotzki beschrieb in seiner Erinnerung an eine Tagung des Petersburger Sowjets am 12. November 1905, wie eine Textilarbeiterin den Kampfgeist aller Anwesenden mit ihrer bestimmten Forderung hob, den Kampf um den 8-Stunden Arbeitstag zu Ende zu führen.

„Eine Weberin mittleren Alters aus Maxwells Fabrik erhob sich, um zu sprechen. Sie hatte ein fein geschnittenes, offenes Gesicht; sie trug ein ausgebleichtes Baumwollkleid obwohl es Spätherbst war. Ihre Hand zitterte vor Aufregung als sie nervös an ihrem Kragen herumfingerte. Ihre Stimme hatte eine schallende, inspirierte, unvergessliche Qualität. ‚Ihr habt Eure Frauen sich daran gewöhnen lassen, in weichen Betten zu schlafen und feine Speisen zu essen,’ warf sie den Delegierten Putilovs (die für einen zumindest vorübergehenden Rückzug plädierten) an den Kopf. ‚Deshalb habt ihr Angst, Eure Arbeit zu verlieren. Aber wir haben keine Angst. Wir sind bereit, zu sterben, aber wir werden den Acht-Stunden-Tag bekommen. Wir werden bis zum Ende kämpfen. Sieg oder Tod! Lang lebe der 8-Stunden Tag!’“

„Bis zum heutigen Tag,“ schreibt Trotzki, „dreißig Monate später, klingt diese Stimme der Hoffnung, der Verzweiflung und der Leidenschaft in meinen Ohren, ein bleibender Tadel, ein unbeugsamer Aufruf zur Aktion. Wo bist Du jetzt, heroische Genossin in ausgebleichter Baumwolle? Ach, Du warst es gewohnt, in einem weichen Bett zu schlafen und feine Speisen zu essen.“

„Die schallende Stimme verstummte. Einen Moment lang war es schmerzhaft still. Dann ein Sturm von leidenschaftlichem Applaus. In diesem Moment erhoben sich die Delegierten, die von einem bedrückenden Gefühl der Hilflosigkeit unter das kapitalistische Joch gedrückt worden waren, hoch über ihre alltäglichen Sorgen. Sie applaudierten ihrem zukünftigen Sieg über Grausamkeit und Unmenschlichkeit.“

(Aus: Leo Trotzki „1905“, im Kapitel „Acht Stunden und ein Gewehr“. Das Zitat bezieht sich auf die Rede einer Delegierten des Petersburger Sowjets am 12.November 1905. Der Sowjet war uneins darüber, ob direkte Aktionen zur Einführung des 8-Stunden-Tages aufrecht erhalten werden sollten, die zu Betriebsschließungen und Entlassungen geführt hatten.)

Für die Frau in „ausgebleichter Baumwolle“ und für alle ArbeiterInnen hätte die Einführung des 8-Stunden-Arbeitstages eine Chance bedeutet, zumindest einige Aspekte öffentlichen und privaten Lebens genießen zu können, anstatt sich nach langen Stunden der Lohnsklaverei in der Fabrik nach Hause schleppen zu müssen, wo noch weitere Stunden der Plackerei auf sie warteten. Gegen Ende des Jahres 1905, als ArbeiterInnen entlassen und Fabriken geschlossen wurden, als die UnternehmerInnen und die zaristische Regierung die Kontrolle über die Gesellschaft wiedererlangt hatten, war es unmöglich, diesen speziellen Kampf einer Lösung zuzuführen. Aber nach dem Sieg der ArbeiterInnenklasse unter der bolschewistischen Führung im Oktober 1917 war die Einführung des 8-Stunden-Arbeitstages für alle ArbeiterInnen eine der ersten Maßnahmen, die umgesetzt wurden. Ihr folgten rasch viele andere Maßnahmen, die darauf abzielten, Frauen von der Doppelbelastung durch Arbeit und Haushalt zu befreien – das Recht auf Abtreibung, Ziviltrauung, Kinderbetreuungseinrichtungen, öffentliche Küchen und Wäschereien.

Die Verwässerung dieser Reformen durch die Beschränkung der Revolution auf ein rückständiges Land und den Aufstieg des Stalinismus ändert nichts an diesen Idealen und den von der ersten sozialistischen ArbeiterInnenregierung der Welt gesetzten Prioritäten. Doch wie stehen die Dinge heute, in einer Welt der Hochtechnologie und Globalisierung?

