Bürgerschaftswahlen in Bremen: Opposition im Regierungswahlkampf

Seit vier Jahren ist DIE LINKE in Bremen Teil einer rot-grün-roten Koalition, und rühmt sich im Wahlkampf damit, „keine Luftschlösser“ zu bauen, sondern „Realpolitik mit einer starken, linken Handschrift“ zu machen. Aber es gibt auch Kritik an der linken Regierungsbeteiligung, die jetzt sogar im Wahlkampf sichtbar wird.

von Sebastian Rave, Bremen

Nach vier Jahren lässt sich die erste LINKE Regierungsbeteiligung in Westdeutschland bilanzieren: Durchwachsen. Es gibt durchaus Verbesserungen wie eine Ausbildungsumlage, bei der Betriebe, die nicht ausbilden, eine Abgabe zahlen müssen. Während der Pandemie fiel Bremen durch eine hohe Impfquote auch in armen Stadtteilen auf. DIE LINKE schmückt sich mit ihrer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard und dem Plan, Gesundheitszentren in benachteiligten Stadtteilen aufzubauen. Dieselbe Gesundheitssenatorin verantwortet aber auch einen beispiellosen Personal- und Kapazitätsabbau in der Bremer Krankenhausgesellschaft Gesundheit Nord. 440 Vollzeitstellen und 500 Betten werden gestrichen.

Als es Proteste von Klinikbeschäftigten vor dem Büro der Gesundheitssenatorin gab, verwies diese auf den Finanzsenator Strehl (Grüne), der für die Unterfinanzierung verantwortlich sei. An dieser Stelle hätte DIE LINKE in den Konflikt mit den Koalitionspartner*innen gehen und die Ausfinanzierung der Krankenhäuser zur Bedingung für die weitere Regierungsteilnahme machen müssen. Doch nach einigen Tagen erklärte LINKE Fraktionssprecherin Sofia Leonidakis, dass man bei allen Unterschieden „konstruktiv zusammenarbeite“. Kein Konflikt. Alles gut. Die Kürzungen in den Krankenhäusern gingen durch.

Anpassung an die Staatsräson

DIE LINKE wurde mit dem Eintritt in die Regierung zu einer etablierten Partei, in der man Karriere bis hin zum Staatsrat machen kann. Zumindest unter der Voraussetzung, dass man keine allzu kontroversen Positionen einnimmt. Eine deutliche Anpassung an die Staatsräson war die Folge. Der bisher deutlichste Ausdruck davon ist die Zustimmung zu Waffenlieferungen an die Ukraine. In der Bürgerschaftsfraktion wurde zum Jahrestag des Kriegsbeginns einem fraktionsübergreifenden Antrag der CDU zugestimmt, in dem vom „heldenhaften Kampf der Ukraine“ die Rede ist. Nur ein Abgeordneter verließ aus Protest den Sitzungssaal: Olaf Zimmer vom linken Flügel der Partei.

Vor diesem Hintergrund lud die SAV Mitglieder der LINKEN ein, über den Wahlkampf zu reden. Unser Vorschlag: Statt den Kopf in den Sand stecken oder Regierungswahlkampf mit Faust in der Tasche machen lieber das Personenwahlrecht ausnutzen und einen Wahlkampf für Olaf Zimmer, Listenplatz 14, organisieren.

Das Angebot traf die Nachfrage wie den Nagel auf den Kopf. Viele LINKE-Mitglieder, die nicht mehr vorhatten, überhaupt Wahlkampf zu machen, erklärten sich bereit, wieder aktiv zu werden: für einen Oppositionswahlkampf unter dem Motto „Linke Opposition gegen Krieg und Aufrüstung“. Nicht als Wahlkampf gegen DIE LINKE, und nicht als Personenkult für Olaf, sondern als linke Kritik am Regierungskurs. Nach einer Umfrage sind unter den Anhänger*innen der LINKEN 49 % unzufrieden mit der Arbeit des Senats!

Wichtiges Angebot

Vor dem Ostermarsch, zu dem der Landesverband der LINKEN ausdrücklich nicht aufgerufen hatte, veröffentlichten wir eine Presseerklärung, die im „Weser-Kurier“ abgedruckt wurde. Viele Teilnehmer*innen der Friedensdemonstrationen waren begeistert von unserer Initiative. Überwältigend viele dankten uns und erklärten, dass sie nicht gewusst hätten, wie sie sonst gewählt hätten.

Erwartbar weniger begeistert reagieren der Landesvorstand und andere Kandidat*innen der Partei. Wir haben aber in allen Gesprächen deutlich gemacht, dass wir transparent machen, wer für welche Inhalte steht und dass wir keinen Anti-Wahlkampf machen, sondern über die Personenstimmen auch für die Wahl der LINKEN werben. Ein starkes Ergebnis für Olaf wäre ein Signal in die Partei hinein, wieder unangepasster und kämpferischer aufzutreten.

In der Presseerklärung zum Wahlkampf erklärte Olaf Zimmer: „Eingepresst in ein Regierungskorsett ist für viele Menschen am Ende der Legislatur nicht erkennbar, worin sich DIE LINKE von ihren Koalitionspartner*innen unterscheidet. Viele sind damit unzufrieden, dass auch eine Regierung unter der Beteiligung der Linken die Militarisierung der Gesellschaft hier in Bremen vorantreibt, und zu den Rüstungskonzernen laut schweigt. (…) Ich werde meiner antikapitalistischen und pazifistischen Haltung treu bleiben und die Ursache von Armut, Krise und Krieg weiterhin deutlich benennen und bekämpfen.“