PDS-Parteitag: Nach der Ruhe doch der Sturm?

Am 22. September bekam die PDS eine Abfuhr f?r den Sozialabbau und die K?rzungen, die sie als Regierungspartei in Mecklenburg-Vorpommern, Berlin und vielen Kommunen durchf?hrte. Drei Wochen sp?ter folgten scharfe T?ne auf dem PDS-Parteitag in Gera.

von Doreen Ullrich, Berlin

 
Wenn sich in Gera zwei Fl?gel gegen?berstanden, dann war der eine doch sehr lahm: Bartsch – der vor dem Parteitag einen rechten Haken angek?ndigt hatte – redete nicht ein einziges mal. Er zog still und leise seine Kandidatur f?r den Parteivorsitz zur?ck. Damit war der Kurs des rechten Teils der bisherigen Parteif?hrung gescheitert: Sie wollten die Niederlage bei der Bundestagswahl nutzen, um sich noch enger an die SPD anzulehnen.
Scharf wurde das von Gabi Zimmer, in Gera wiedergew?hlte Parteichefin, kritisiert: ?Bedingungslose Regierungsbeteiligung, bedingungsloses Tolerieren, Zustimmung um jeden Preis ? das ist Opportunismus!?, ?Die PDS erscheint heute viel zu vielen als eine Partei, mit der man alles machen kann au?er Kriege f?hren?, so Zimmer auf dem Parteitag.
Zimmer, die zum Beispiel bei der Debatte um das zuk?nftige PDS-Programm deutlich gegen linke Ans?tze zu Felde zog, erschien pl?tzlich als Vertreterin des linken Fl?gels. Das war ihr selbst wohl nicht ganz geheuer: ?Die sachlichen Differenzen sind ?berhaupt nicht tief.? Und weiter: ?In Wahrheit haben wir einen Konflikt innerhalb des Reformlagers.? (Zimmer im Neuen Deutschland am 14. Oktober 02). Die real existierenden Regierungsbeteiligungen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern wurden beim Parteitag vom Zimmer-Fl?gel auch nicht in Frage gestellt.
Auch der neue Bundesgesch?ftsf?hrer Uwe Hiksch stellte sich eindeutig hinter die Politik der Berliner PDS im Senat und kritisierte die Gewerkschaften wegen ?Verweigerung?. Das bedeutet, dass die Berliner Besch?ftigten des ?ffentlichen Dienstes in ihrem Kampf gegen Tarifflucht, Entlassungen und Arbeitszeitverl?ngerung auch den neuen PDS-Vorstand gegen sich haben werden.

Gr?ben im PDS-Apparat

Die harschen T?ne waren weniger Ausdruck von Unmut der Basis. Zwar gab es Transparente, die forderten ?Keine Macht f?r Machtgeile?, ?Sozialisten statt Sozis? oder ?Sozialismus statt Bartschismus?, doch die Sch?rfe des Parteitags entsprang der erbitterten Richtungsdebatte innerhalb des PDS-Apparats: Zimmer konnte sich dabei mit ihrer Position, dass die PDS eine eigenst?ndige Perspektive ben?tige, auf die Basis st?tzen und tat dies mit linkeren Worten. Bartsch und Co wollten die M?glichkeiten offen halten, ihre P?stchen durch ein zuk?nftiges Zusammengehen mit Teilen der SPD zu retten.
Die PDS-Basis gibt sich mit der Rolle zufrieden, ab und zu bei Parteitagen die Anti-Kriegs-Positionen gegen die rechten Teile der Parteif?hrung zu verteidigen. Die Niederlage bei der Bundestagswahl f?hrte aber zu keinem Aufb?umen. Weder auf dem Parteitag noch auf der Stra?e. Eine vermehrte Beteiligung der PDS bei K?mpfen gibt es auf jeden Fall nicht.

Falsche Politik

Die PDS-F?hrung gab sich beim Parteitag links. Vielleicht sehen wir mehr PDS-Fahnen auf den n?chsten Demonstrationen, kann sein, dass die neue Parteif?hrung bei Protesten verst?rkt teil nehmen wird. Doch auch diese Teile der Partei wollen ? zwar eigenst?ndig und nicht als Teil oder Anh?ngsel der SPD, doch nichts desto trotz ? innerhalb der Marktwirtschaft f?r Reformen eintreten und das auch mittels Regierungsbeteiligungen.
In der kapitalistischen Krise ist daf?r aber kein Spielraum. Deshalb scheitert diese Politik, f?r die Gabi Zimmer auch in den letzten Jahren als Parteivorsitzende stand. Und da hat der Berliner PDS-Chef Liebich nicht unrecht, dass das ?schizophren? sei, schlie?lich k?nne man nicht Oppositions- und Regierungspartei gleichzeitig sein.
Der Parteitag war ein Sturm im Wasserglas. Statt Protesten gegen Sozialabbau und K?rzungen bietet die PDS bei ihren Regierungsbeteiligungen Sparma?nahmen und Angriffe. Die PDS ist nach der Niederlage bei der Bundestagswahl vor allem eine ost-deutsche Regierungspartei. Das hat der Parteitag nicht ge?ndert. Da die PDS-Basis nicht aktiver wird, sitzen Helmut Holter, Minister in Mecklenburg-Vorpommern, und Harald Wolf, PDS-Senator in Berlin, am l?ngern Hebel. Sie sorgen f?r die Ruhe statt dem Sturm.

Doreen Ullrich ist Mitglied im bundesweiten Sprecherrat von widerstand international!