Frauen und Arbeit im 21. Jahrhundert

Während der letzten zehn Jahre hat sich die Zahl der Frauen in der ArbeiterInnenschaft weltweiten um 200 Millionen erhöht. Im Jahr 2004 stellten Frauen 1,1 Milliarden von insgesamt 2,8 Milliarden Arbeitskräften. Das bedeutet, dass 40% der Arbeitskräfte weltweit Frauen sind. Aber, der International Labour Organisation (ILO) zufolge, ist es für Frauen im Allgemeinen unwahrscheinlicher, einen regulär bezahlten Arbeitsplatz zu haben und wahrscheinlicher, in der unregulierten Wirtschaft zu arbeiten, also außerhalb gesetzlicher und schützender Rahmenbedingungen. Darüber hinaus verdienen Frauen für die selbe Arbeit generell weniger als Männer, sogar in weiblich dominierten Sparten.

Die große Mehrheit der Frauen, egal in welchem Teil der Welt sie leben, wird heute am härtesten von den neoliberalen Angriffen getroffen, die gegen die ArbeiterInnenklasse als Ganzes ausgeführt werden. Massenkündigungen, unsichere Arbeitsbedingungen, niedrige Löhne, Angriffe gegen das Sozialwesen, die Pensionsrechte und Kinderbetreuungseinrichtungen, wie auch Angriffe gegen die Rechte der Frauen in Bezug auf Mutterschutz und Schwangerschaftsabbruch, werden nicht nur zu verschärfter Armut und Leiden der Frauen führen, sondern höchst wahrscheinlich auch zu einer zunehmenden politischen Radikalisierung von Frauen, insbesondere von ArbeiterInnen.

Die nahe Zukunft wird zweifellos ein Ansteigen der Arbeitskämpfe weltweit bringen und Frauen aus der ArbeiterInnenklasse werden diesen Kämpfen ganz bestimmt ihren Stempel aufdrücken.

Die Armut bekämpfen

60% der Arbeitskräfte, welche weniger als 1 US Dollar pro Tag verdienen, sind Frauen. Diese Zahl und der Grad der Armut im Allgemeinen wird zweifellos steigen, sobald das volle Ausmaß der Auswirkungen der Tsunamikatastrophe enthüllt werden wird. Der Tsunami und die kriminelle Fahrlässigkeit seitens der imperialistischen und arbeiterInnenfeindlichen Regierungen, keine Frühwarnsysteme im Indischen Ozean zu errichten, haben fast 350 000 Menschenleben gefordert. Die ILO schätzt, dass zudem eine Million Arbeitsplätze in Sri Lanka und Indonesien allein als Konsequenz des Tsunami vernichtet wurden.

Die ILO geht heute davon aus, dass 50-60% der betroffenen Menschen Ende 2005 wieder ihren Lebensunterhalt selbst verdienen werden können, vorausgesetzt, dass Hilfe und Unterstützung schnell bereitgestellt werden.

Erinnern wir uns aber an den Unwillen kapitalistischer Regierungen, versprochene Hilfsleistungen und Geldmittel auch tatsächlich zur Verfügung zu stellen, so ist diese Entwicklung als äußerst unwahrscheinlich einzustufen, außer auf diese Regierungen wird beträchtlicher Druck von unten ausgeübt.

Als Ergebnis der Korruption, der Vorurteile, der Inkompetenz und des Unwillens der kapitalistischen Regierungen, die Lebensgrundlagen der Tsunamiopfer von Grund auf wiederherzustellen, werden wir noch viele Menschen an armutsbedingten Krankheiten sterben sehen. Aber wir werden auch sehen, dass die Mehrheit der Flüchtlinge und die verletzlichsten Opfer der Katastrophe wie immer Frauen und Kinder sind.

Armut, sexueller Missbrauch und HIV/AIDS

Armut ist auch die Hauptursache der Schrecken, die den Alltag von Millionen Menschen am afrikanischen Kontinent bestimmen.

Rosa Luxemburg, eine der inspirierendsten und überzeugtesten revolutionären AnführerInnen der deutschen ArbeiterInnenbewegung des frühen 20. Jahrhunderts, hat einmal gesagt, dass die Menschheit zwei Wahlmöglichkeiten hat: Sozialismus oder Barbarei.

Eines der jüngsten und schrecklichsten Beispiele der Barbarei, die große Teile des afrikanischen Kontinents beherrscht, ist der Alptraum, der den Sudan befallen hat. Tausende Familien wurden aus ihren Häusern vertrieben und hungern und sterben in den armselig ausgestatteten Flüchtlingslagern.

