Aufrüstung weltweit – Bundeswehr mischt mit

Noch im Juni soll das angekündigte Aufrüstungspaket vom Bundestag beschlossen werden. Die Bundeswehr bekommt per „Sondervermögen“ zusätzliche 100 Milliarden in den nächsten drei Jahren. Zudem soll das Ziel festgeschrieben werden, jedes Jahr 2 % des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben.

Von Claus Ludwig, Köln

Mit Sondervermögen und jährlich über 70 Milliarden Militärhaushalt läge Deutschland auf Platz drei der Militärhaushalte weltweit. Für das Geld sollen die Bodenstreitkräfte mit modernisierten Panzerfahrzeugen als auch die Luftwaffe mit neuen Kampffliegern F-35, Hubschraubern und bewaffneten Drohnen ausgestattet werden. Für den Verlauf des Ukraine-Krieges spielen diese Pläne keine Rolle. Sie dienen der Vorbereitung auf kommende Auseinandersetzungen. Die Befürworter*innen sagen: Sie dienen dazu, Deutschland davor zu schützen, angegriffen zu werden. Nur mit einer schlagkräftigen Bundeswehr wären wir sicher.

Dieses Szenario einer Bedrohung nur von außen ist naiv. Tatsächlich erleben wir, wie sich die Widersprüche zwischen allen Ländern und Blöcken verstärken. Staaten setzen die Konkurrenz kapitalistischer Konzerne mit anderen Mitteln fort. Vor dem Hintergrund der fortschreitenden Klimakrise, begrenzter Ressourcen und Märkte, die nicht ausreichend groß für alle Konkurrent*innen sind, intensiviert sich der Kampf und nimmt stärker militärische Formen an.

Alles locker ohne Putin?

Es gibt nicht einzelne „böse“ Staaten, die den friedlichen Rest bedrohen. Der verbrecherische russische Überfall auf die Ukraine ist der Auslöser der aktuellen Krise, aber er ist nicht die Ursache. Die deutsche Aufrüstung ist kein Sonderfall „wegen der Ukraine“, sondern ist Teil einer weltweiten Welle. Laut dem schwedischen Forschungsinstitut SIPRI haben die Rüstungsausgaben 2021 einen Rekordwert erreicht, an der Spitze lagen die USA, China, Indien, Großbritannien und Russland. Der Schwerpunkt der Militärausgaben lag bisher im Pazifik, wo China und die USA sowie deren Verbündete Australien, Vietnam, Japan und Südkorea sich einen Rüstungswettlauf liefern, mit dem Ukraine-Krieg wird Europa ein weiterer Hotspot.

Während die NATO-Staaten sich scheinbar überrascht zeigen, dass das russische Regime das Heranrücken der NATO an die eigenen Grenzen für ein Problem hält, drohen die USA der Regierung der Inselgruppe der Salomonen im Südpazifik, die jüngst ein Sicherheitsabkommen mit China abgeschlossen hat: Wenn diese die Einrichtung einer chinesischen Militärbasis zulassen würde, würden die USA „entsprechend reagieren“. Die Salomonen sind 2000 km von Australien entfernt, 6000 km von Hawaii und 12.000 km vom US-Festland.

Während alle Augen auf die schrecklichen Ereignisse in der Ukraine gerichtet sind, hat der türkische Präsident und NATO-Partner Erdogan angekündigt, einen 30 km breiten Streifen im Norden Syriens zu besetzen. Die kurdische Autonomie würde dadurch zerschlagen. Das türkische Regime plant zudem, in der Türkei lebende arabisch-syrische Flüchtlinge dort anzusiedeln und damit die ethnische Zusammensetzung der Region zu verändern.

Unser Leben wird durch die Aufrüstung unsicherer. Mehr Waffen werden dazu führen, dass das Risiko steigt, dass auch die Regierenden in Deutschland glauben, mitmischen zu können. Die Armee jedes kapitalistischen Landes kämpft nicht für die Bevölkerung an sich, sondern für die Interessen der wirtschaftlich Herrschenden. Die Masse der Bevölkerung darf lediglich die Soldat*innen stellen und für die Aufrüstung bezahlen – mit Sozialabbau, weiterer Vernachlässigung von Pflege, Bildung, Klimaschutz und steigender Inflation, weil die Rüstung auf Pump finanziert wird.

Panzer zu Bussen und Bahnen

Zudem wirkt das geplante Rüstungsprogramm wie eine Lizenz zum Gelddrucken für Rheinmetall, Krauss-Maffei Wegmann und die dahinter stehenden Geldgeber*innen. „An jedem Krieg in jedem Land verdient am Schluss die Deutsche Bank“ – dieser Demo-Slogan ist nicht übertrieben.

Wirkliche Sicherheit für uns alle erreichen wir, wenn wir dieses System von Konkurrenz, Klimakatastrophe und Kriegsgefahr abschaffen. Fangen wir damit an, die jeweils eigenen Armeen abzurüsten. Wir sind solidarisch mit den Kriegsgegner*innen in Russland. In Deutschland sollten wir die Rüstungspläne stoppen, Rheinmetall und Co. entwaffnen und enteignen und die Produktion sinnvoll umstellen – die Rüstungsfabriken können ebenso gut Busse, Bahnen oder Anlagen für erneuerbare Energien herstellen, bei Erhalt der qualifizierten Jobs und der Einkommen.