TV-Hessen: Tarifrunde beginnt mit Warnstreiks

Am 6. Oktober fand die erste Runde in den Verhandlungen des Tarifvertrags Hessen (TV-H) statt.

Anne Engelhardt, Kassel

In Kassel und Frankfurt gab es vor den Unis kleine Kundgebungen und Proteste mit etwa 450 Beschäftigten und weiteren Aktiven. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft hatte die Beschäftigten der Hochschulen, angestellte Lehrkräfte und Sozialpädagog:innen zum eintägigen Warnstreik aufgerufen. Aber auch ver.di beteiligte sich an der Mobilisierung. Seit dem ersten Oktober ist die Friedenspflicht in Hessen vorbei. Für die etwa 45.000 Angestellten werden vor allem Lohnerhöhungen verhandelt.

Die Gewerkschaften fordern 5% mehr Gehalt und mindestens 175 Euro und für Auszubildende und Praktikant:innen mindestens 100 Euro.

Da der hessische Innenminister Peter Beuth die Forderungen als „deutlich überzogen“ bezeichnete, wird es weitere Aktionen geben. Am 7. Oktober planen Beschäftigte der Uni Darmstadt Proteste. Am 12. Oktober wird auch ver.di mit aufrufen und gemeinsam mit der GEW und anderen Gewerkschaften in allen größeren Städten Kundgebungen und Demonstrationen organisieren. SAV-Mitglieder unterstützen vor allem in Kassel die Aktionen.

Die Tarifrunde wird aber auch von vielen Kolleg:innen genutzt, um für weitere Themen Druck zu machen. So sind die Lehrkräfte an Grundschulen mit A12 immer noch schlechter besoldet, als ihre Kolleg:innen an Gesamtschulen, Oberstufen und Gymnasien. In vielen anderen Bundesländern ist diese Spaltung der Lehrkräfte längst abgeschafft. Sie wird nicht zu Unrecht von vielen auch als geschlechterdiskriminierend eingestuft, schließlich arbeiten an Grundschulen bis zu über 80% Frauen. In Hessen fordert die GEW daher weiterhin A13 für alle. Des Weiteren haben die Kolleg:innen der Hochschulen wieder das Befristungsunwesen thematisiert. Gerade Hessen bildet da das traurige Schlusslicht: Nur jede:r Zehnte ist an den Unis fest angestellt. Der Rest schlägt sich mit Kettenbefristungen durch, trotz einer Vielzahl von Daueraufgaben. In der aktuellen Tarifrunde versuchen GEW und ver.di eine mögliche Begrenzung der Befristung zu verhandeln. Darüber hinaus fordern studentische Beschäftigte endlich in den Tarifvertrag aufgenommen zu werden. Ausschließlich in Berlin haben Studierende, die auch als Tutor:innen und Assistent:innen angestellt sind, einen Tarifvertrag und damit auch die Möglichkeit sich in studentischen Personalräten zu organisieren. In Hessen wie in den meisten anderen Bundesländern gelten studentische Hilfskräfte als ‚Sachmittel‘ und können daher weder Arbeitsbedingungen noch Lohnerhöhungen verhandeln. „Tarifvertrag für alle“ wurde daher auch hier wieder gefordert.

In Kassel fand neben dem Streik eine kleine Soliaktion mit den Erzieher:innen in Wien statt. Diese planen voraussichtlich am 12. und am 14. Oktober zu streiken. Die hessischen Kolleg:innen riefen „Egal ob Kassel oder Wien: Mehr Geld für alle, die Kinder erzieh’n“ und sendeten diese Videobotschaft nach Österreich.

Das Bundesland Hessen hat seit 2010 einen eigenen Tarifvertrag. Der TV-H wird diesmal bereits vor dem bundesweiten Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TVL) verhandelt. In den vergangenen Jahren hatte sich die hessische Tarifkommission aber meist an dem bundesweiten Ergebnis orientiert.