Wie auch in anderen Kriegen oder Bürgerkriegen, werden Massenvergewaltigungen und andere Formen sexueller Gewalt gegen Frauen als Mittel der Kriegsführung eingesetzt. Die Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch leiden sehr oft an irreparablen seelischen Schäden. In vielen Fällen scheint Selbstmord der einzige Ausweg für Frauen zu sein, die die Schrecken von Gewalt und Erniedrigung durchleben mussten.

Armut, sexuelle Gewalt und der Mangel an Bildung unter Frauen haben in den letzten zwei Jahren dazu geführt, dass die Zahl der Frauen, die mit HIV/AIDS leben, weltweit angestiegen ist.

Der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) zufolge verzeichnete Ostasien mit 56% den stärksten Anstieg, gefolgt von Osteuropa und Zentralasien mit einem Anstieg von 46%. In Afrika südlich der Sahara, der am schlimmsten betroffenen Region, sind fast 60% aller von HIV betroffenen Erwachsenen Frauen. Junge Frauen zwischen 15 und 24 leben mit einem fünfmal höheren Risiko, sich mit HIV zu infizieren, als gleichaltrige Männer. Für viele Mädchen und junge Frauen ist die erste sexuelle Erfahrung eine erzwungene.

Durch Unwissen und fehlende Schulbildung sieht die Realität in mehreren afrikanischen Ländern so aus, dass die Männer glauben, sich gegen das tödliche Virus schützen zu können, indem sie Sex mit jungen Frauen haben, die noch keine sexuellen Erfahrungen gemacht haben. Die Konsequenz daraus ist, dass viele junge Frauen vergewaltigt und dabei mit HIV/AIDS angesteckt werden.

Der WHO zufolge hatten bis Juli 2004 nur 440 000 Menschen Zugang zu AIDS-Behandlungen, die von 6 Millionen Menschen in der neo-kolonialistischen Welt gebraucht werden.

Einige PolitikerInnen, wie der britische Kanzler Gordon Brown, haben kürzlich ihre von ganzem Herzen kommende Sympathie für Afrika entdeckt. Er beschwor einen „Marshall Plan“ für den „verlorenen Kontinent“. Aber solange der Kapitalismus existiert, ist es nur eine Illusion, zu glauben, dass Afrika und andere benachteiligte Weltregionen aus der Armut geholfen werden wird.

Das Geld, welches diesen Ländern versprochen wird, ist ein Tropfen auf den heißen Stein im Vergleich zu den Summen, die für die Fortsetzung der imperialistischen Besetzung des Irak ausgegeben werden.

Um Armut und HIV/AIDS erfolgreich bekämpfen zu können, ist ein klarer Bruch mit dem Kapitalismus nötig, der die Diktatur des IMF und der Weltbank beenden wird. Als Teil dieses internationalen Kampfes muss die Pharma-Industrie vergesellschaftet und unter die Leitung und Kontrolle der ArbeiterInnen gebracht werden. Das ist der einzige Weg, eine Zukunft und ein lebenswertes Leben für die Massen in der neo-kolonialistischen Welt zu sichern.

Das Potenzial, die Bereitschaft und die Fähigkeit der afrikanischen ArbeiterInnenklasse, sich zu vereinen und gegen Angriffe auf ihren Lebensstandard zu kämpfen, zeigten sich letztes Jahr in Form von wichtigen Streikbewegungen in zwei wesentlichen Ländern am afrikanischen Kontinent. Südafrika hat den größten Streik aller Zeiten im öffentlichen Sektor gesehen und Nigeria, das bevölkerungsreichste Land Afrikas, mehrere Generalstreiks gegen den Benzinpreiswucher der Regierung.

In beiden Fällen haben Frauen maßgeblich zur Standfestigkeit der Streikaktionen beigetragen.

Bushs Widerwahl und die Angriffe auf Frauenrechte

Als George W. Bush im November 2004 für eine zweite Amtszeit wiedergewählt wurde, waren Millionen Antikriegs-AktivistInnen, Umwelt-AktivistInnen und viele ArbeiterInnen weltweit bestürzt. Aber jetzt, mit Unterstützung der christlichen religiösen Rechten in den USA, nützt Bush seinen Wahlsieg zum Generalangriff auf die Rechte der Frauen-, Lesben-, Schwulen-, Transgender- und Bisexuellengemeinschaften.

