INTERNATIONALE SOLIDARITÄT GEGEN DEN GENOZID

Waffenlieferungen bestreiken und blockieren

Im Bombenhagel der israelischen Luftwaffe und Artillerie sind Zehntausende gestorben, Hunderttausende sind vom Hungertod bedroht. Nahezu alle Häuser sind zerstört. 80% des Gebiets sind von der israelischen Armee besetzt. Nach Schätzungen von UNICEF wurden seit Oktober 2023 50.000 Kinder in Gaza getötet oder verletzt. Die Gesundheitsversorgung ist zusammengebrochen. Vor den Kameras der Weltöffentlichkeit vollzieht sich ein Völkermord.

Nach UNO-Angaben wurden im Gazastreifen bis Ende Mai 2025 150 Rettungskräfte des Roten Halbmonds getötet. Seit Kriegsbeginn sind laut Reporter ohne Grenzen fast 200 Medienschaffende in Gaza getötet worden, mehr als im amerikanischen Bürgerkrieg, dem 1. und 2. Weltkrieg, dem Vietnam-Krieg und in Afghanistan zusammen.

Geplanter Genozid

Der Hamas-Anschlag vom 7. Oktober 2023 und das Schicksal der Geiseln werden noch immer als Begründung für die Angriffe genutzt, doch die Dynamik und Wucht des Massenmordens haben nichts mit dem 7. Oktober zu tun. Netanjahus Regierung macht keinen Hehl aus ihren Absichten und organisiert die Vertreibung und die erneute Besetzung, während die Chefs der Hamas schon lange sicher im Ausland sind und die israelischen Geiseln dahinsiechen.

Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte im Mai, Israel lasse wieder Hilfslieferungen durch, „damit die Welt uns nicht aufhält und uns Kriegsverbrechen vorwirft“. Das Ziel bleibe bestehen: „Wir vernichten alles, was in dem Streifen noch übrig ist.“ Elad Barashi, ein TV-Kommentator vom Netanjahu-nahen Channel 14, schlug auf Twitter vor, einen „Holocaust“ durchzuführen, Gaskammern zu errichten und alle Palästinenser*innen industriell zu töten. Er wurde weder entlassen noch festgenommen (taz, 6.5.25).

Terror in der Westbank

Es geht nicht nur um Gaza: Besonders seit der Regierungsübernahme Netanjahus im Dezember 2022 ist die Bevölkerung in der Westbank Angriffen militanter Siedlermilizen ausgesetzt, die sie, teils mit Unterstützung der Armee, zur Flucht zwingen.

Laut UNO hat das Militär 2024 1700 palästinensische Häuser zerstört und 24 Quadratkilometer Land besetzt. Allein im Januar und Februar 2025 wurden bei Angriffen auf die Flüchtlingslager in Dschenin, Nur Schams, Tulkarem und Faraa 40.000 Menschen vertrieben. In den vergangenen 15 Monaten wurden rund 920 Palästinenser*innen in der Westbank getötet.

Sozialistische Strategie für ein freies Palästina

Gegen diese Verbrechen gehen seit Beginn des Krieges Millionen Menschen weltweit auf die Straße. Viele von ihnen nehmen massive Repressionen in Kauf, werden beschimpft, verprügelt, verleumdet und verklagt. Nicht nur das Trump-Regime schiebt ausländische Studierende wegen Solidarität mit Gaza ab, auch in Deutschland werden Aktivist*innen mit Klagen überzogen. Drei EU-Staatsbürger*innen, die seit Jahren in Berlin leben, sollten ohne Gerichtsverfahren oder Verurteilung ausreisen.

Bei einer der größten Demonstrationen in den Niederlanden seit 20 Jahren gingen am 18. Mai 2025 100.000 Menschen auf die Straße; in London waren es am Tag zuvor 500.000. Laut einer Umfrage des ZDF-Politbarometers halten 80% der deutschen Bevölkerung den Militäreinsatz für nicht gerechtfertigt (vgl. März 2024: 69%), lediglich 12% der Befragten unterstützen die Kriegsführung.

