Gut für Konzerne – schlecht für die Umwelt und für uns

Im August trafen sich Regierungsvetreter aus 190 Staaten zum UN-Umweltgipfelin Johannesburg – der größten internationale Konferenz die jemals stattgefundenhat. In dem Johannesburger Luxusvorort Sandton, dem reichsten Stadtteil imgesamtem Afrika, verbrachten 60.000 Delegierte für geschätzte Kosten von150 Millionen Dollar zehn Tage, um über die Zukunft der Erde zu reden.

von Antje Zander, Berlin

 
Begleitet wurde der Gipfel von Protesten von verschiedensten Umwelt und Sozialgruppen.An der größten Demonstration beteiligtem sich über 30.000 Menschen – trotzmassiver Behinderungen von Seiten der südafrikanischen ANC-Regierung undihrer Polizei.
Das Treffen in Johannesburg fand als „UN-Gipfel für nachhaltige Entwicklung“ statt. Dabei sollte es um eine Entwicklung auf der Erde gehen, die zu wenigerArmut, weniger Krankheiten, weniger Umweltbelastung und weniger Krieg führensoll.
Doch das Gegenteil ist herausgekommen. So wurde dann auch die von der Konferenzbeschlossene „Politische Deklaration“ und das „Aktionsprogramm zur Bekämpfungder Armut“ von Umweltorgansationen zu Recht als Katastrophe bezeichnet. Dennsie stellen die Interessen von Konzernen und Unternehmen über die Interessenvon Milliarden von Menschen und die der Umwelt.

Keinerlei verbindliche Regeln

Zwar werden der sorgsame Umgang mit der Umwelt und die Beseitigung der Armutals international akzeptierte Grundsätze für die Zukunft der Erde benannt,doch befinden sich in beiden Papieren nur Absichterklärungen und keinerleiVerpflichtungen weder für die Regierungen noch für die Konzerne.
So wurde erklärt, dass alternative Energieformen wie Sonne, Wind, Biogasund andere durchaus wichtig seien. Vor allem auf Druck der Regierungen derUSA und der OPEC-Staaten (einem Bündnis Erdöl-exportierender Staaten) bliebjedoch offen, in welchem Zeitraum und in welchem Ausmaß der Anteil der erneuerbarenEnergien ausgebaut werden soll. Der saudi-arabische Handelsminister dazu:„Alle sind glücklich“.
Desweiteren wurde im Aktionsprogramm davon geredet, den Verlust der Artenvielfaltund den Rückgang der Wälder einzudämmen – auch hier ohne jede Erklärung,wie. Zum Beispiel verpflichten sich die Staaten in einem Paragraphen zurSchonung der Fischbestände – „wenn möglich“!
Weiter wird die Absichtserklärung, nach der die Zahl der 2,4 Milliarden Menschen,die ohne Zugang zu sauberen Wasser leben, bis 2015 auch nur halbiert werdensoll, kaum realisiert werden: Die Regierungen der großen Industriestaatenmachten schon im Vorfeld klar, dass sie dafür kein zusätzliches Geld zurVerfügung stellen wollen.

Umweltpolitik für Konzerne

Schon beim Klimagipfel 1992 in Rio wurden Konzerne erstmals offiziell alsgleichberechtigte Partner internationaler Instutitionen wie der UNO behandelt.Im Abschlussdokument von Rio steht dann auch die Kernaussage, dass freieMärkte und Wirtschaftswachstum Voraussetzungen für Umweltschutz und nachhaltigeEntwicklung seien. Es wird eine „freiwillige Selbstverpflichtung“ erhoben,deren Nichteinhaltung keinerlei Konsequenzen hat. Das Ergebnis ist bekannt:der CO2-Ausstoß ist seit Rio um zehn Prozent gestiegen, die Klimakatstrophegeht weiter und mehr als eine Milliarde Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze.
In Johannesburg ging der Einfluss der internationalen Konzerne noch weiter:So wurde zur Vorbereitung des Gipfels schon 1995 ein weiterer Lobby-Verbandgegründet, dem unter anderem der Weltverband der Chemischen Industrie, derBund der Deutschen Industrie und auch das Europäische Atomforum angehören.Der Vorsitzende des Verbandes, Moddy Stuart, zuvor der Chef des ÖlmultisShell: „Wir möchten auf dem Umweltgipfel eine konstruktive Rolle spielen.Die Industrie ist ein Teil der Lösung bei der Schaffung einer nachhaltigenEntwicklung“. Im Ergebnis dessen wird dann auch in den Gipfeldokumenten einestärkere Rolle des Privatsektors in Bereichen wie Strom, Wasser, Gesundheitund Landwirtschaft gefordert.

Alternativen

Den meisten von uns ist klar: die Erde bewegt sich auf eine ökologische undsoziale Katastrophe zu. Umweltkatastrophen wie die Flut in diesem Sommerin vielen Teilen Europas und Asiens werden in den nächsten Jahren zunehmen.Schon in den 80er Jahren haben ExpertInnen beispielsweise für die nächsten250 Jahre eine Erhöhung des Meeresspiegels um circa vier Meter aufgrund derglobalen Erderwärmung, vorausgesagt. Sie erklärten, dass der CO2-Ausstoßsofort um 60 Prozent fallen müsste, um den damaligen Zustand (1992) zu halten.Seitdem ist der Ausstoß jedoch noch weiter gestiegen.
Die Ursachen für die Ausbeutung der Umwelt und die Zerstörung der Lebensgrundlagenliegen im Kaptalismus, einem System mit dem Maßstab des maximalen Profits,gekennzeichnet durch harten Konkurrenzkampf zwischen den Unternehmen undKonzernen.
Die Alternative dazu ist eine Gesellschaft, in der die Bedürfnisse allerMenschen und der Natur im Mittelpunkt stehen. Statt kapitalistischer Anarchieist eine demokratisch geplante Wirtschaft und Gesellschaft auf der Basisvon Gemeineigentum notwendig.
Dann würde zum Beispiel so gewirtschaftet werden, dass die Auswirkungen aufdie Umwelt und die daraus entstehenden Kosten in die Planung mit einbezogenwürden. Das heißt alternative Energien statt Atomenergie, Ausbau des Schienenverkehrs,statt jedes Jahr dutzende von neuen Autotypen herzustellen, und so weiter.
Wissenschaftlicher Fortschritt würde den Menschen und nicht den Konzernendienen. Beispiel Aids: Seit Jahren arbeiten verschieden Teams von hochspezialisiertenForscherInnen an der Entwicklung von Aids-Medikamenten. Doch nicht miteinander,sondern gegen-einander – im Auftrag verschiedener Pharmakonzerne, denn miteinem Medikament ließe sich viel Geld verdienen. Wenn diese ForscherInnenzusammenarbeiten würden, wäre ein Medikament wahrscheinlich schon entwickelt.
Und die weltweite Produktivität würde, statt für riesige Militärausgabenund sinnlosen Luxus für eine handvoll Superreicher, für die Abschaffung vonArbeitslosgkeit, Armut und Hunger genutzt werden.
Unsere Umwelt wird nicht von Regierungen und Konzernen, auch nicht von Konferenzenwie in Johannesburg gerettet.
Wir müssen selber für eine lebenswerte Welt kämpfen.