Bush präsentiert sich als den Gralshüter des traditionellen „American Way Of Life“, indem er sich gegen gleichgeschlechtliche Ehen und das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper stellt. In sieben Bundesstaaten haben in den letzten Monaten Initiativen zu Abstimmungen über das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen stattgefunden. Der reaktionäre Charakter des fundamentalistischen religiösen Flügels innerhalb der Republikanischen Partei wurde von Senator Tom Coburn auf den Punkt gebracht, der am Wahltag im letzten November versprochen hatte, „Abtreibung zu verbieten und jeden Arzt, der sie durchführt, zu exekutieren“.

In einem Versuch, ihre Politik gegen das Recht auf Abtreibung auf den Rest der Welt zu übertragen, hat die Bush-Administration gefordert, dass die Vereinten Nationen öffentlich das Recht auf Abtreibung widerrufen.

Zweifellos bedeutet die Wiederwahl von George Bush einen Rückschlag für Frauen in den USA. Aber sie wird ebenso eine starke Opposition und Widerstand seitens der Frauenbewegung hervorrufen, wie der „Million Women March“ (Marsch der Millionen Frauen) zur Verteidigung des Rechtes auf Abtreibung im April 2004 gezeigt hat. Socialist Alternative, Organisation des CWI in den USA, nahm an der größten Frauenrechts-Demonstration aller Zeiten teil und rief zur Bildung einer neuen Partei der ArbeiterInnenklasse in den USA auf. Sie forderte auch das Recht auf kostenlose Abtreibung und die Möglichkeiten zur Durchführung sowie kostenlose Gesundheits- und Kindervorsorge.

Erst seit einigen Wochen wieder im Amt, startete die Regierung Bush einen landesweiten Krieg gegen die eigene ArbeiterInnenklasse, der große Teile der Bevölkerung in Armut stürzen wird.

Um Bushs Wahlversprechen der Halbierung des US-Haushaltsdefizits einzuhalten, beschloss das Weiße Haus die härtesten Sparmaßnahmen seit der Zeit Ronald Reagans, der einer der Architekten der neoliberalen Politik der 1980er Jahre war. Die Angriffe beinhalten drastische Kürzungen im Sozialwesen, der Schulbildung und den Wohnbauprogrammen für Arme. Geschätzte 1,1 Milliarden US Dollar sollen allein im Essensmarken-Programm gekürzt werden, welches den ärmsten Menschen in den USA Grundnahrungsmittel verschafft. Die Vorhaben beinhalten auch die Zerschlagung von „Medicaid“, einer Maßnahme der Gesundheitsversorgung für Arme. Darüber hinaus wurden Pläne enthüllt, welche die Privatisierung des Pensionssystems vorsehen.

In Kombination mit der ausweglosen Situation, in der sich der US-Imperialismus im Irak befindet, und der Tatsache, dass die Verteidigungs- und Rüstungsbudgets die einzigen sind, die unangetastet bleiben, ergibt das eine potentiell hochexplosive Mischung in den USA.

Zweifellos spielen Initiativen wie die von „Military Families Speak Out“ („Familien von SoldatInnen nehmen sich kein Blatt vor den Mund“), die den Rückzug der Truppen aus dem Irak fordern, und in denen die Mütter von im Irak getöteten SoldatInnen an der Spitze stehen, eine Schlüsselrolle beim Organisieren von Widerstand gegen die Bush-Regierung.

In einem Flugblatt anlässlich des Kriegsbeginns vor zwei Jahren schrieben sie: „In dieses reichste Land der Welt kehren SoldatInnen aus dem Krieg zurück in eine wirtschaftlich unsichere Zukunft. Ihre Kinder im teenager Alter haben keine Chance auf eine höhere Schulbildung…wir begrüßen die 335 Millionen US Dollar, die den Opfern des Tsunami versprochen wurden, aber die Vereinigten Staaten geben diese Summe alle drei Tage im Irak aus. Wir brauchen Geld für Arbeitsplätze und Schulbildung, nicht für Krieg und Besetzungen.“

Die Offensive der UnternehmerInnen und der Kampf dagegen

UnternehmerInnen und kapitalistische Regierungen in der fentwickelten kapitalistischen Welt befinden sich in einer Offensive zur Zerstörung der letzten Reste der Sozialstaaten, die unter dem Druck der ArbeiterInnenklasse nach dem Zweiten Weltkrieg errichtet worden waren.