Wenn Außenminister Wadephul die Waffenlieferungen „prüfen“ will und die Grünen auf einmal das Völkerrecht gefährdet sehen, ist das heuchlerisch. Der imperialistische Block um die USA und vor allem die deutsche Regierung haben seit Beginn Israels Kriegsverbrechen und Besatzungspolitik unterstützt und Waffen für die Massaker geliefert, um die eigenen geostrategischen Machtinteressen durchzusetzen und Israel als loyales Bollwerk des westlichen Imperialismus in der ölreichen Region des Nahen Osten zu halten.

Wie kann man die IDF-Kriegs- und Vernichtungsmaschine stoppen?

Angesichts der brutalen israelischen Besatzung, der extremen Ungerechtigkeit und Armut, der sich die Palästinenser*innen ausgesetzt sehen, ist ihr Kampf gegen die Besatzung und für die Freiheit gerechtfertigt, auch bewaffnet. Schon lange vor dem Krieg waren die Lebensverhältnisse der palästinensischen Bevölkerung sowohl im “Freiluftgefängnis” Gaza als auch im Flickenteppich Westbank unerträglich.

Die Hamas hat keine Strategie für die Befreiung der Palästinenser*innen. Ihre Anschläge auf israelische Zivilist*innen erleichtern es der rechten Staatsführung in Israel, die eigene Bevölkerung hinter sich zu scharen. Der 7. Oktober ist der beste Beweis dafür: Netanjahu bekam dadurch einen passenden Vorwand für das Massaker in Gaza. Die zu der Zeit stattfindenden Massenproteste gegen den Abbau demokratischer Rechte und für den Sturz Netanjahus wurden sofort beendet, die Kräfte der extremen Rechte wurden gestärkt.

In Gaza hat die Hamas repressiv agiert. Sie ist pro-kapitalistisch und von ihrer Herrschaft hat nur eine kleine elitäre Schicht profitiert. Sie hat keine vorwärts weisende Perspektive für die verarmten Menschen in Palästina.

Statt Anschlägen, Raketenangriffen und der Entführung von Zivilist*innen ist massenhaft organisierter Widerstand nötig. Die erste Intifada ab 1987 wurde als ein von unten organisierter Kampf geführt, zerrüttete die israelische Armee, schwächte die zionistische Ideologie und zwang Israel an den Verhandlungstisch. Auch bewaffnete Selbstverteidigungskräfte sollten demokratisch von unten kontrolliert werden und Teil einer Massenbewegung für die Befreiung sein.

Wir schlagen vor, den palästinensischen Kampf nicht nur als nationalen Befreiungskampf zu führen, sondern auch als sozialen, als Klassenkampf, der gemeinsame Interessen aller Menschen in der Region – Sicherheit, Jobs, Einkommen – anspricht, soweit das möglich ist. In diese Richtung gingen die palästinensischen Arbeiter*innen, die bei einem Generalstreik gegen den Krieg Anfang April 2025 – im Zuge des weltweiten Aktionstages „Die Welt steht still für Gaza“ – Fabriken, Geschäfte, Banken, Unternehmen, Schulen und öffentliche Einrichtungen aus Solidarität mit Gaza geschlossen hatten. Selbst der öffentlichen Nahverkehr in Jerusalem stand still.

Eine Strategie erfordert auch, alle Maßnahmen zu unterlassen, welche der israelischen Rechten das Geschäft erleichtern. Eine Befreiung ist nicht möglich, ohne Teile der israelischen Bevölkerung – aus der Arbeiter*innenklasse und der Jugend – von der zionistischen Ideologie zu lösen und für die Idee zu gewinnen, auf Solidarität und Zusammenleben zu setzen und aktiv gegen die Besatzung zu werden. Die IDF kann vor allem dadurch geschwächt werden, dass ihre Soldat*innen nicht mehr bereit sind, für ihre herrschende Klasse und deren imperialistisches Projekt zu töten und zu sterben.

