Bundestagswahl: Programme der bürgerlichen Parteien

Für die Juli/August-Ausgabe der Sozialismus.info haben wir uns die Programme der verschiedenen Parteien angesehen – auch die der CDU, einer ihrer möglichen Koalitionspartnerinnen und der immer rechter werdenden AfD.

CDU: Entfesselte Wirtschaft

Die CDU will laut ihrem Wahlprogramm die Konzerne entlasten. “Wir wollen die Steuerlast für Gewinne, die im Unternehmen verbleiben, perspektivisch auf 25 Prozent deckeln ». Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhöhung der Erbschaftssteuer lehnt sie ab. Wer reich ist, soll noch reicher, die Wirtschaft laut Union « entfesselt « werden.

Für Immobilieninvestor*innen sollen neue « Anreize » geschaffen werden. Dabei haben diese trotz bestehender Anreize nur teure Wohnungen gebaut und die Mieten angehoben. Darüber hinaus will die CDU einen erneuten Anlauf zur kapitalgedeckten Altersvorsorge machen, den Riester-Betrug 2.0 organisieren. Tempolimit und ein Ende von Verbrennungsmotoren lehnt die Union ab.

Sie fordert eine weitere Einschränkung des Asylrechts, Abschiebeeinrichtungen an Flughäfen und « außenpolitische Stärke ». Die Sicherheitsbehörden sollen ein « Update » bekommen, mehr Kompetenzen, mehr Videoüberwachung. In Nordhein-Westfalen zeigt Kanzlerkandidat Laschet, wie er sich das vorstellt: Das eilig während der Pandemie eingebrachte Versammlungsgesetz ist ein Gesetz zur Unterdrückung von Protesten. Eine Regierung mit Beteiligung der CDU/CSU wird in jedem Fall Maßnahmen zum Sozialabbau wie etwa Rentenkürzungen mit mehr Repression durchsetzen wollen. Der Klimaschutz wird blockiert, die Bundeswehr aufgerüstet.

Und die SPD?

Das Wahlprogramm der SPD mit dem Titel „Zukunft. Respekt. Europa.“ enthält erwartungsgemäß das für die SPD typische abstrakte Bekenntnis zum „Sozialstaat“ und einige paar halbherzige Zugeständnisse an die Klimabewegung.

So ist im Wirtschafts- und Sozialbereich von einer Vermögenssteuer von 1% bei gleichzeitiger Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, von einem Mindestlohn von 12 Euro und einem zweijährigen Bestandsschutz für Wohneigentum und Vermögen bei HartzIV-Bezug die Rede. Was den Klimaschutz angeht, wird das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 formuliert.

Ob sich jemand die Mühe macht, das Wahlprogramm zu lesen, ist allerdings fraglich. Aus gutem Grund. Der Kanzlerkandidat Olaf Scholz hat sich als Finanzminister immer für die „schwarzeNull“ stark gemacht. Er war als Generalsekretär der SPD unter Gerhard Schröder und als Arbeitsminister in der ersten großen Koalition maßgeblich an der Einführung von Hartz IV beteiligt.

Als Vertreter sozialpolitisch fortschrittlicher Forderungen des SPD-Programms ist er absolut unglaubwürdig. In der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts galt die SPD noch als Repräsentantin der Sozialpartnerschaft im Nachkriegsaufschwung. Dieses Image hat sie spätestens mit der Einführung der Agenda 2010 unter Gerhard Schröder zerschossen. Die Partei hat sich mit Haut und Haar dem Neoliberalismus verschrieben. Durch die Erfahrungen der Finanzkrise 2008/2009 und angesichts der aktuellen Corona-Krise stellen allerdings heute viele Menschen neoliberale Konzepte in Frage e . Dementsprechend kann und will die SPD nicht zurückrudern und an ihre Konzepte aus dem letzten Jahrhundert anknüpfen. Das einzige, wofür die Partei heute steht, ist daher die Bereitschaft, jede Kröte zu schlucken, um Pöstchen und Machtpositionen zu erhalten.

Sie hat sich folglich zu einer reinen Selbstzweckpartei entwickelt, deren verbliebenes Potenzial sich aus Stammwählern im Seniorenalter speist.

AfD rückt nach rechts: Aber normal. Ist das nicht.

Die sogenannte Alternative für Deutschland (AfD) hat am 11. April in Dresden ihr Programm zu den Bundestagswahlen beschlossen. Rassistische und reaktionäre Positionen wurden teilweise verschärft und der faschistische Flügel der reaktionären Partei konnte weiter an Einfluss gewinnen. Dessen wichtigster Vertreter, Björn Höcke, agierte sehr offensiv und setzte extremere Formulierungen durch.

Von Fabian Weiß, Kassel

Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind, haben laut dem AfD-Wahlprogramm nicht nur angeblich Schuld am Antisemitismus und dem Zerfall der inneren Sicherheit, sondern sind jetzt auch die Ursache für die Wohnungskrise in Deutschland.

Doch die AfD selbst will den Wohnungsmangel verschärfen. Sie will den sozialen Wohnungsbau stoppen und den Wohnungsmarkt noch weniger regulieren und zudem Wohneigentum für die Besserverdienenden fördern.

Die Einwanderung sei der Grund für das angebliche Absinken des Niveaus im Bildungssystem. Als Lösung soll nach alter deutscher Tradition ein mehrgliedriges Schulsystem erhalten bleiben, in Kombination mit Privatschulen. Neu hingegen ist die Position, dass Kinder bereits in der Grundschule „Heimatliebe“ und „Traditionsbewusstsein“ beigebracht bekommen sollen.

Einen weiteren Rechtsruck gab es bei der AfD in ihrer Position zur Bundeswehr: Die Rüstungsindustrie soll nicht nur ausgebaut und modernisiert werden, Soldat*innen sollen zudem beispielsweise öffentlich wahrnehmbar Militärlieder singen. Im Programm steht: „Die Bundeswehr soll wieder einen starken Korpsgeist, ihre Traditionen und deutsche Werte pflegen“ – pünktlich zum 80. Jahrestag des völkermörderischen Überfalls der Nazi-Wehrmacht auf die Sowjetunion.

Der Wortlaut und die Verschärfungen machen deutlich, dass die AfD weiter nach rechts gerückt ist. Ihr Wahlkampfslogan „Deutschland. Aber normal.“ ist eine bürgerliche Farce. Völkisches Denken vermischt mit neoliberalen Forderungen soll die Arbeiter*innenklasse schwächen und die Gesellschaft als Ganzes weiter sozial spalten.