Wieder sind es Frauen und vor allem alleinerziehende Mütter, die am härtesten von diesen Angriffen getroffen werden. Die sogenannte „Reform“ der Arbeitslosengesetze in Deutschland ist nicht nur Teil des größten Verarmungsprogrammes in der deutschen Nachkriegsgeschichte, sie bestärkt auch die traditionellen Geschlechterrollen. Die „Reformen“, die seit Januar dieses Jahres stattgefunden haben, beziehen das Einkommen der LebenspartnerInnen bei der Berechnung des Arbeitslosengeldes mit ein.

Zusätzlich werden die neuen Regelungen alleinerziehende Eltern weiter benachteiligen. Alleinerziehende Mütter sind jetzt schon einem höheren Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit ausgesetzt, da es, unter anderem, an ausreichenden Kinderbetreuungseinrichtungen fehlt. Deswegen werden sie eher von den neuen Arbeitslosengeld-Gesetzen getroffen, die nach einem Jahr Arbeitslosigkeit eine Senkung der Zahlungen auf EUR 345.- im Westen und EUR 331.- im Osten vorsehen. In Folge wird die Armut der Kinder, die schon jetzt ein Rekordhoch in einem der reichsten Länder der Welt erreicht hat, sogar noch weiter ansteigen.

Die selbe Art von Leistungskürzungen findet überall in Europa statt. In England bedeuten die Angriffe der Regierung Blair auf die Pensionsrechte ganz besonders deutliche Diskriminierungen der Frauen, deren Pensionen ohnehin schon wesentlich niedriger sind als jene der Männer.

Die neu vorgeschlagenen Regelungen sehen nicht nur eine Anhebung des Pensionsantrittsalters von 60 auf 65 Jahre im öffentlichen Dienst vor, sondern auch maßgebliche Einschnitte in die Pensionen der Frauen. Im gegenwärtigen Gesetz wird die Pension großteils über das Einkommen kurz vor der Pensionierung errechnet. Üblicherweise ist es das Höchsteinkommenden der betreffenden Person. Aber das neue Gesetz berechnet die Pension aus dem Lebenseinkommen. Während das vielleicht ein Vorteil für manche ArbeiterInnen sein mag, werden alle Frauen, die ihre Lohnarbeit für die Kindererziehung unterbrochen haben, merkliche Kürzungen bei ihrer Pension zu spüren bekommen.

Die GenossInnen der „Socialist Party“ (CWI-Sektion in England&Wales) in den Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes in England und Wales und die GenossInnen von „International Socialist“ (CWI-Schottland) in Schottland haben eine absolut tragende und entscheidende Rolle in der Auseinandersetzung und Umsetzung eines eintägigen, landesweiten Streik des öffentlichen Dienstes zur Verteidigung der Pensionsrechte am 23. März gespielt.

In Russland haben PensionistInnen einen großartigen Widerstandskampf gegen die Angriffe von Putins Regierung geführt. Massendemonstrationen, Straßensperren und andere Formen des Protestes wurden vielfach von pensionierten Frauen spontan organisiert. Der Widerstand und die Proteste führten zu einem Teilsieg. Putin musste zurückweichen und Zugeständnisse machen. Zum Beispiel musste der russische Präsident in einigen Gegenden den örtlichen Behörden erlauben, die kostenlose Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln für PensionistInnen wieder einzuführen.

Das letzte Jahr hat einen allgemeinen Aufschwung bei Protesten der ArbeiterInnenbewegung gebracht, vor allem in Europa. Frauen spielten eine wichtige Rolle bei diesen Protesten. Wie auch immer, die Tatsache, dass Frauen oft die entschlossensten und engagiertesten KämpferInnen für die Verteidigung der Lebensstandards, Löhne und Arbeitsbedingungen sind, wurde durch den heroischen Streik der KindergärtnerInnen in Schottland hervorgehoben. Ungefähr 4000, hauptsächlich Frauen aus der ArbeiterInnenklasse, beteiligten sich an einem neunwöchigen kompromisslosen Streik, in dem es um Bezahlung und ArbeiterInnenrechte ging. Die Mehrheit der beteiligten KindergärtnerInnen hatte keine Tradition gewerkschaftlicher Aktivität, ganz zu schweigen von Streikerfahrung. Das zeigt einen wichtigen Wandel im Bewusstsein und lässt ahnen, wie die Entschlossenheit von Arbeiterinnen in Zukunft sein wird, wenn Klassenkämpfe explosionsartig ausbrechen werden.

Die Verschärfung der kapitalistischen Systemkrise wird auch ein Ansteigen der Massenarbeitslosigkeit mit sich bringen. Die jüngere Generation wird es immer schwerer haben, einen festen und angemessenen Arbeitsplatz zu finden. Die Lage für junge Frauen ist schrecklich. Junge Frauen zwischen 15 und 24 machen jetzt schon 50% der arbeitslosen Frauen aus.