Es scheint angesichts des Horrors schwierig, dass das jemals gelingen kann. Doch es gibt Anzeichen, dass Teile der Arbeiter*innenklasse und der Jugend in Israel nicht länger hinnehmen, was der Staat treibt. 100.000 Reservist*innen verweigern den Kriegseinsatz. Bis heute beteiligen sich israelische Aktivist*innen bei Protesten gegen Angriffe des israelischen Militärs und der rechtsextremen Siedler*innen in der Westbank und in Ost-Jerusalem, daran muss angeknüpft werden.

Vielen in Israel ist bewusst, dass sie den Preis für den Krieg bezahlen – z.B. mit massiven Sozial- und Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst, die zuletzt Beschäftigte an Schulen und Kitas in den Ausstand trieben, oder der Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1%. Im vergangenen September beteiligten sich 300.000 Menschen in Israel – jüdisch und palästinensisch – an einem Generalstreik für einen Waffenstillstand und die Freilassung der Geiseln.

Zukunft nur ohne Kapitalismus

Nicht nur das Netanjahu-Regime, sondern das ganze Konstrukt des israelischen Staates in seiner derzeitigen Form hat jahrzehntelang Leid, Elend und Tod nicht nur über die Palästinenser*innen gebracht, sondern auch dem jüdischen Teil der Arbeiter*innenklasse mit Terrorismus, Militarisierung, Sozialabbau und ständiger Unsicherheit geschadet. 

Sowohl die palästinensische als auch die jüdische Bevölkerung der Region haben ein Recht auf Selbstbestimmung und auf den Schutz vor Unterdrückung, frei von Einmischung durch ausländische Mächte.

Auf Grundlage des Kapitalismus ist es unmöglich, zu einer zufriedenstellenden Regelung zu kommen. Die herrschende Klasse Israels kann sich ein lebensfähiges Palästina nicht leisten. Einerseits würde das bedeuten, die Geister, die man einst rief, die Siedler*innen, diese bisher privilegierte Schicht, zu verarmten Wohnungssuchenden im teuren Israel zu machen und damit die eigene zionistische Basis zu verlieren. Andererseits fürchtet man, dass Palästina in Konkurrenz zu Israel von der einen oder anderen imperialistischen Macht als neue Interessenvertretung in der Region auserkoren werden könnte.

Für dauerhaften Frieden, Bewegungsfreiheit, demokratische und soziale Rechte sowie gute Lebens- und Arbeitsbedingungen muss es einen Bruch mit dem Kapitalismus geben, der die grundlegende Ursache dieses blutigen Teufelskreises im Nahen Osten ist. Eine sozialistische Perspektive ist nötig: Auf Grundlage einer Wirtschaft, in der Produktion und Dienstleistungen in öffentlichem Eigentum und von den Beschäftigten selbst demokratisch geplant und kontrolliert werden, und die Verteilung von Gütern und Leistungen gesellschaftlich organisiert wird, ohne Konkurrenz oder Profitdruck, können gleiche Rechte für alle Menschen verwirklicht und Spaltung überwunden werden.

Ein sozialistisches Palästina und ein sozialistisches Israel, als Teil eines freiwilligen Bundes sozialistischer Staaten im Nahen Osten, könnteböte eine lebenswerte, sichere und friedliche Zukunft für alle arbeitenden und armen Menschen in Palästina, Israel und der gesamten Region bieten.

Keine Waffen für Israels Kriege

Ein weltweites Waffenembargo muss durchgesetzt werden. Es ist die Aufgabe der Arbeiter*innenbewegung in Europa und den USA, einen Stopp der Waffenlieferungen an Israel zu erzwingen. Internationale Solidarität kann das Morden stoppen.

