Militarismus statt Klimarettung: Die Politik der Grünen

Viele Menschen haben gehofft, dass sich mit den Grünen an der Regierung etwas zum Positiven ändert. Die Hoffnung auf effektiveren Klimaschutz und antirassistische Politik hat vor allem Jugendliche zur Unterstützung der Partei gebracht. Doch kurz nachdem sie an die Regierung gekommen sind, zeigen die Grünen ihr wahres Gesicht: Verrat an der Klimabewegung und Aufrüstung sind Wesensmerkmale dieser Partei. Wer sich näher mit ihrer Geschichte beschäftigt, den sollte das nicht überraschen. 

Von Marcus Hesse, Aachen

Dass die Grünen seit 2005 nicht mehr an einer Bundesregierung beteiligt waren, hat ihnen besonders bei jungen Menschen einen gewissen Vertrauensvorschuss gegeben, die die Untaten der Grünen an der Regierung 1998-2005 nicht bewusst wahrgenommen haben –  und auch bei Menschen, die diese erfolgreich verdrängt haben. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass Grüne seitdem durchgehend in Kommunen und auf Länderebene Teil von Regierungskoalitionen waren und sind, nicht selten auch an der Seite der CDU – und dort regelmäßig zeigen, dass sie weder für linke Politik noch für konsequenten Umweltschutz stehen. Die Grünen sind staatstragend und prokapitalistisch durch und durch – und wie Sozialstatistiken regelmäßig zeigen, die Partei mit der durchschnittlich wohlhabendsten Mitgliedschaft. Das brachte ihnen den treffenden Spottnamen „Öko-FDP“ ein. Dabei liegen die Wurzeln der Partei in sozialen Protestbewegungen, vor allem der Umwelt- und Alternativbewegung der 1970er Jahre. Von Beginn an waren Umweltschutz, Anti-Atomkraft, Feminismus und Friedenspolitik ihr Metier. Das ist schon lange nicht mehr der Fall. Wie konnte dies passieren?

Von der Blume im Haar zum Stahlhelm auf dem Kopf

Als sich die Grünen formierten und 1980 die Parteienlandschaft betraten, hatten sie ein überwiegend linkes Anti-Establishment-Profil. Die Partei galt als Stimme der Umwelt-, Frauen- und Friedensbewegung. Allerdings kritisierten Marxist*innen schon damals ihre mangelnde Verankerung in der Arbeiter*innenbewegung und den Gewerkschaften. Als viele Alternative sich später etablierten und Karriere machten, sollte sich das schnell bemerkbar machen. Zwar dominierte in den 1980ern noch ein radikalerer „Fundi“-Kurs, aber die nach Regierungsbeteilung schielenden „Realos“ standen schon in den Startlöchern. So wurde Joschka Fischer 1985 für zwei Jahre erster grüner Minister in Hessen. Als solcher war er bemüht, die nach Tschernobyl lauter werdende Anti-AKW-Bewegung im Zaum zu halten, wie er später in einem Interview zugab. Mit dem Austritt und der Marginalisierung der „Fundis“ Anfang der 1990er verschärfte sich der Rechtsruck und kam mit der rot-grünen Regierung 1998 voll zum Tragen. Im Jahr 2000 wurde der Atomausstieg als Konsens mit den Energiekonzernen beschlossen, wobei weitgehende Kompromisse gemacht wurden: Die Meiler sollten 32 Jahre lang weiterlaufen dürfen. Grüne ließen jetzt die Polizei auf Castor-Gegner*innen los und verboten ihren Mitgliedern, an Blockaden teilzunehmen. 

Ein Jahr vorher hatte der grüne Außenminister Joschka Fischer führend dazu beigetragen, den ersten deutschen Kriegseinsatz nach 1945, die Beteiligung am NATO-Krieg gegen Jugoslawien, durchzusetzen. Bei der einstigen Anti-Kriegs-Partei, die den Pazifismus lange auf ihren Fahnen stehen hatte, führte das zu Protest. Fischer bekam auf einem Parteitag einen Farbbeutel ans Ohr geworfen. Doch am Ende brach jeder Widerstand in den eigenen Reihen. Es kam zu Massenaustritten. Die Grünen um Fischer & Co. spielten auch eine üble Rolle dabei, den deutschen Bombenkrieg ideologisch mit kruder Geschichtsklitterung und Holocaust-Relativierung zu legitimieren. So solle auf dem Balkan durch die NATO ein „neues Auschwitz“ verhindert werden. 