Das CWI in Belgien, „Linkse Socialistische Partij / Mouvement pour une Alternative Socialiste“ (LSP/MAS) hat den „Marsch der Jugend für Arbeit, freien Bildungszugang und gegen Rassismus“ initiiert, der am 19. März stattfinden wird.

In dieser Kampagne wird die Lage der Frauen besonders betont. Die LSP/MAS fordert angemessene Entlohnung, das Recht auf Vollzeit-Beschäftigung, ordentliche Finanzierung des öffentlichen Dienstes (wie z.B. Kindergärten) und ein Ende von Sexismus und Rassismus am Arbeitsplatz. Dadurch versucht die LSP/MAS junge Frauen aus der ArbeiterInnenklasse zu ermutigen, ihren Anliegen am 19.März Gehör zu verschaffen.

Sexhandel und Prostitution

Durch die Wiedereinführung des Kapitalismus in der ehemaligen Sowjetunion und anderen Staaten Osteuropas und die damit einhergehende Zerstörung aller Vorteile einer geplanten Wirtschaft kam es zu einem dramatischen Anstieg von Armut, die einer der Hauptgründe für den Anstieg von Prostitution und Frauenhandel in und von diesen Ländern darstellt.

Menschenhandel ist nichts anderes als die moderne Umsetzung von Sklaverei und die brutalste Form von Ausbeutung. Er stellt heute – nach Waffen- und Drogenhandel – den drittgrößten kriminellen Wirtschaftsbereich dar. Handel mit Menschen ist der am schnellsten wachsende und „lukrativste“ kriminelle Wirtschaftssektor, er beinhaltet Prostitution, Pornographie, Heiratshandel und kommerziellen sexuellen Missbrauch von Kindern.

Ohne Deckmantel enthüllt Sexhandel sehr direkt die brutale und gierige Natur des Kapitalismus, der danach trachtet, jede/n und alles in Waren zu verwandeln um Profite zu machen, koste es was es wolle. Sexhandel erbringt Milliarden Dollar an Profit mit sehr niedrigem Risiko für die Händler.

Die Versprechungen auf ein besseres Lebens abseits von Armut und Not sind es durch die die meisten Frauen und Mädchen in den Teufelskreis des Sexhandels geraten. Jedes Jahr werden alleine in die USA geschätzte 30-50.000 Frauen und Kinder „gehandelt“.

Einmal in den USA kann eine Frau für ihre Kidnapper durchschnittlich 30.000 US-Dollar pro Woche einbringen, indem sie 20 mal am Tag vergewaltigt wird, sieben Tage pro Woche. Bei Verweigerung werden die Frauen geschlagen, manchmal sogar ermordet.

Um angeblich die Situation für Prostituierte zu verbessern haben einige Länder sogenannte „Toleranz Zonen“ eingeführt oder sogar Prostitution legalisiert.

Die bittere Realität der Legalisierung von Prostitution wurde kürzlich von einer Frau in Deutschland aufgedeckt, wo Prostitution 2002 legalisiert wurde. Die jüngsten Änderungen in der Arbeitslosengesetzgebung kann Menschen zur Annahme von beinahe jedem Job, der ihnen offeriert wird, zwingen. Einer arbeitslosen weiblichen IT Spezialistin wurde von der Arbeitsvermittlung ein Job als Bardame angeboten. Die Bar stellte sich als Bordell heraus, von der Frau wurde erwartet, als Prostituierte zu arbeiten. Nach Ablehnung des ‚Jobangebots’ wurde der Frau die Kürzung ihres Arbeitslosengelds angedroht. Berichte über ähnliche Fälle gibt es auch aus den Niederlanden. Während es in Folge öffentlicher Entrüstung eher unwahrscheinlich ist, dass solch eine Politik gegenwärtig in diesen Ländern umgesetzt werden wird, sind dies trotzdem die Fakten, die durch die Legalisierung der Prostitution geschaffen wurden.