Deutsche Rüstungskonzerne verdienen an den toten Kindern in Gaza: Noch im ersten Quartal 2025 genehmigte die Ampel-Regierung die Ausfuhr von Rüstungsgütern im Wert von 28 Millionen Euro an Israel, 2023 und 2024 waren es insgesamt Exporte im Wert von 487 Millionen Euro. Ein Ausfuhrstopp eines nennenswerten Lieferanten hätte eine große symbolische Wirkung und könnte den Druck der Antikriegsbewegung auf die US-Regierung verstärken. Die IG Metall, die Arbeiter*innen der Rüstungsproduktion organisiert, muss die deutsche Mitverantwortung am Genozid verurteilen und dagegen mobilisieren, bis hin zum Bestreiken der Produktion. Dasselbe gilt für Industriegewerkschaften in anderen Ländern. 

Streiks können den Waffentransport stoppen. Anfang Juni 2025 haben Hafenarbeiter*innen im französischen Fos-sur-Mer (bei Marseille) die Lieferung von MG-Munition nach Israel bestreikt und verhindert, unterstützt von ihrer Gewerkschaft CGT. Bereits vorher gab es koordinierte Blockaden an Häfen in Belgien, Schweden und Griechenland. Im Spanischen Staat hat die Regierung angekündigt, Frachtschiffe mit Waffen für Israel nicht mehr in spanische Häfen zu lassen. Die Produktions- und Transportarbeiter*innen und Gewerkschaften haben die Macht, Waffentransporte durch koordinierte Streiks zum Erliegen zu bringen. 

Der DGB muss endlich seine Position zur Regierungspolitik ändern und solidarische Aktionen organisieren. Zusammen mit den weltweiten Demonstrationen gegen den Krieg, Uni-Besetzungen und anderen Aktionen der sozialen Bewegungen kann das Morden gestoppt, der Krieg beendet und damit endlich die Voraussetzung geschaffen werden, Frieden und soziale Sicherheit zu erreichen.

Stoppt das Massaker, Frieden und Freiheit für Palästina:

  • Keine Waffen und kein Geld für Israels Kriege – weltweites Embargo, durchgesetzt von Gewerkschaften und Transport-Arbeiter*innen.
  • Internationale Solidarität – für eine koordinierte weltweite Bewegung gegen den Nahost-Krieg und für ein freies Palästina.
  • Sofortiger Waffenstillstand, stoppt das genozidale Massaker und die Vertreibungen in Gaza
  • Sofortiger Rückzug der israelischen Besatzungsarmee aus Gaza und dem Libanon.
  • Blockade der Hilfslieferungen beenden – Lieferung von Essen, Wasser, medizinischer Ausrüstung an die Menschen in Gaza – was immer benötigt wird.
  • Austausch der in Gaza festgehaltenen Geiseln gegen die in israelischen Gefängnissen inhaftierten Palästinenser*innen.
  • Schluss mit Besatzung, Vertreibung und Siedlungsbau. Rückzug der Armee aus der Westbank und Ost-Jerusalem und Auflösung der Siedlungen.
  • Heranziehen des Vermögens der Reichen und der Kriegsgewinnler, um den Wiederaufbau von Gaza und der anderen zerstörten Gebiete zu finanzieren.
  • Nieder mit Netanjahus Regierung des Todes – für eine Massenbewegung von Jüd*innen und Araber*innen zum Sturz der kriegerischen Regierung.
  • Für ein Ende der imperialistischen Einmischung in der Region und jeder Form von nationaler Unterdrückung.
  • Für den Aufbau internationalistischer Organisationen der Arbeiter*innenklasse und Jugend auf beiden Seiten der grünen Linie, für die Kooperation der palästinensischen und jüdisch-israelischen Linken.
  • Für ein unabhängiges, demokratisches, sozialistisches Palästina mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt, neben einem sozialistischen Israel, für eine freiwillige sozialistische Föderation des Nahen Ostens.