Kolonialkriege im Kongo

Französische und deutsche Truppen sollen für mehr Stabilität im Kongo sorgen – denn die Plünderung des Landes soll weitergehen
 
Der Chor aller, die jetzt die Stimme für einen Militäreinsatz im Kongo erheben, ist groß. Ebenso groß ist die Empörung über die „menschliche Katastrophe“ in diesem Land im Zentrum Afrikas. Dass Konzerne wie Bayer schon die eine oder andere Milliarde mit dem Krieg verdient haben, wird bei der Berichterstattung der bürgerlichen Medien aber verschwiegen.
Mindestens 50.000 Tote hat der Konflikt zwischen Hema und Lendu in den letzten Wochen gefordert. Doch das ist nur ein Teil der grausamen Realität Kongos, des früheren Zaire: Innerhalb des Landes mit seinen 35 Millionen EinwohnerInnen befinden sich etwa zwei Millionen Menschen auf der Flucht, seit 1998 sind über drei Millionen Menschen im Krieg um Einfluss und Profite im Kongo gestorben. Ein Drittel der Menschen leiden laut Welternährungsprogramm an Hunger. Die Wirtschaft liegt am Boden, die Infrastruktur ist zerstört. Von einst 157.000 Straßenkilometern sind nur noch etwa 15.000 befahrbar.
Die Demokratische Republik Kongo ist faktisch dreigeteilt: die Regierung unter Präsident Kabila kontrolliert mit Hilfe von Simbabwe und Angola den Süden und den Westen. Ruanda unterstützt die RCD (Kongolesische Sammlungsbewegung für Demokratie), die den Osten des Landes kontrolliert.
Uganda steht hinter der MLC (Kongolesischen Befreiungsbewegung), die im Norden das Sagen hat. Alle Kriegsparteien haben das Ziel, ihren Anteil am wahrscheinlich rohstoffreichsten Land Afrikas zu sichern oder auszubauen. Mit ihren Einnahmen aus der Plünderung der Bodenschätzen finanzieren sie auch ihre Kriege.
Schätzungen zufolge erzielte zum Beispiel Ruanda 1999 und 2000 jeweils rund 164 Millionen US-Dollar Gewinne aus den Geschäften im Kongo.

Kampf um Rohstoffe

Die Profitaussichten mit Diamanten, Gold, Kupfer, Kobalt und vor allem Coltan lassen bei denen, die in Europa und den USA damit Milliardenumsätze machen, die Herzen höher und bei denen, die unter unmenschlichsten Umständen in den Minen schuften müssen, oft nicht weiter schlagen.
Coltan wird für medizinisches Gerät, Computer und Waffen aber vor allem für Mobiltelefonkondensatoren benutzt. Nach dem Boom der Handys auf dem Weltmarkt ist der Preis pro Tonne in die Höhe geschnellt und hat sich innerhalb von wenigen Monaten verfünffacht. Daran verdiente in aller erster Linie die Bayer Tochter H.C. Starck aus Goslar, die mit einem Umsatz von 665 Millionen Euro im Jahr 2000 mehr als die Hälfte des wertvollen Coltan verkaufte.
Das Geld, das westliche Konzerne den kriegsführenden Parteien für die Rohstoffe und die unbeschreibliche Ausbeutung der MinenarbeiterInnen bezahlen, wird dazu benutzt, um die Kriege am Laufen zu halten und um dafür – wiederum auch im Westen – Waffen zu kaufen.
„Ein am 16. April [2001] veröffentlichter Bericht einer UN-Expertengruppe wirft erstmals führenden Politikern aus Uganda, Ruanda und Burundi vor, sich am Krieg in der DR Kongo zu bereichern. Kupfer, Diamanten, Gold, Kobalt und Edelhölzer würden in den von Truppen der genannten Staaten besetzten Gebieten systematisch geplündert. […] Namentlich erwähnt und beschuldigt wurden die belgische Fluggesellschaft Sabena und andere europäische Unternehmen, u.a. die britischen Unternehmen Afrimex und Vento Star, an dem lukrativen Geschäft im Kongo beteiligt zu sein“, so der Fischer Weltalmanach 2002.
Auch hinter der jetzigen Eskalation der Gewalt zwischen Hama und Lendu stehen die konkurrierenden Interessen von Uganda und Ruanda um die Bodenschätze ihres Nachbarlandes. Dies hat besondere Aktualität bekommen, nachdem die kanadische „Heritage Oil Corp.“ mit der Suche nach Ölvorkommen in diesem Gebiet begonnen hat. Auf ugandischer Seite wurden bereits große Vorkommen entdeckt.
Nach dem Ende des Irak-Krieges ist es für die europäischen Imperialisten von besonderer Bedeutung sich andere Ölvorkommen zu sichern. Außer Nigeria ist kein afrikanisches Land in der OPEC, so dass das Öl billiger zu bekommen ist.

Bundeswehreinsatz

Der Bundeswehreinsatz (350 Soldaten) wird die Intervention der rund 1.200 französischen Soldaten absichern, deren Einsatz in langer kolonialer Tradition steht. Die angegebenen Gründe – humanitäre Situation, Elend der Zivilbevölkerung und so weiter – spielt dabei nur insofern eine Rolle, als das Chaos und die Zerstörung mittlerweile solche Ausmaße angenommen hat, dass die Profitproduktion insgesamt zu stark beeinträchtigt wird. Die westlichen Konzerne haben mit das größte Interesse an stabileren Verhältnissen.
Wobei die Interessen traditionell Frankreichs und jetzt der EU und die der USA durchaus ebenfalls in Konkurrenz zueinander stehen und es kein Zufall ist, dass dieser „Friedenseinsatz“ der UNO allein von EU-Truppen bestritten wird. Im Kongo drohen damit weitere Stellvertreterkriege.

von Eckhard Geitz, Kassel