Die Notwendigkeit für eine neue Massenpartei der ArbeiterInnenklasse

Die Wurzeln des Internationalen Frauentages gehen bis in die Mitte des 19ten Jahrhunderts zurück, als sich in den USA und Europa ein steigender Druck für den Kampf von Frauenrechten aufbaute. Zu Beginn des 20ten Jahrhunderts war die Kampagne für das Frauenwahlrecht eine der zentralen Anliegen der Frauenbewegung und des internationalen Frauentages. Es benötigte bisweilen einen jahrzehntelangen Kampf, bevor das allgmeine Wahlrecht in den meisten Teilen der Welt erreicht wurde. Sogar heute noch, mehr als ein Jahrhundert später, ist das allgemeine Wahlrecht noch immer kein demokratisches Grundrecht für alle Frauen der Welt. Und dort, wo Frauen das Wahlrecht haben, empfinden Frauen der ArbeiterInnenklasse, ebenso wie die ArbeiterInnenklasse generell, es oft schwierig, eine Partei zu finden und zu wählen, die ihre Interessen verteidigt.

Die im September 2004 in Afghanistan abgehaltenen Wahlen wurden von den kapitalistischen Medien als eine der Begründungen verwendet, um die Invasion und den Afghanistankrieg nach den schrecklichen Terrorattacken von 9/11 zu legitimieren.

Spezielle Aufmerksamkeit wurde dem Fakt gegeben, dass 40% der WählerInnen Frauen waren. Das wurde als Riesenfortschritt für die Frauenrechte in Afghanistan präsentiert. Trotz der begrüßenswerten Tatsache, dass Frauen erstmals wählen durften, ist die Situation für Frauen in Afghanistan nach wie vor stark von feudalen Traditionen und den Überbleibseln der Anti-Frauen Gesetze des vorangegangenen Talibanregimes geprägt. Das gilt auch für andere Teile der Welt.

In Baluchistan, einer Provinz in Pakistan die noch immer von feudalen Stammesführern dominiert und regiert wird, sind Frauen im öffentlichen Alltag kaum sichtbar. Es gibt keine Ausbildung für Frauen und Mädchen, diese wird durch Stammesgesetz verboten. Frauen ist es kaum gestattet, ihr Haus zu verlassen. Ehrenmorde, Zwangsverheiratungen und andere grausame und unmenschliche Bräuche und Traditionen sind weit verbreitet.

Gemäß traditionellen „Bräuchen“ muss eine Frau, die einem Mann begegnet, mit dem sie nicht bekannt ist, sich auf den Boden setzen und ihren Rücken dem Mann zuwenden. Sie muss in dieser Position verweilen, bis der Mann vorübergegangen ist.

Während reaktionäre und feudalistische Gesetze wie diese nicht über Nacht verschwinden werden, wird es gleichzeitig offensichtlich, dass der Kapitalismus weder ökonomisch, noch kulturell einen Weg vorwärts anbieten kann, um diese Länder zu entwickeln. Das ist auch weitgehend einer der Gründe, warum Frauen keine Chance haben, aus diesen schrecklichen Bedingungen auszubrechen.

Die „Sozialistische Bewegung“ in Pakistan (Sektion des CWI), legt in ihrer täglichen Arbeit ein besonderes Augenmerk auf die Situation, mit der Frauen konfrontiert sind. Im letzten Jahr hielten sie öffentliche Veranstaltungen und Workshops ab, die sich mit der Frage häuslicher Gewalt auseinander setzte. Die GenossInnen der Sozialistischen Bewegung führen auch eine Kampagne zur Abschaffung der extrem diskriminierenden und frauenfeindlichen „Hudood Gesetze“. Unter diesen Gesetzen müssen zum Beispiel vergewaltigte Frauen den Beweis von vier männlichen Zeugen erbringen, die aussagen, dass die Vergewaltigung stattfand – ansonsten werden sie selbst wegen Ehebruchs verfolgt.

Als Folge ihrer Kampagne gegen diese Repression wurden AktivistInnen der Sozialistischen Bewegung von religiösen Fundamentalisten bedroht.

Ein sehr wesentlicher Bestandteil dieser Kampagne besteht darin, Frauen in prekären Beschäftigungsverhältnissen gewerkschaftlich zu organisieren und gleichzeitig eine Kampagne für den Aufbau einer MassenarbeiterInnenpartei zu führen, die die Spitze des Kampfes für Frauenrechte sein kann.