Neoliberal und bei jedem Krieg dabei

Mit dem Krieg 1999 brachen bei den Grünen alle Dämme. Die einst pazifistische Partei wurde zur Speerspitze des deutschen Militarismus. Als vermeintlich linke und progressive Kraft waren sie immer gut dabei, deutsche Kriege moralisch als angeblichen Kampf für Menschenrechte zu verkaufen. Natürlich waren Grüne auch mit wehenden Fahnen dabei, als es 2001 zum Krieg gegen Afghanistan kam. Seitdem haben Grüne für jedes neue Afghanistan-Mandat gestimmt. Obwohl NATO und Bundeswehr in internen Papieren sehr offen davon sprachen, dass es um geostrategische Interessen, Rohstoffe und freien Handel ging, haben Grüne die Präsenz von Soldat*innen als Kampf für Frauenrechte verkauft. Baerbock, die in der Auseinandersetzung zwischen der NATO und Russland immer sehr aggressiv auftrat, verkaufte ihren Militarismus als „feministische Außenpolitik“. Das ist typisch für die grüne Art, militaristische Politik als vermeintlich progressiv darzustellen. Nicht vergessen dürfen wir, dass es – ginge es nach den Grünen – weitaus mehr deutsche Kriegseinsätze gegeben hätte. So kritisierten sie 2011 in der Opposition die damalige Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP dafür, nicht in den Libyen-Krieg eingegriffen zu haben. In den letzten Jahren attackierten die Grünen die Regierung Merkel für ihren nicht ausreichend aggressiven Kurs gegenüber Russland. Putins verbrecherischer Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 mag ihre Kritik heute populärer und für viele nachvollziehbar machen – doch trug die jahrelange Politik der Expansion und des Säbelrasselns der NATO auch zur Eskalation bei.

Wirtschaftspolitisch agierten die Grünen stramm neoliberal. Sie trugen die Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze mit, senkten die Steuern für Reiche und Konzerne. Heute fordern Grünen-Politiker*innen wie Cem Özdemir höhere Lebensmittelpreise. Entsprechend „gut“ können die Grünen regieren – mit eigentlich jeder anderen bürgerlichen Partei, in vielen Kommunen und Ländern auch zusammen mit Konservativen. So in Baden-Württemberg, wo Ministerpräsident Winfried Kretschmann sich als bester Freund der Autoindustrie zeigt. In Hessen haben die an der Seite der CDU mitregierenden Grünen die Herausgabe der NSU-Akten verhindert. Und natürlich lassen Grüne an der Regierung auch fleißig abschieben. Ihr Antirassismus ist eben nur ein Mythos. Allerdings profitieren die Grünen von dem fatalen Versagen der LINKEN, der Hetze des Wagenknecht-Flügels in der Migrationsfrage effektiv entgegenzutreten.

Klimaschutz ist Verhandlungsmasse

Der Erfolg der Grünen wurde in den letzten Jahren nicht zuletzt auch von jungen Menschen getragen. Bei Fridays For Future genießen sie Unterstützung, besonders in Teilen der Führung: Luisa Neubauer ist Grünen-Mitglied. Dabei steht die Partei, die sich in keiner Weise mit den Konzernen anlegen will, mitnichten für echten Klimaschutz. In Nordrhein-Westfalen hat sie an der Regierung einem faulen Kompromiss mit RWE zugestimmt. Damit Garzweiler 2 gestoppt wird, darf der Hambacher Forst abgebaggert werden. Sie setzt auf einen „grünen Kapitalismus“ und spricht bisweilen von einem „Grünen New Deal“, der aber nichts weiter ist als konzernfreundliche Politik. Der Emissionshandel soll nicht gestoppt, sondern reformiert werden. In Baden-Württemberg ist Kretschmann best friends mit Porsche und Daimler und macht keinen Hehl daraus, dass er für Kontinuität zu seinen konservativen Vorgängern steht. 

Die Ukraine-Krise stellt die Energieversorgung Deutschlands, das von russischem Gas abhängig ist, vor große Herausforderungen. Für Arbeiter*innen und Arme werden steigende Energiekosten zum existenziellen Problem. Die Politik der Grünen an der Regierung setzt darauf, Abhängigkeit von russischem Gas durch Abhängigkeit von Gas aus Golfmonarchien auszutauschen. In gewisser Weise sind das pragmatische Entscheidungen, die aus der unmittelbaren Notlage entstehen. Doch die Grünen wären nicht sie selbst, wenn sie daraus nicht ideologischen Propagandaquark rühren würden: So feiert sich Habeck, wenn er Deals mit dem repressiven Regime Katars macht und seine Kollegin Baerbock twittert enthusiastisch über die Partnerschaft mit Erdogan gegen Putin.

Die Entscheidung der Grünen für einen militaristischen Kurs, für die Hochrüstung der Armee mit dem 100 Mrd.-Euro-Paket, ist auch eine Abkehr von der Energiewende, ein Setzen auf fossile Energien und Rohstoffsicherung um jeden Preis.

Grüne sind eben nicht nur kapitalhörige Opportunist*innen und Besserverdiener*innen mit Militärfetisch, sondern auch unerträgliche Heuchler*innen!

Foto durch: Bündnis 90/Die Grünen Nordrhein-Westfalen