Politische Stimme

Im Weltmaßstab gesehen sind nur 15,2% der Abgeordneten in nationalen Parlamenten Frauen. Gleichzeitig sind Frauen auf der Suche nach Parteien, von denen sie glauben, dass sie ihre Interessen vertreten. Das spiegelt sich wider in der Diskussion um die Gründung einer Frauenpartei, angestoßen durch eine Frau, welche die Obfrau der “Linkspartei” (ehemalige KP) in Schweden war. Laut Meinungsumfragen sagen bis zu 20% – viele davon sind schlecht bezahlte Arbeiterinnen – dass sie sich überlegen, für diese Partei zu Stimmen. Als SozialistInnen glauben wir nicht, dass mehr Frauen in den Parlamenten automatisch die Situation von Arbeiterinnen verbessern. Die Interessen von Arbeiterinnen werden nicht von weiblichen Abgeordneten, und auch nicht von Ministerinnen und Präsidentinnen vertreten. Ob U.S. Staatsekretärin Condoleeza Rice, Deutschlands Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, die britische Bildungsministerin Ruth Kelly oder die sri-lankesische Präsidentin Chandrika Kumaratunga – sie alle haben eine Politik durchgeführt, die gegen die ArbeiterInnenklasse gerichtet ist. Am schärfsten angegriffen wurden die Streiks im frauendominierten Gesundheitssektor in Belgien durch zwei Frauen – zwei belgische Ministerinnen.

Dennoch ist die niedrige Zahl von Frauen in den Parlamenten ein Hinweis auf den patriarchalen Charakter heutiger Politik. Es kann kein Zweifel bestehen, dass SozialistInnen eine größere Teilnahme von Frauen in der Politik und in politischer Aktivität begrüßen und anstreben.

Das CWI führt rund um die Welt Kampagnen für den Aufbau neuer Massenparteien der ArbeiterInnenklasse durch. Wo auch immer es Anzeichen für die Bildung echter ArbeiterInnenorganisationen gibt, engagiert sich das CWI im Aufbau dieser und kämpft für ein sozialistisches Programm dieser neuen Kräfte.

Im letzten Jahr haben die Bildung von P-SOL (Partei für Freiheit und Sozialismus) in Brasilien und ASG (Arbeit und Soziale Gerechtigkeit) in Deutschland einen entscheidenden Schritt zur Bildung neuer ArbeiterInnenparteien bedeutet.

Während der Charakter dieser neuen Formationen zu diesem Zeitpunkt noch nicht absolut klar ist, hängen der Erfolg und die weitere Entwicklung auch vom Programm und von den Kampagnen, die sie führen, um einen besseren Lebensstandard für Arbeiterinnen zu erkämpfen ab und außerdem davon, wie weit sie es schaffen, Arbeiterinnen in die Kämpfe einzubinden.

Um das Leben von Arbeiterinnen zu verbessern, müssen SozialistInnen in diesen neuen Parteien für ein Programm kämpfen, dass:

– alle neoliberalen Attacken der Bosse und der Regierungen strikt ablehnt

– Widerstand gegen Entlassungen organisiert

– für eine Verringerung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich kämpft

– für Voll-Zeit-Jobs für alle kämpft

– gegen Billiglöhne und für einen ausreichenden Mindestlohn kämpft

– gemeinsame Kampagnen mit Gewerkschaftsbewegungen führt, um zu helfen, unorganisierte Betriebe zu organisieren

– für kostenlose Kinderbetreuungsplätze für Kinder aller Altersgruppen kämpft

– das Recht von Frauen verteidigt, Kinder zu haben, wann und wenn überhaupt sie welche haben wollen

– Kampagnen führt gegen Gewalt im Haushalt, gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz und gegen jede Form von Diskriminierung in der Gesellschaft

Damit Frauen aber ein- für allemal frei von Armut und Unterdrückung jeder Form leben können, ist es notwenig, die profitorientierte, kapitalistische Gesellschaftsordnung zu überwinden.

Das kann nur erreicht werden durch eine Massenbewegung der ArbeiterInnenklasse, die die großen Unternehmen, die enormen Reichtum durch die internationale Ausbeutung der ArbeiterInnenklasse angehäuft haben, vergesellschaftet und sie öffentlicher Kontrolle unterstellt.

Frauen aus der ArbeiterInnenklasse werden in diesem Kampf unverzichtbar sein, der letztendlich zur Befreiung der Menschheit und wirklicher Gleichheit zwischen Mann und Frau führen wird.

Am ersten “Allrussischen Kongress arbeitender Frauen” im Oktober 1918 argumentierte Lenin: “Die Erfahrung aller Befreiungsbewegungen hat gezeigt, dass der Erfolg einer Revolution davon abhängt, wie viele Frauen daran teilnehmen”.

Das ist auch heute noch wesentlich, und der Erfolg des Aufbaues neuer, starker Massenparteien der ArbeiterInnenklasse hängt davon ab, wie gut sie es schaffen, Arbeiterinnen aufzunehmen und in die eigenen Reihen zu integrieren.